Kapitel 2

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Ich nahm Geld aus der Haushaltskasse, bevor ich die Wohnungstür abschloss und zum nächsten Supermarkt aufbrach. Den Einkaufszettel hatte ich in meiner Hosentasche verstaut. Der Weg war nicht weit, sodass ich recht schnell dort ankam und mir einen Einkaufswagen holte. 

Während ich die notwendigen Lebensmittel zusammensammelte, hörte ich auf einem Ohr Musik. Musik entspannte mich immer, weshalb ich jede freie Minute dieser widmete. 

Außerdem hörte ich meine Mom bei der Arbeit dann nicht. 

An der Kasse bezahlte ich, bevor ich die Tüten in die Hände nahm, um nach Hause zu gehen. Mom müsste mittlerweile wieder da sein und demnach auf Entzug, wenn sie sich nicht schon wieder in Drogen hatte bezahlen lassen. Oft reichte das Geld nicht für Lebensmittel, weshalb ich selber dealte, um mich selbst ernähren zu können. Niemals würde ich meiner Mutter die Sucht finanzieren. Trotzdem verwaltete ich ihr Geld und damit oft auch ihre Dosen.

Zuhause angekommen schloss ich die Tür auf und brachte die Tüten in die Küche, wo meine Mutter mit einem Glas, gefüllt mit einer durchsichtigen Flüssigkeit, am Tisch saß. Ich wusste direkt, dass es sich dabei nicht um Wasser handelte. "Hast du dran gedacht?", fragte Mom nervös und kratzte an der Kante des ramponierten Holztisches. Ich griff in meine Hosentasche und setzte mich an den Tisch. Meine Mutter wollte mir das Tütchen aus der Hand reißen, ich hielt sie jedoch davon ab. "Ich teile dir das ein", erklärte ich und gab die Hälfte des Inhaltes auf einen Teller, bevor ich diesen zu meiner Mutter rüberschob. Gierig zerkleinerte sie die Kristalle, bevor sie die Krümel durch die Nase zog. 

Ich hatte zwar auch schon gekokst, aber meine Nase hatte danach so sehr gebrannt, dass es den Rausch nicht wert gewesen war. Ich blieb lieber beim Gras oder gelegentlich mal Ecstasy, verkaufen tat ich aber auch anderes, hielt mich jedoch von Heroin, Meth und ähnlich stark süchtigmachenden Substanzen fern, weil ich zu viel Angst vor den Junkies hatte. Außerdem müsste ich dann viel mehr aufpassen, damit mich niemand von den Azura aufgriff, um mich umzubringen. Immerhin fischte ich ebenfalls in ihrem Teich. Es hatte Gründe, weshalb ich nur an bestimmte Menschen verkaufte oder in einer Umgebung, in der mich niemand wieder erkennen würde. 

Sie lehnte sich genießend zurück, während ich mich daran machte, Abendessen zu kochen. "Wie war die Schule?", fragte sie freundlich und lächelte mich wohlwollend an. Wenn sie ihren Stoff hatte, war sie wirklich eine fürsorgliche Frau, jedoch machte die Droge sie immer mehr kaputt. "Wie immer", erwiderte ich schulterzuckend. "Was kochst du Schönes?", fragte sie neugierig und schaute mir über die Schulter. "Ich mache nur ein paar Nudeln, willst du auch welche?", erwiderte ich, worauf sie direkt nickte. Zwar hatte sie kein Hungergefühl mehr, jedoch orientierte sie sich an meinem Essrhythmus, um nicht wieder ins Untergewicht zu rutschen. Auch ich war sehr dünn, da das in der Familie lag, jedoch trotzdem normalgewichtig. 

"Wann erzählst du mir endlich, wer mein Vater ist?", sprach ich wieder das altbekannte Thema an, weshalb meine Mutter genervt seufzte. "Ich kann dir das nicht sagen", meinte sie. "Du musst es aber wissen. Immerhin bist du damals noch keine Prostituierte gewesen. Mom, bitte. Ich bin fast 18, ich denke langsam sollte ich es mal erfahren", fuhr ich sie an und drehte mich vom Herd weg zu ihr. "Und was willst du machen, wenn du es weißt? Es bringt dir ohnehin nichts", erwiderte sie gereizt. "Ich werde es schon irgendwie herausfinden", schnaubte ich und widmete mich den Nudeln, die ich abgoss, bevor ich uns beiden etwas auftat. Da meine Mutter sie immer mit Ketchup aß und ich mit Curryketchup, gab es keine extra Sauce dazu. "Ich habe gleich noch einen Termin", meinte Mom und stocherte in ihren Nudeln herum. 

Wenn sie von einem 'Termin' sprach, meinte sie eigentlich den nächsten Freier. Sie war eine vielbeschäftigte Frau und ich war irgendwo ja stolz, dass sie nicht nur rumhockte und fern sah, auch wenn sie sich stattdessen von wildfremden Männern nageln ließ. 

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