Kapitel 19

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"Lory?", sprach mich plötzlich eine Stimme an. Ich schaute direkt auf und erkannte Ezra, der vor mir kniete. Weinend fiel ich ihm um den Hals. Etwas perplex erwiderte er meine Umarmung und stand mit mir auf. "Was ist denn passiert?", fragte er ruhig und strich mir über den Rücken. Da ist so ein Typ hier und der beleidigt mich immer und begrapscht mich und vorhin war es noch schlimmer als vorhin. Er hat mich ausgezogen, während mich zwei andere festgehalten haben, aber sie sind zum Glück weggerannt, als ich geschrien habe", wimmerte ich unter Tränen. Er hörte ruhig zu, spannte sich währenddessen jedoch an. "Wie heißt der Typ?", knurrte er. "Lance Pharrell", erwiderte ich leise. "Den machen wir fertig", beschloss er und zog mich noch näher an sich. "Ich will nicht von der Schule fliegen", erwiderte ich kleinlaut. Er schnaubte. 

"Der Kerl hat es nicht anders verdient. Du bist eine von uns also gehörst du zur Familie und die Familie beschützt man bis aufs Blut", erklärte er, worauf ich ängstlich zusammenzuckte. "Vor allem weil du mir wichtig bist und es eine Frau nicht verdient hat, so behandelt zu werden", ergänzte er. 

Gemeinsam gingen wir zum vollkommen leeren Parkplatz. "Habe ich dich bei was unterbrochen?", schniefte ich, worauf er den Kopf schüttelte. "War unwichtig", erwiderte er nur. Im Auto rief er direkt Paco an, während er fuhr. "Wir brauchen deine Aufspürkenntnisse", begann Ezra direkt. Er war noch immer unglaublich angespannt und krallte sich ans Lenkrad. Um ihn zu beruhigen, legte ich meine linke Hand auf sein Bein. "Um wen geht es?", fragte Paco direkt und Ezra grinste. "Finde Lance Pharrell und bring ihn zu unserem Treffpunk. Der Typ ist High School Schüler und wir haben mit dem eine Rechnung offen", meinte Ezra noch, bevor er auflegte. 

"Soll ich dich kurz nach Hause bringen? Dann kannst du deine Tasche wegbringen", bot Ezra an, worin ich zustimmte. "Ich würde mich dann auch eben umziehen. Ich fühle mich unwohl", erwiderte ich, er nickte. Er blieb im Auto sitzen, während ich nach oben ging und mich unter die Dusche stellte, um mich zu waschen. Danach zog ich mir eine enge, lange schwarze Hose an sowie ein enges schwarzes T-Shirt, über das ich eine dünne Jacke warf, bevor ich wieder nach unten ging und in das Auto von Ezra stieg. Er wirkte angespannt und rauchte, während sein Fenster geöffnet war. Er erwiderte meinen Blick und lächelte schwach. Ich zündete mir selbst eine Zigarette an und seufzte hörbar. "Dann kann ich wohl mein Lieblingsshirt jetzt nicht mehr anziehen", murmelte ich. "Was meinst du?", fragte er nach und schaute zu mir rüber. "Der hat mein Shirt meiner Lieblingsband zerrissen", seufzte ich traurig. 

Er schaute auf sein Handy, bevor er das Auto startete und losfuhr. "Paco hat ihn", verkündete er und fuhr durch die Stadt. "Und was ist jetzt der Plan?", fragte ich kleinlaut und schaute zu ihm rüber. Er zucke mit den Schultern. "Du kannst ihm die Scheiße aus dem Leib prügeln, wenn du Lust drauf hast. Oder du lässt mich das übernehmen", erwiderte er. Sein Grinsen wurde böse, bevor er irgendwann vor einem alten Fabrikgebäude anhielt. War ja klar, klischeehafter ging es nicht. 

Ich wollte gerade aussteigen, als er mein Gesicht zu sich drehte. Überrascht schaute ich ihn an, bevor er mich sanft küsste. "Niemand wird dich ohne deine Erlaubnis je wieder straffrei anfassen. Das verspreche ich dir", raunte er mir entgegen, worauf er mir noch einen Kuss aufdrückte. 

Er griff plötzlich nach hinten und holte etwas von der Rückbank. Er präsentierte mir ein Paar Handschuhe mit kurzen Fingern. Sie waren aus Stoff und wirkten nicht unbedingt dick. "Damit du dir nicht die Fingerknöchel verletzt", kommentierte er. Ich schmunzelte und schaute mir die Handschuhe nun genauer an. "Dankeschön", murmelte ich.

Wir stiegen aus und betraten die Halle. Ich folgte Ezra in einen Raum, der mir sehr begannt vorkam. Das war der Ort, an dem er mich damals verprügeln lassen hatte. Nun saß statt mir jedoch Lance gefesselt auf dem Stuhl. Er war bewusstlos und ließ den Kopf hängen. Paco stand neben dem Tisch und hantierte mit einem Messer herum. Verschiedene Gegenstände lagen auf dem Tisch bereit. Ich ließ mich auf dem freien Stuhl nieder, während Paco und Ezra an der Wand hinter Lance  in der jeweiligen Ecke standen. Die Tür war abgeschlossen. Der Stuhl stand schräg im Raum, weshalb Paco direkt hinter ihm stand und Ezra so, dass Lance ihn ohne Probleme sehen könnte. 

"Was hat der eigentlich angestellt?", fragte Paco neugierig, während wir warteten, dass Lance wieder zu sich kam. "Er hat versucht, sie zu vergewaltigen und hat es auch fast geschafft", erwiderte Ezra. Sein Kiefer war angespannt. 

Ich zog mir die Handschuhe an, die Ezra mir gegeben hatte. Sie passten mir perfekt  und erst im getragenen Zustand merkte ich, dass die Fingerknöchel verstärkt waren. 

Je länger ich Lance betrachtete, desto mehr Wut stieg in mir auf. Ich ballte immer wieder eine Faust und schaute mich im Raum und auf dem Tisch um. Nach einiger Zeit regte er sich endlich und hob seinen Kopf an. Er brummte, vermutlich weil sein Kopf dröhnte, so wie meiner damals, als ich in seiner Lage gewesen war. Es tat mir gar nicht Leid, dass er jetzt hier saß, denn er hatte es nicht anders verdient. Ich trank den letzten Schluck aus meinem Glas Wasser, das ich mir in der Wartezeit organisiert hatte. 

Ich hatte durch das lange Weinen zuvor dröhnende Kopfschmerzen, gegen die das Wasser zum Glück ein wenig half. Ich betrachtete noch weiter das Glas in meiner Hand und wirbelte die letzten Schlucke im Glas herum, sodass ein kleiner Strudel entstand. Ich ließ Lance erstmal wach werden, bevor ich meine Wut an ihm auslassen würde. Immerhin hatte er Mist gebaut und außer mir würde ihn vermutlich niemand für sein Verhalten bestrafen, also war es nun an mir, ihm seiner Strafe zuzuführen. Langsam konnte ich Ezra verstehen, warum er so gerne andere zusammenschlug. Es war dieses Gefühl von Macht, das ich bereits spürte, obwohl ich noch nicht ein einziges Mal ausgeholt hatte. 

"Du irre Schlampe", knurrte Lance, als er mich erkannte.

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