Kapitel 18 Miyu

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Es ist stockfinster in dem Raum. Nur das Licht des Pads erleuchtet mein Gesicht, während meine Finger über die abgebildete Tastatur gleiten. Die Kälte lässt mich bereits seit Stunden frösteln und auch Akari schlingt die Arme um ihren Oberkörper, als ihre Augen durch den Raum wandern.

„Ich verstehe das Bingospiel noch immer nicht", bricht sie die Stille um uns herum, was mich aufseufzen lässt.

„So kompliziert ist es nicht. Nur heimtückisch", murmel ich in meine Aufgabe vertieft und trete aus dem Raum heraus, um den Flur zu begutachten. Das leerstehende Fabrikgebäude liegt in beinahe völliger Dunkelheit und nur die batteriegesteuerte Taschenlampe in Akaris Hand erhellt mir den Weg.

„An die Wand könnte eine Zahl eingeritzt werden", sagt sie und deutet mit dem Lichtpegel an die Stelle.

„Nicht im Flur. Die Nummern werden in den 25 Räumen verteilt. Das macht es für die Spieler schwieriger." Verstehend nickt meine Freundin.

„Sind fünf Streichhölzer dann nicht zu wenig?" Überlegend massiere ich meinen Nasenrücken. Natürlich waren fünf Streichhölzer zu wenig, aber ist das nicht der Reiz des Spieles? Ist es deswegen nicht eine Kreuz 10? Vielleicht haben wir Glück und der Militärtrupp würde irgendwann in dieses Spiel geraten. Meine Gedanken kreieren das Bild vor mir gründlich. Wie sie panisch in der Dunkelheit herumirren, bis ein Laser ihnen das Gehirn wegpustet, da die Streichhölzer ausgegangen sind. „Dann neun", besinne ich mich eines Besseren und ändere die Anzahl in meinen Notizen.

„Sehr großzügig von dir", gibt Akari sarkastisch von sich und ich überlege für einen kurzen Moment, es doch auf acht zu ändern. Schweigend begeben wir uns in den nächsten Raum, während unsere Schritte von den Wänden widerhallen und die Ruhe um uns herum zerreißt. Seit dem Überfall im Kaufhaus ist nun eine Woche vergangen, doch mein Gehirn scheint das Geschehene noch immer nicht verarbeitet zu haben. Immer wieder kehren meine Gedanken an diesen Tag zurück, lassen mich erschaudern und in eine unheimliche Stille sinken, die selbst jetzt herrscht. Akari tut ihr bestes, um mich aus diesem Sturm herauszuholen, doch an manchen Tagen ist es einfach unmöglich. Sie nimmt es mir nicht übel und erneut Zweifel ich an mir und meinen Entscheidungen. Akari ist seit Jahren meine beste Freundin und dennoch zwängt sich Chishiyas Version immer wieder in den Vordergrund. Anscheinend möchte ich es nicht wahrhaben, dass er Mako absichtlich umgebracht hat, ist er doch neben Akari mein zweiter Halt gewesen. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen bei dem Gedanken und ich lasse das Pad sinken.

„Alles in Ordnung?"

„Ich bin nur müde, die letzten Nächte waren nicht so berauschend", antworte ich mit einem erschöpften Lächeln, um meinen Worten mehr Ehrlichkeit zu verleihen. Behutsam legt Akari eine Hand auf meine Schulter, in ihren Augen spiegelt sich Sorge aber auch Liebe. Liebe, die sie derzeit auch mit Niragi teilt.

„Rede bitte nicht mit ihm."

„Das habe ich auch nicht vor, Akari", murmle ich und kann den säuerlichen Ton in meiner Stimme nicht verstecken. Seit Tagen gehe ich Chishiya bewusst aus dem Weg. Nicht wegen Akari, sondern weil ich nicht weiß, was ich sagen soll. Die Angst, ihn mit purer Wut zu überschütten, schnürt mir die Luft zum Atmen ab, obwohl er es wahrscheinlich verdient hat. Oder vielleicht nicht? Ein Gespräch kann alles klären, doch sobald ich nur daran denke, überkommt mich die Übelkeit.

„Gut, er ist gefährlich." Niragi auch, brennt es mir auf der Zunge, doch ich schlucke die Wörter runter und hebe das Pad vor mein Gesicht, um die Arbeit zu beenden. Ich habe nicht die Energie für einen weiteren Streit und drehe meiner Freundin den Rücken zu. Der Frust brennt unter mein Haut wie kochendes Wasser und die nächsten Minuten verstreichen in einer weiteren Stille, bis wir das Fabrikgebäude verlassen und die warmen Sonnenstrahlen in uns aufnehmen. Die letzten Tage waren kühler gewesen, als würde der Herbst bald Einzug halten, doch heute scheint die Sonne wieder in voller Stärke und ich frage mich, ob es in Borderland überhaupt Jahreszeiten gibt. Auch wenn ein ewiger Sommer verlockend klingt, möchte ich den Winter mit seinem Schnee nicht missen. Die weißen, ländlichen Landschaften in Japan sind in den kalten Tagen des Januars und Februars so friedlich und schön, dass mir allein bei dem Gedanken ein Seufzen entgleitet. Insgeheim hoffe ich, dass es Jahreszeiten in Borderland gibt, doch mein Zeitgefühl ist schon lange weg. Ich weiß nicht einmal, welcher Tag ist, geschweige denn welcher Monat. Vielleicht ist gerade August oder der September überrascht uns gerade mit einer außergewöhnlichen Hitzewelle.

A Deal with the DevilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt