»Faja! Faja! Der Wächter ist hier! Er ist hier!«, rief Gunnars jüngste Tochter. Ihre dunkelblauen Augen leuchteten vor Aufregung, als sie in die Küche hineingestürmt kam.
»Seid ihr bereit?«, fragte Gunnar mit einem Blick auf Elyon und Finan, die am Küchentisch saßen, die vollgepackten Taschen zu ihren Füßen. Erda hatte sie mit so vielen Dingen ausgestattet, dass Finan sich fast nicht mehr davor fürchtete, in dieser Kälte zu reisen. Er fing jetzt schon an zu schwitzen und er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie viele tausend Schichten er angezogen hatte. Er war dankbar für die Wärme, doch gepeinigt von seinem braunen, trüben Mantel und den groben, hässlichen Stiefeln, die er anziehen musste. Wenigstens war Erdas Schal, den sie selbst gestrickte hatte, schön. Er war blau weiß gemustert und würde sicherlich seine grünblauen Augen zur Geltung bringen.
Sie bewegten sich Richtung Tür, Erda und Gunnar folgten ihnen nach draußen.
»Oh, ihr zwei! Ich werde euch vermissen!«, sagte Erda mit zitternder Stimme und ihre Hand drückte Finans Schulter, kurz, aber fest.Auf dem Dorfplatz hatten sich bereits einige Einwohner versammelt. Die engste Menschentraube, war um ein riesiges, weißes Tier versammelt. Finan hielt inne und starrte es an. Ein waschechter Drache stand vor ihm. Mit weißem Fell, heller als der Schnee um sie herum. Es hatte gelbe Augen und kleine graue Hörnern vor seinen langen Ohren.
Das war ein Tier. Kein Mensch. Jetzt wo es vor ihm stand, merkte Finan zum ersten Mal, dass Jesko niemals ein echter Drache war. Es gab etwas in den gelben Augen, ein Ausdsruck, die Form der Pupille, die etwas Wildes und Gewaltiges hatte, das Jesko fehlte.
Als sie an den Einwohnern vorbei zu dem Tier traten, stand ein junger Mann mit hellrotem Haar direkt neben dem Drachen und kraulte seine Schulter. Seine hellblauen Augen trafen Finans und sein sommersprossiges Gesicht öffnete sich mit einem breiten Lächeln. Doch das, was Finan am meisten ins Auge fiel, war der wunderschöne samtene, grüne Mantel, den der junge Mann trug. Er musste unbedingt wissen, wo er sich ebenfalls so einen kaufen konnte und aus den grauen Trostklamotten raus.
»Ihr seid die Besucher aus dem Verschlossenem Westen, nicht wahr? Mein Name ist Janne und ich bin begeistert, euch kennenlernen zu dürfen! Wahnsinn! Aus dem Verschlossenem Westen! Ich kann es kaum fassen!«
Er hielt ihnen die rechte Handfläche hin und zog seine Finger leicht in Richtung seines Handgelenks. Elyon und Finan hatten die Begrüßung gelernt. Finan hakte als erster seine Finger in seine ein und schüttelte dreimal die ineinander gehakten Hände, dann tippte er Elyon leicht an und sie streckte ihre linke Hand aus. Janne starrte sie etwas unbeholfen an, doch dann wechselte er ebenfalls zu seiner linken und begrüßte Elyon. Dann blieben die hellen Augen des Wächters an Elyons Gesicht hängen. Er starrte Elyon an, als wäre sie ein ebenso erstaunliches Tier wie der Drache, der hinter ihm stand. Die fast weißen Narben waren auch sehr auffällig. Ob Elyon das Starren bemerkte, konnte Finan nicht sagen. Sie sah so düster drein, wie immer. Schließlich fing Janne sich, löste sich von Elyon er sich zu fangen und sah beide lächelnd an.
»Ich hab gehört ihr habt einen Lufthund dabei, doch anscheinend ist es nur ein Faltafnir?«
Finan sah fragend zu Elyon doch auch ihr Gesicht verriet nur Verwirrung.
»Lufthund?«, fragte die Prinzessin vorsichtig.Janne zeigte auf den weißen Drachen hinter ihm. »Das ist ein Lufthund. Meine Familie, der Flyga-Stamm wacht über sie und jedes Familienmitglied zieht sein eigenes groß. Manchmal werden sie auch besonderen Wächtern in der Wächterstadt anvertraut.«
Lufthund. Sie waren also tatsächlich eine ganz gewöhnliche Spezies in Gerwenen. Elyon hatte ihre Augen zusammengekniffen und Finan flüsterte ihr kurz ins Ohr, was für ein Wesen da gerade vor ihnen stand. Sie machte den Mund auf und schien eisern auf das Tier zu starren, als könnte sie es mit ihren vernarbten Augen erfassen, wenn sie es nur lange genug betrachtete.
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Elyons Erwachen | Band 2
FantasyNach Elyons Sieg über den Urdrachen und Nevins Festnahme, reist Elyon in Begleitung von Nevins kleinem Bruder Finan in den Verbotenen Osten. Dort wird sie hoffentlich mehr über den Fluch, ihren seltsamen, übernatürlichen Fähigkeiten und ihre Herkunf...