8.1 Der siebte Monat

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Es gab ein großes Problem. Elyon verwandelte sich nicht zurück in eine Menschen. Es war bereits ein ganzer Tag vergangen, seit sie in die Stadt zurückgekehrt waren. Und Elyon war immer noch gefangen in ihrer schwarzen Wolfsgestalt.

Finan stand ratlos vor Elyon, die sich mittlerweile gemeinsam mit Valka zu Jesko in den Stall gesellt hatte und dort ein Nickerchen hielt.

Während James und Cheng nur leicht beunruhigt über ihren Zustand waren, schien es für alle Wächter, die darüber Bescheid wussten, eine Katastrophe zu sein. Selbst Wotan hatte vor lauter Sorgen die Sprache verloren, als er Elyonh am Vormittag gesehen hatte.

Finan konnte seine Reaktion einigermaßen nachvollziehen. Es war schließlich nun noch schwieriger mit Elyon zu kommunizieren, jetzt wo sie ein stummer Wolf war. Doch bis jetzt hatte sie weiter nichts getan, dass ihm irgendeinen Anlass zur Sorge bereitete. Sie war ruhig, sie konnte alles verstehen, was um sie herum passierte, was man ihr sagte und im Vergleich zu dem abscheulichen Ungeheuer, dem sie vor kurzem begegnet waren, sah Elyons Schattengestalt um einiges schöner aus. Wie ein großer, mächtiger Wolf, der aus schwarzem Nebel gemacht war, mit strahlend weißen Augen.

Doch so schön er ihre Gestalt auch fand, er wollte die menschliche Elyon zurückhaben. Finan wollte nicht riskieren, dass sie sich selbst verlor. Es musste einen Weg geben, ihr zu helfen.

Er ging mit festen Schritten auf sie zu. Seine raschelnden Schritte weckten Elyon auf und ihre Ohren zuckten, während sie ihn mit einem offenen Auge beobachtete.

»Elyon, könntest du bitte noch einmal versuchen, dich wieder zurückzuverwandeln? Du hast doch noch nicht aufgegeben, oder?«

Elyon seufzte und klang eindeutig genervt dabei, doch sie stand auf, streckte sich und baute sich mit einem entschlossenen Blick vor Finan auf. Dann machte sie einen Buckel, drückte die Pfoten gegen den Boden und streckte sich, dass ihr ganzer Körper zitterte. Das hatte sie auch die letzten Male gemacht, während sie versucht hatte, wieder die eigene Gestalt zurückzugewinnen.

Der Nebel waberte, als würde er von etwas geschüttelt werden. Ein Gedanke drängte sich Finan auf und statt ihn zu hinterfragen, folgte er der Intuition, einfach in den Nebel hineinzugreifen.
Elyon japste erschrocken.

Feuchte Kälte fuhr über Finans Arme und ein schmerzhafter Schauer fuhr durch seine Haut. Doch er zwang sich dazu, zu bleiben. Elyon stand wie erstarrt vor ihm, während er seine Arme weiter ausstreckte, bis er den Kopf zur Seite drehen musste, um tiefer in den Nebel hineinzugreifen. Seine Fingerspitzen trafen auf etwas Haariges und Hartes.

»Elyon?«, fragte er vorsichtig, da packte ihn etwas am Handgelenk, ein stechender Schmerz fuhr durch seinen Kopf und Finan verlor die Sicht.
»Finan, nicht!«

Der Wolfskörper schauderte und schüttelte sich, dann sprang Elyon zurück und Finan fiel auf die Knie.
Die Welt schwankte und er sah wie durch einen Dunstschleier.

»Elyon«, stöhnte Finan durch zusammengebissene Zähne, während sein Kopf mit so einer Wucht pochte, dass ihm schlecht wurde und er sich mit den Händen auf dem Boden abstützen musste.
Eine große Schnauze fuhr durch sein Haar. Jesko wimmerte dicht neben seinem Ohr.
»Macht das nicht wieder!«, hörte er eine ihm bekannte Stimme. Es war Elyons.

Finan blinzelte mit den Augen, während er seine Schläfen rieb, doch seine Sicht war immer noch unscharf. Was war nur geschehen? War das die Korruption, die ihn irgendwie getroffen hatte? Hatte er sich irgendwie angesteckt?

Statt sich auf die Beine zu zwingen, blieb Finan für ein paar Augenblicke auf seinen Knien und atmete tief durch. Nach einer Weile verschwand das seltsame Gefühl in seinem Kopf und er konnte wieder scharf sehen.

Elyons Erwachen | Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt