»Argh! Ich kann mein Gesicht nicht mehr spüren! Meine Wangen sind tot! Und meine Finger erst! Sie brennen, als würden sie unter Flammen stehen!«
Elyon ignorierte Finan und auch Janne hatte es aufgegeben ihm zu antworten.Sie hielt sich dicht an Jesko, der sie durch den endlosen Schnee führte. Gerade als sie den nächsten Schritt im Schnee tun wollte, hielt der Drache an.
Sie spürte ihren eigenen warmen Atmen der gegen ihre eiskalte Wangen strömte. Für einen kurzen Augenblick war die Kälte vergessen, nur um im nächsten Augenblick umso heftiger an ihrer Haut zu schneiden. Wenigstens war der Marsch durch den Schnee anstrengend genug, dass ihr Körper warm war und sogar anfing zu schwitzen.
»Die Stadt ist nicht mehr weit. Wir müssen nur über diesen Hügel und dann ist es ein Flughundsprung.« Elyon hörte das Surren von Stoff und Leder.
»Ah! Das klingt wie Musik in meinen Ohren!«, rief Finan. »Komm, Elyon, gib mir deine Tasche, schnell. Hier mein Oberarm ... Warte, lass mich zuerst deinen Umhang richten. So, bist du so weit?«
Elyon kniff die Lippen zusammen. Sie mochte es nicht, wenn Finan ungefragt an ihr herum zupfte. Vor allem, wenn sie kaum was sehen konnte. Der Schnee blendete ihre Augen so stark, dass sie diese kaum offen halten konnte und sie ständig tränten. Das machte es noch schwieriger für sie, irgendetwas zu erkennen. Elyon konnte gerade noch so die Umrisse ihrer Reisegefährten ausmachen.
Seufzend klammerte sie sich an Finans Oberarm fest und folgte ihm bergauf.
»Elyon, Finan, ihr werdet wahrscheinlich von einigen Leuten angestarrt werden. Ignoriert sie einfach.« »Warum sollten uns die Einwohner anstarren?«
»Weil ihr wie Ausländer ausseht. Vor allem Elyon. So dunkle Haare sind hier in der Mitte des Landes eher selten zu sehen. Wie geht es eigentlich deinen Augen, Elyon, kannst du irgendetwas sehen?«»Augen, brennen. Kaum was sehen«, keuchte sie angestrengt aus. Wann würde dieser Hügel endlich ein Ende nehmen? Es war anstrengend genug, im Schnee zu stapfen, doch der Aufstieg war so steil, dass ihre Beine vor Anstrengung zitterten.
»Ich sag euch, was noch brennt: mein Hinterkopf. Wie kann es so kalt sein, wenn die Sonne erbarmungslos auf uns nieder prallt?«, sagte Finan.Janne lachte. »Wenn du auch nur fünf Minuten stehen bleibst, bibberst du wieder. Sei froh, dass deine Wangen jetzt langsam wieder auftauen.«
»Wie lange geht das hier? Also dieser abartige Winter?«»Der Winter ist bei uns die längste Jahreszeit. Und er hat gerade erst angefangen. Also noch sehr lange. Fast ein halbes Jahr. Doch die Sommer sind dafür angenehm warm.«
»Das glaube ich erst, wenn ich es erlebe.« Finan keuchte ein paarmal ein und aus und Elyon spürte manchmal einen warmen Hauch, der ihr entgegenflog. Der Aufstieg war wohl auch für ihn anstrengend. Dabei hatte er sonst ziemlich viel Ausdauer für einen Prinzen.
»Sag mal, Janne. Was ist eigentlich deine Gabe?«
»Ich bin ein Pflanzenmeister. Ich kann die Sprache der Pflanzen verstehen und sie wachsen lassen.«
»Wie bitte, du sprichst mit Pflanzen? In dieser toten Landschaft?«Janne stieß ein schallendes Gelächter aus. »So ungefähr. Tatsächlich kommunizieren Pflanzen miteinander. Doch auf eine sehr unauffällige Art und Weise. Ich rieche es in der Luft, ich spüre es, wenn ich sie berühre. Ich kann sie auch hören. Viele Pflanzen sind im Boden wie ein riesiges Netz verbunden.«
»Das klingt nicht sehr nützlich, um ehrlich zu sein.«
Janne prustete und Elyon drückte Finans Oberarm in der Hoffnung, dass er ihren Hinweis endlich mal still zu sein verstehen würde. Auch wenn sie wusste, dass es vergeblich war.»So wirkt es für dich. Doch dank der Pflanzen kann ich selbst im Winter noch Essbares finden. Ich weiß, ob und woher Gefahr kommt, sobald Pflanzen durch ein Wesen zerstört werden. Und ich kann das.«
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Elyons Erwachen | Band 2
FantasyNach Elyons Sieg über den Urdrachen und Nevins Festnahme, reist Elyon in Begleitung von Nevins kleinem Bruder Finan in den Verbotenen Osten. Dort wird sie hoffentlich mehr über den Fluch, ihren seltsamen, übernatürlichen Fähigkeiten und ihre Herkunf...