Kapitel 17

20 2 0
                                    

CARLA

Ich wachte auf, als ich eine Menge aufgeregte Stimmen hörte - sowohl richtige Stimmen als auch Gedankenstimmen. Verwirrt und neugierig schlug ich die Decke beiseite und zog mir mein Kleid an, bevor ich mein Zimmer verließ, um nachzusehen, was unten los war. Das halbe Dorf stand unten bei Abuela und redete so aufgeregt durcheinander, dass man kaum ein Wort verstehen konnte. Verwirrt ging ich die Treppe hinunter und ging zu Abuela.
"Was ist hier los?", fragte ich verwirrt nach, während tía Pepa aufgebracht aus der Küche kam, hinter ihr zog eine heftige Gewitterwolke her, die einen starken Wind verursachte, sodass ich mir die Arme schützend vor das Gesicht hielt.
"Pepa, du hast eine Wolke!", schrie Abuela sie an, worauf tía Pepa sich zu uns umdrehte.
"Ich weiß, Mamá! Sei froh, dass es kein Hurricane ist!", schrie sie zurück und lief dann die Treppe hinauf.
"Abuela, was ist los?", fragte ich neugierig nach.
"Im Dorf wurden noch mehr Sachen gestohlen und dein Vater wurde gesehen, wie er nachts durch das Dorf geschlichen ist", antwortete sie. Was?!
"Du glaubst das doch selbst nicht, Abuela, oder?", fragte ich fassugslos nach, sie seufzte.
"Carla, diese Sache sieht sehr eindeutig aus. Ich würde es Bruno auch nie zutrauen, aber die Beweise sind gegen ihn", erwiderte sie, während Carmen, eine junge Frau aus dem Dorf, mich ansah.
"Dein Vater hat schon damals alle unsere Leben mit seinen Visionen zerstört! Immer hat er nur das Schlechte gesehen und damit alles kaputt gemacht! Einmal ein Schuft, immer ein Schuft! Er will sich sicher nur dafür rächen, dass wir so gemein zu ihm waren! Offensichtlich müssen wir unsere damaligen Entschuldigungen aber zurücknehmen, denn so wie es aussieht, bestiehlt er uns!", fuhr sie mich an, worauf ich wütend die Hände in die Seiten stemmte. Wie konnte diese arrogante Ziege so etwas nur behaupten?!
"Ach ja?! Woher willst du blöde Ziege das denn wissen?! Papá kann nichts für das, was er sieht! Er liebt dieses Dorf und er würde nie etwas tun, um ihm zu schaden! Woher wollt ihr wissen, dass er es war?! Ich gehe nachts auch oft spazieren! Ihr könntet genauso gut mich verdächtigen! Vielleicht habe ich euren Scheiß ja auch gestohlen!", schrie ich sie wütend an, worauf Abuela mich mahnend ansah.
"Carla, sei bitte ruhig!", fuhr sie mich an, aber ich schüttelte den Kopf.
"Nein, ganz bestimmt nicht! Sie beschuldigen Papá ohne Grund, etwas gestohlen zu haben! Das kann nicht sein, Abuela! Papá würde so etwas niemals tun! Und diese Idioten verurteilen ihn für...", begann ich, doch wurde von Abuela unterbrochen.
"Carla, es reicht! Geh nach oben!", schrie sie mich an. "Wir haben hier schon genug Chaos, du musst nicht noch zusätzlich Ärger machen!" Ich sah Abuela wütend an.
"Ich fasse es nicht, dass du Papá nicht verteidigst! Ist dir diese Familie denn total egal?!", fuhr ich sie gereizt an, doch lief dann ohne eine Antwort abzuwarten nach oben. Luna und Estrella kamen mir auf dem Flur entgegen.
"Carla, was ist los?", fragte Luna besorgt nach.
"Das Dorf ist der Meinung, dass Papá alle beklaut hat! Geht Luca holen, wir müssen rausfinden, wer das wirklich war!", antwortete ich ihr und bevor die Zwillinge etwas erwidern konnten, lief ich schnell zu Mamás und Papás Zimmer. Ich klopfte gegen die Tür und öffnete sie dann. Mamá, Papá und tía Julieta saßen auf dem Bett, doch sahen auf, als ich reinkam. "Papá, ist alles in Ordnung? Ich hab mitbekommen, was passiert ist. Aber hör nicht drauf, ja? Die haben alle einen an der Waffel, ich weiß genau, dass du das nicht warst! Luca und ich finden raus, wer das war, versprochen." Papá lächelte mich unbeholfen an, aber ich sah genau, dass er geweint hatte.
Womit hab ich so eine liebe und fürsorgliche Tochter nur verdient? Wenigstens einer hier steht hinter mir!
Ich lächelte Papá an.
"Natürlich stehe ich hinter dir, Papá! Mach dir keine Sorgen, wir kriegen das schon raus. Ganz egal, was Abuela oder das Dorf sagen, aber ich weiß genau, dass du nichts getan hast!", meinte ich und setzte mich zu ihm, um ihn zu umarmen. "Ich hab dich lieb, Papá."
"Danke, mi vida. Ich dich auch", erwiderte er und gab mir einen Kuss auf die Wange.
"Carla, tu mir einen Gefallen, ja? Sorg dafür, dass deine Schwestern hiervon so wenig wie möglich mitbekommen", bat Mamá, ich nickte.
"Ja, ich versuche es, aber sie haben schon bemerkt, dass etwas nicht stimmt", stimmte ich schnell zu. Da klopfte es an die Tür, bevor Abuela reinkam. Sie sah ernst und unzufrieden aus, aber ich würde Papá definitiv verteidigen - und Mamá und tía Julieta bestimmt auch.
"Hijo, wir müssen wirklich reden", sagte sie bestimmt.
"Ich habe nichts geklaut, Mamá!", wehrte Papá sofort ab.
"Das würde ich dir auch gerne glauben, Bruno, aber die Beweise sind doch sehr gegen dich! Du läufst nachts durch das Dorf, als wärst du auf Beutezug und andere haben dich dabei gesehen! Wieso machst du so etwas? Und Sofías Kette wurde unter deinem Fenster gefunden!", wandte Abuela ungläubig ein.
"Ich würde nie etwas klauen, Mamá, das solltest du wissen! Und ich war nur im Dorf, um nachzusehen, ob ich jemanden sehe, der Sachen klaut! Und dabei wollte ich natürlich nicht gesehen werden!", erklärte er.
"Ich kann nicht glauben, dass du so etwas von Bruno denkst, Mamá!", wandte tía Julieta ungläubig und fassungslos ein, bevor sie den Kopf schüttelte. "Du enttäuschst uns."
"Was glaubst du, wie ich mich fühle? Ich habe alles für dieses Dorf und diese Familie getan und so wird es mir gedankt!", fuhr Abuela sie an. "Mein einziger Sohn bestiehlt die Bewohner!"
"Das hat er nicht getan, Alma!", fuhr Mamá sie an. "Du kannst hier alles durchsuchen, hier ist nichts! Bruno würde so etwas nie tun!"
"So sieht es aber aus! Alle Beweise und Erzählungen deuten genau hierher! Was soll ich denn anderes denken?", erwiderte Abuela aufgebracht.
"Das Richtige! Du solltest deine Kinder besser kennen! Und vor allem solltest du eher hinter deinem Sohn als hinter Fremden aus dem Dorf stehen!", antwortete ich wütend und stand auf. "Es kann nicht sein, dass du ihm nicht glaubst! Papá würde das nie tun!"
"Carla, so sprichst du nicht mit mir!", schrie Abuela mich wütend an. "Du bist meine Enkelin!"
"Na und? Einer muss dir ja sagen, dass du komplett auf dem Holzweg bist!", fuhr ich sie an, aber Papá schüttelte den Kopf und legte mir eine Hand auf die Schulter.
"Carlita, lass gut sein", sagte er ruhig, aber auch etwas niedergeschlagen.
"Carla, du hast hier nicht viel zu sagen! Dein Vater und ich müssen das alleine klären! Und wir werden damit anfangen, dass er allen Leuten sagt, wo die gestohlenen Sachen zu finden sind!", fuhr Abuela mich an, aber Papá schüttelte den Kopf.
"Das würde ich gerne tun, Mamá, aber ich weiß nicht, wo das Zeug ist! Wie gesagt, ich habe nichts gestohlen!", wiederholte er sich verzweifelt.
"Bruno, wer soll es sonst gewesen sein?! Es gibt sonst niemanden, der es gewesen sein kann!", schrie Abuela ihn wütend an. Papá wollte etwas erwidern, aber mir reichte das jetzt.
"Doch, gibt es. Ich hab die Sachen gestohlen", wandte ich ein, worauf mich alle erschrocken ansahen. "Ich hab das Zeug geklaut, nicht Papá." Papá schüttelte den Kopf und bevor Abuela etwas sagen konnte, stand er auf und rannte aus dem Zimmer, bevor er die Tür laut ins Schloss schlug. Wo wollte er hin? Ich hatte ihn doch nur verteidigen und ihm helfen wollen!

Ich brauche dich, Bruno 5 - Verzweifelte Hoffnung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt