Kapitel 28

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CARLA

Ich freute mich, als ich durch die Wand hörte, dass meine Eltern sich wieder vertragen hatten. Ich hatte es geschafft! Ich hatte die Familie gerettet! Casita klapperte glücklich mit den Ziegeln, worauf ich mit einem von diesem glücklich einschlug. Ein Problem weniger, um das wir uns kümmern mussten. Jetzt musste ich aber zurück zu Luca, denn den hatte ich vorhin einfach verwirrt stehen gelassen, als ich die aufgeregte Gedankenstimme meiner Mutter gehört hatte. Er fragte sich bestimmt, was los war. Also verabschiedete ich mich von Casita, bevor ich zurück ins Dorf lief. Luca saß auf dem Rand des Brunnens und stand auf, als er mich sah.
"Carla? Ist alles in Ordnung?", fragte er besorgt nach und griff nach meiner Hand, um sie zu drücken. Ich nickte.
"Ja, es ist alles in Ordnung. Ich erkläre es dir gleich, aber lass uns jetzt erstmal zum Schmied gehen. Ich brauche dringend ein Schwert!", antwortete ich und während wir Hand in Hand zum Schmied liefen, erklärte ich ihm, was gerade passiert war.
"Da hattest du ja wirklich Glück! Es wäre schrecklich gewesen, wenn deine Eltern sich getrennt hätten! Besonders für die Zwillinge und dich!", erwiderte er, ich nickte.
"Ja, das stimmt. Aber ich weiß genau, dass die beiden sich lieben und es war nur eine Frage der Zeit, bis sich wieder vertragen. Ich habe nur etwas nachgeholfen, bevor Estrella und Luna etwas davon mitbekommen", gab ich zu, als wir auch schon beim Schmied ankamen. Ich klopfte gegen die Tür, bevor ich eintrat. Roberto stand an seiner Esse und schmiedete gerade ein Hufeisen, doch sah auf, als wir reinkamen.
"Oh, hola, Carla! Was machst du denn hier? Und wer ist denn dein netter Freund?", fragte er höflich nach und legte das Hufeisen zur Seite.
"Das ist Luca, er wohnt seit einigen Tagen hier", antwortete ich ihm. "Ich bräuchte ein Schwert von dir, Roberto. Ein Großes mit Scheide, am besten. Ich muss es eine Weile lang sicher rumtragen können." Er zog die Augenbrauen hoch.
"Du? Du brauchst ein Schwert? Was willst du denn damit?", fragte er verwirrt nach.
"Kämpfen lernen. Sag es aber keinem, sonst wird Abuela nur wütend und ich habe schon genug Streit mit ihr. Also? Kannst du mir eins verkaufen?", erklärte ich, er seufzte und kratzte sich am Kopf.
"Tja, das würde ich ja tun, aber du weißt ja, dass wir ausgeraubt wurden. Ich hab gerade keins da, um ehrlich zu sein. Aber bis morgen könnte ich dir eins schmieden. Passend für deine Größe und auch mit einer hübschen Scheide", erwiderte er, ich nickte.
"Das wäre toll, danke", sagte ich. "Wie viel schulde ich dir?"
"Zwanzig Taler", antwortete er, also gab ich ihm das Geld. Es war zwar teuer, aber für Papá musste ich das tun. Das war es mir allemal wert. "Kannst du denn überhaupt mit so einem Schwert umgehen? Die Dinger sind doch recht schwer!"
"Ich kann es ihr beibringen, keine Sorge", wehrte Luca gelassen ab. "Ich kann mit einem Schwert umgehen, in meiner Jugend habe ich Schwertkämpfen gelernt, ich kann es ihr zeigen." Roberto nickte und schien damit zufrieden zu sein, denn er entließ uns und versprach mir, das Schwert morgen früh fertig zu haben. Also liefen wir zurück zu Lucas Wohnung, um unser weiteres Vorgehen zu planen. Wir hatten uns eine Karte der Umgebung besorgt, um unseren Schachzug genau planen zu können und setzten uns nun mit der Karte auf die Sessel.
"Ok, also das Dorf ist hier. Die Diebe gehen hinten bei Casita zurück in den Wald und wir werden direkt am Waldanfang auf sie warten. Dolores und Luna werden sie ausfindig machen und uns warnen, sobald sie kommen. Camilo wird dann mit einem Pferd an der ersten Kreuzung auf sie warten und sie hoffentlich ein wenig erschrecken. Sobald sie die Richtung ändern, wirft Luisa hier einen Baum um und Isabela versperrt mit Ranken den Weg zum Fluss. Dann können sie bloß noch in Richtung der Berge reiten. Dort werden Mirabel und du auf sie warten und die Pferde erschrecken, damit sie die Diebe abwerfen. Estrella wird sie dann als Jaguar hinauf in die Berge treiben, in eine der Höhlen. Dort komme ich ins Spiel und Luisa versperrt den Ausgang", erklärte ich und sah Luca an. "Stimmt doch so, oder? Können wir den Plan so durchziehen?" Luca nickte.
"Ja, das klingt schon einmal gut, aber was ist, wenn sie an irgendeiner Stelle nicht die Richtung ändern?", fragte er besorgt nach. "Was machen wir dann?"
"Dann... lese ich ihre Gedanken und sage euch, wo sie hinwollen und wir wiederholen das Spiel solange, bis sie irgendwo festsitzen, wo sie nicht mehr wegkönnen. Estrella kann sie ja eine Weile lang verfolgen, einem Jaguar setzt keiner nachts etwas entgegen", antwortete ich, worauf er die Augenbrauen hob.
"Sicher? Ich hab es damals für deine Schwestern getan! Und wenn die Diebe auch Schwerter haben, werden sie sicher auch nicht zögern, sie einzusetzen", wandte er besorgt ein. Da hatte er leider recht. Und ich wollte ja auch nicht, dass jemand verletzt wurde - erst recht nicht meine Schwester!
"Stimmt, da hast du recht. Vielleicht kann Luisa ja bei ihr bleiben und zur Not einspringen", schlug ich vor, er nickte.
"Das ist auf jeden Fall eine Möglichkeit", gab er zu. "Dann komm, ich zeige dir schon mal ein paar Sachen mit dem Schwert. Zur ersten Übung, können wir ja einfach einen Stock nehmen."

Nachdem ich ausführlich mit Luca trainiert hatte (und den Muskelkater meines Lebens hatte), war mein Schwert am nächsten Morgen fertig. Direkt nach dem Frühstück lief ich zu Roberto, um mein Schwert abzuholen. Ich wollte es direkt in mein Zimmer bringen und dort dann noch etwas üben, um notfalls bereit für heute Abend zu sein. Als ich die Schmiede betrat, drehte Roberto sich um. Er lächelte mich an.
"Da kann es unsere frisch gebackene Schwertkämpferin wohl kaum erwarten, ihr Schwert zu sehen, was?", grinste er, ich nickte.
"Ja. Hast du es schon fertig?", fragte ich, er nickte und holte ein großes Schwert hervor, das in einer ledernen Scheide steckte. Sie hatte einen Gurt, sodass ich mir das Schwert bequem über die Schulter hängen konnte. "Wow, es sieht toll aus! Danke, Roberto!"
"Gerne, Carla. Viel Spaß damit und sei vorsichtig! Waffen töten, also mach nichts Unüberlegtes", mahnte er, ich nickte.
"Ich weiß, keine Sorge. Ich achte darauf", versprach ich, bevor ich mir das Schwert über die Schulter hängte, sodass es nun an meinem Rücken war. Diese Scheide war wirklich sehr bequem. Ich verabschiedete mich von Roberto, bevor ich zurück zu Casita ging. Mir gefiel, wie das Schwert immer wieder gegen meinen Rücken schlug, ich fühlte mich dabei irgendwie sicherer und mächtiger. Ich könnte mich sehr gut an dieses Schwert gewöhnen. Als ich bei Casita ankam, wollte ich direkt in mein Zimmer gehen, aber Abuela entdeckte mich sofort.
"Carla! Was hast du da?!", fragte sie geschockt nach, als sie das Schwert auf meinem Rücken sah. Alle anderen, die in der Küche und im Hof gewesen waren, kamen jetzt zu uns und sahen mich verwirrt und teilweise auch erschrocken an.
"Ein Schwert, Abuela. Ich hab es mir von Roberto machen lassen", antwortete ich Abuela schließlich.
"Du bringst die Waffe, die deinen Großvater getötet hat in dieses Haus?!", schrie sie mich wütend an. "Bist du denn jetzt endgültig von allen guten Geistern verlassen?!"
"Nein, ich will diese Familie nur vor Dieben beschützen! Keine Sorge, du wirst es nicht einmal zu Gesicht bekommen", wandte ich so ruhig wie möglich ein. "Ich habe nicht vor, jemanden damit zu verletzen."
"Jetzt spielst du wohl endgültig die verrückte Rebellin!", stöhnte Isabela genervt und erschuf eine riesige, pinke Blumenranke an der Wand.
"Nein, die Beschützerin dieser Familie, Isa. Papá kann das ja nicht mehr tun", erwiderte ich. "Und dann ist eben die Älteste dran, so einfach ist das." Bevor noch jemand etwas sagen konnte, ging ich auf mein Zimmer und warf die Tür hinter mir zu. Ich würde die Familie beschützen und Papá zurückholen - koste es, was es wolle!

Ich brauche dich, Bruno 5 - Verzweifelte Hoffnung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt