Kapitel 5

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POV Valeria

Ich spürte die verwirrten Blicke meiner Mitschüler, als mich Santos mit zu sich ins Büro bat. Ohne auch nur einen einzigen Blick zu ihnen zurück zu werfen folgte ich ihm aus der Lobby, über den Trainingsplatz, die Betontreppe runter, an der Cafeteria vorbei bis zum grauen Gebäude, in dem er sein Büro hatte. Er hielt mir seine Bürotür auf, ich trat hinein und blieb ein paar Schritte vor seinem Schreibtisch stehen. Ich legte die Hände hinter den Rücken, stellte die Beine hüftbreit und wartete auf seinen Befehl.
Ich hörte, wie er die Tür verschloss und auf mich zukam. Von links trat er in mein Sichtfeld und stellte sich dann, etwa einen halben Meter vor mir, ebenfalls hüftbreit hin, die Hände hinter dem Rücken. Der Puls pochte laut in meinen Ohren, mein Atem war zittrig. Zu gern hätte ich gewusst, was er vorhin mit Sascha geredet hatte.

Wenn ich an die bevorstehenden Folgen dachte, wurde mir schlecht. Der blosse Gedanke daran raus zu fliegen, liess mir Tränen in die Augen steigen. Wie konnte ich nur so dumm sein und mich ertappen lassen? Ich hoffte, er würde es kurz und schmerzlos machen, wie ein Pflaster abreissen: Mir einfach kurz sagen, dass ich raus fliege ohne gross drum herum zu reden.

Er nahm sich erst alle Zeit der Welt, um mich in Ruhe zu mustern. Sein Blick wanderte über meine Uniform, von den Schuhen bis zu meiner Mütze und blieb schliesslich bei meinen Augen hängen.

"Sarasin" begann er. "Ich nehme an, Sie wissen, wieso Sie hier sind, nicht wahr?"
Ich atmete tief durch.
"Ja, Sir"
Er nickte mir zu und machte eine kurze, auffordernde Handbewegung in meine Richtung.
"Na dann schiessen Sie mal los."
Verwirrt blickte ich ihn an. Ich war mir nicht ganz sicher, was er nun genau von mir hören wollte.
"Ich bin meinem Mentor näher gekommen, als mir zusteht."
"Und weiter?"
Ich atmete durch.
"Zwischenmenschliche Interaktionen sind, besonders zwischen Schüler und Mentor, nicht gestattet und führen beiderseits zu einem Dienstverweis."
Ich hasste mich gerade so sehr dafür, dass ich mich hab ertappen lassen.
"Genau so ist es. Sagen Sie mir, Sarasin, wo wohnen Sie nochmal?"
Etwas verdutzt über seine Frage schaute ich ihn an.
"Darf ich fragen, was Sie das angeht, Sir?" fragte ich etwas genervt. Ich wusste genau, worauf er hinauswollte. Ich war mir aber nicht sicher, wieviel ihm Sascha erzählt hatte und ob es die ganze Situation verschlimmern oder verbessern würde, wenn er wusste, dass ich zusammen mit Sascha wohnte.
"Oh, das geht mich eine Menge an, Sarasin! Ich bin Ihr Vorgesetzter. Ich habe gewiss das Recht darauf zu wissen, wo die Schüler wohnen, die von meinen Mentoren unterrichtet werden."
Wieder atmete ich tief durch, nahm mir einen Moment, um eine passende Antwort zusammenzulegen.
"Ich... wohne bei Sturm, Sir."
Es wurde immer schwieriger seinem Blick stand zu halten.
"Ja, das tun Sie, nicht wahr?"
Er senkte seine Stimme.
"Sagen Sie, wie oft tun Sie das?"
"Sir? Wir oft tue ich was?"
Er machte einen Schritt auf mich zu.
"Mit wievielen Mentoren haben Sie sich schon amüsiert, seit Sie hier bei den ZEUSS sind?"
Fassungslos sah ich ihn an. Was sollte das?
"Sturm war auf jeden Fall der Einzige, der auf mein Einverständnis gewartet hat, Sir!"
Überrascht sah er mich an.
"Ich will keine Namen nennen, aber Ihre Mentoren hier sind wahrlich keine Gentlemen, Sir. Und ich sehe ehrlich gesagt nicht ein, wieso ausgerechnet Sturm und ich nun zur Rechenschaft gezogen werden, während andere Mentoren ungestraft mit Aktionen davon kommen, die sie im normalen Leben hinter Gitter bringen würden."
Amüsiert über meinen plötzlichen Mut schaute er auf mich nieder. Er kam mir nun noch ein bisschen näher. Sein Gesicht war noch etwa eine Unterarmlänge von meinem entfernt.
"Tja Sarasin, als junge, gut aussehende Frau sollten Sie vielleicht damit rechnen, dass sowas passiert, wenn Sie an einen Ort wie diesen kommen. Was haben Sie erwartet? Dachten Sie, Sie werden hier mit Samthandschuhen berührt?"
Ich versuchte meine Verachtung zu unterdrücken, während ich seinen Blick möglichst emotionslos erwiderte. Er musterte mein Gesicht ganz genau, dann liess er seinen Blick erneut über meinen Körper wandern. Ich fühlte mich entblösst, obwohl ich komplett gekleidet war.
"Hmm... Wer kann es Sturm schon übel nehmen, dass er bei Ihnen die Kontrolle verloren hat" sagte er eher zu sich selbst als zu mir. Dann machte er noch einen Schritt auf mich zu, hob seine Hand, fuhr mit seinem Daumen über meine Wange, legte die Handfläche dann an meinen Hals und fuhr mit dem Daumen über meinen Kiefer, weiter runter bis zu meinem Schlüsselbein. Ich regte mich nicht. Ich stand ja immer noch bereit, mich zu regen war mir untersagt.
Sein Blick wurde etwas lustvoller, als er die Stellen anschaute, welche er mit seinem Daumen abfuhr.
"Sturm hat Sie gut erzogen, Sarasin. Das gefällt mir."
Sein Blick fand seinen Weg nun zurück in meine Augen.
"Vielleicht sogar ein bisschen zu gut für meine Mentoren, denen Sie hier ordentlich den Kopf verdrehen, nicht wahr?"
Ich antwortete ihm nicht. Die ganze Situation verunsicherte mich immer mehr. Mein zittriger Atem musste verraten haben, wie unangenehm mir das Ganze hier gerade war. Er fuhr mit seinem Daumen langsam über meine Unterlippe, seine Blicke folgten seiner Bewegung. Dann liess er seine Hand endlich von mir ab. Erleichtert atmete ich auf.
"Sarasin, ich werde weder Sie noch Sturm verweisen. Ich rate Ihnen beiden aber Ihre zwischenmenschlichen Interaktionen hier auf dem Areal zu unterlassen. Wenn Sie sich ein zweites Mal von jemandem erwischen lassen, dann war's das. Haben Sie mich verstanden?"
Erleichtert atmete ich auf. Ich konnte kaum glauben, was er eben gesagt hatte.
"Ja Sir, ich danke Ihnen."
Ich konnte nicht verhindern, dass nun doch ein wages Lächeln zum Vorschein kam.
"Bedanken Sie sich bei Ihrem Mentor, Sarasin."
"Ja, Sir, das werde ich."
"Und es ist wohl selbsterklärend, dass ich Ihnen dennoch eine Strafe auferlegen werde."
"Ja Sir"
"Und genau da haben wir beide ein kleines Problem, Sarasin. Wenn ich, der Standortleiter der Performer, Ihnen eine Strafe auferlege, sind verschiedene Parteien hier bei den ZEUSS daran interessiert, was wohl Ihr Vergehen war. Sie wollen wissen, weshalb ich Sie bestrafe. Und das wiederum sollte in Ihrem Interesse kein anderer Vorgesetzter erfahren, nicht wahr?"
"Ja Sir"
"Es ist also unser gemeinsames Ziel eine angemessene Strafe für Sie zu finden, von der kein Anderer etwas erfährt, einverstanden?"
Mir gefiel nicht wohin das Ganze lief. Aber was hatte ich schon für eine Wahl? Zögerlich nickte ich also und blickte zu Boden.
"Ja Sir"
Ein schmieriges Lächeln legte sich nun wieder auf sein Gesicht. Er lehnte sich etwas zurück und setzte sich auf die Schreibtischkante. In aller Ruhe musterte er mich, machte sich Gedanken zu seinem weiteren Vorgehen. Dann griff er nach der Holzkiste, die neben ihm auf dem Schreibtisch lag und öffnete sie.
"Zigarre?" fragte er, während er mir auffordernd eine der rund zehn dunkelbraunen Dinger hin hielt.
"Nein danke, Sir"
Ich schüttelte etwas verwirrt den Kopf. Die Situation wurde immer absurder. Amüsiert beobachtete er mich.
"Wissen Sie was, Sarasin? Sie werden heute mein Büro nicht mehr verlassen."

Discipline and Desire - An der Seite des MentorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt