Kapitel 23

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POV Rico

Völlig erschöpft warf ich am nächsten Morgen mein Gepäck in den Kofferraum und schleppte meine schweren Gliedmassen in den Car. Ich war früh unterwegs, die meisten Sitzplätze waren noch frei.

Gleich nach unserer Ankunft auf dem ZEUSS Areal wurden wir erneut zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen, um die vergangenen beiden Wochen abzuschliessen. Diesmal von der Standortleitung der ZEUSS.

Vorschriftsgemäss zog ich meinen Anzug an. Ich warf einen letzten Blick in den Spiegel, richtete die Krawatte und ging rüber zu Valeria. Entgegen meiner Erwartung hatte sie den Krawattenknoten diesmal ganz alleine hingekriegt.
„Hast du etwa heimlich geübt?" fragte ich und musterte den nahezu perfekten Knoten. Sie lächelte.
„Klar, hab ja nix besseres zu tun!"
Ich erwiderte ihr Lachen. Dann gingen wir runter in den Speisesaal.

Nach dem Essen wurden wir in ein verlängertes Wochenende entlassen. Gerade als ich den Saal wieder verlassen wollte, passte Sturm mich ab.

"Kann ich Ihre Zeit kurz in Anspruch nehmen, Schaub?"
Ich nickte.
„Selbstverständlich, Sir"

Gleich darauf sassen wir zu zweit in seinem Büro. Ich hatte schon damit gerechnet, dass er das Gespräch mit mir suchen würde. Ich hatte es sogar erhofft, um etwas Klarheit in mein Gedanken-Chaos zu bringen. Jedoch war ich mir noch unsicher, worüber er genau mit mir sprechen wollte. Die Auswahl potenzieller Gesprächsthemen war selten so gross wie im Moment.

Ich räusperte mich kurz und richtete mein Jackett.
"Habe ich mir einen Fehltritt erlaubt, Sir?" fragte ich und faltete meine Hände vor mir auf dem Tisch.

"Nein, ganz und gar nicht Rico. Im Gegenteil. Ich bin voll und ganz zufrieden mit dir und deiner Leistung. Aber... Ich möchte etwas von dir wissen."

Bevor er seine Frage stellte, nahm er sich einen Moment Zeit, um mich stillschweigend zu mustern. Als wollte er herausfinden, wie lange ich seinem Blick standhalten konnte.

„Wie gross ist dein Hass gegen mich, weil ich Valeria und dir verboten habe euch näher zu treten?"

„Sir?"
Seine Frage verwirrte mich.
„Rico, wenn wir uns unter vier Augen unterhalten, brauchst du mich nicht zu siezen. Ich möchte dich nicht jedes Mal daran erinnern müssen."
"Sorry Sascha. Es ist einfach... Nach wie vor ungewohnt."
Er nickte.
"Nun?"

Ich atmete tief ein und überlegte mir meine Antwort zweimal, ehe ich mich zu Wort wandte.

"Natürlich hat es mich wütend gemacht, besonders weil ich tatenlos zusehen musste, wie sich dieser blauäugige Frauenheld an sie ran macht. Und weil ich nicht wusste, was los ist. Du hast mir gegenüber ja nie etwas gesagt."
Ich lehnte mich etwas zurück.
„Versteh mich nicht falsch. Ich habe deinen Entschluss ja berücksichtigt und verstanden. Zumindest bis vor zwei Tagen. Du bist mit ihr zusammen. Da willst du nicht, dass sie einem anderen näher kommt."

Er schmunzelte, was mich verunsicherte. Nichtsdestotrotz sprach ich weiter.

"Aber seit der Szene neulich im Bungalow weiss ich nicht mehr, wo ich stehe. Ich meine, soll ich in der Gruppe so tun, als wäre ich mit ihr zusammen und mich gleichzeitig von ihr fernhalten?"
"Nein Rico. Wie schon gesagt: Ihr müsst nicht mehr auf Distanz bleiben. Und mein Entschluss damals hatte auch nichts mit dir zu tun."

Auch er lehnte sich etwas zurück.

"Ich möchte offen und ehrlich mit dir sein, Rico: Dass sich Brian so direkt an sie rangemacht hat, geschah nicht ohne Grund."

Misstrauisch schaute ich ihn an und nickte, als ich langsam zu verstehen begann.

„Und wen von uns beiden wolltest du damit auf die Probe stellen? Sie oder mich?"
„Dich." Er nickte zu mir rüber, atmete tief durch und richtete sich wieder auf. Gerade schien er das erste Mal Mühe damit zu haben auszusprechen, was sich in ihm so tat. Als ob er sich für sein Verhalten schämte.

Discipline and Desire - An der Seite des MentorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt