Kapitel 17

533 34 9
                                    

POV Valeria

"Meine Herren!"
Sturm drehte den Kopf kurz in meine Richtung "die Dame", ehe er weitersprach.
"Vor Ihnen, etwa hundert Meter vom Ufer entfernt, befindet sich ein Boot, welches jeder einzelne von Ihnen nun erreichen wird."

Seine Stimme war entschlossen und laut, noch lauter als sonst. An diesem noch dunkeln Morgen stürmte es wie verrückt. Die Schneeflocken wurden beinahe waagerecht an uns vorbei gepeitscht. Und der laut pfeifende Wind sowie der tobende See konkurrierten mit seiner Stimme.

Ich versuchte meine Augen vor den vorbei schnellenden Schneeflocken und der aggressiven Bise zu schützen, in dem ich meine Augenlider etwas zusammenkniff und den Kopf leicht senkte. Meine Hände spürte ich kaum mehr. Zu gerne hätte ich sie in meine Jackentaschen gesteckt. Da ich aber wusste, was auf mich zukam, versuchte ich mich an die betäubende Kälte zu gewöhnen anstatt mich dagegen zu wehren.

Vorsichtig drehte ich den Kopf nach links und schaute raus auf den schwarzen, tobenden See. Bei diesem Anblick verging mir die Lust zum Leben.

"Ich rate Ihnen sich zuvor zu entkleiden. Es wird Ihnen nicht gestattet sein nach dem ersten Kältetraining neue Anziehsachen zu holen. Sie werden Ihre Marke auf dem Boot deponieren und sich danach unmittelbar zurück ans Ufer begeben. Wenn die Gruppe vollzählig wieder zurück ist und in einer Linie vor mir steht, ist es Ihnen gestattet sich wieder zu bekleiden."

Ich hatte sowas von überhaupt keinen Bock darauf und hoffte im Moment bloss, das Ganze zu überstehen ohne ohnmächtig zu werden. Die Performer Gruppe B wurde heute morgen noch verschont, ihnen stand diese Übung erst am Nachmittag bevor, wenn immerhin die Sonne schon schien.

Sturms Blicke schweiften erneut durch die Gruppe. Er musterte jeden von uns genauestens, um uns mit seinem strengen Blick verstehen zu geben, dass wir uns alle zusammenreissen sollten. Es kam mir so vor, als würde sein Blick besonders lange auf mir haften. Er wusste, dass ich Mühe mit der Kälte hatte.

Er trat anschliessend zur Seite, gab uns mit einem kurzen Nicken die Starterlaubnis. Dann stürmten wir los.

Ich war nun doch ganz froh darüber, dass es noch dunkel war, als ich mich auszog und dann schnell ins Wasser rannte.

Die Kälte schleuderte mich fast in eine Schockstarre. Es war mir nahezu unmöglich zu atmen. Ohne mich an die plötzliche Kälte zu gewöhnen, begann ich mich schnell zu bewegen, um dieses Scheissboot möglichst schnell zu erreichen.

*Reiss dich zusammen! Du kannst jetzt nicht ohnmächtig werden!*

Alles in mir sträubte sich auch nur eine einzige Sekunde länger in dieser menschenfeindlichen Kälte zu bleiben. Verzweifelt versuchte ich mich auf meine Atmung zu konzentrieren.

Als ich das Boot nach einer gefühlten Ewigkeit total ausser Atem endlich erreichte, versuchte ich das Geländer zu greifen, um mich daran hoch zu ziehen. Doch meine Griffkraft war dahin, meine Finger waren zu taub. Ich fiel wieder zurück ins Wasser. Verzweifelt versuchte ich es nochmal, und als ich meine Hand emporstreckte, fühlte ich einen festen Griff um mein Handgelenk, der mich hoch zog. Als ich das Geländer auf Brusthöhe hatte, konnte ich mich dann selbst auf's Boot hieven.

Ich schaute auf und sah Rico vor mir. Er verschwand jedoch im selben Moment hinter den schwarzen Flecken, die sich vor meinen Augen bildeten.

Mir wurde plötzlich ganz heiss. Das rauschende Wasser hörte ich nur noch weit entfernt.

"Bleib hier, Valeria!"
Rico schlug mir auf die rechte Wange, während er meine linke mit der anderen Hand festhielt und mich so auf den Beinen hielt. Für einen kurzen Moment war er mir mit seinem Gesicht ganz nahe. Die schwarzen Flecken verschwanden langsam und ich  konnte seinen ernsten Gesichtsausdruck wage erkennen. Er sah mir tief in die Augen.
"Atme tief durch, du kriegst das hin!"

Discipline and Desire - An der Seite des MentorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt