Kapitel 10

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POV Valeria

Durchs Autofenster beobachtete ich die vorbeiziehenden Berge. Dichter Nebel haftete stellenweise an ihnen. Die untergehende Sonne liess die trübe Landschaft in einem dumpfen, warmen Licht erscheinen.
Bereits vor Abfahrt hatte ich angefangen meinen Blick stets zu Boden gerichtet zu halten. Ich hatte, seit wir im Auto sassen, auch kein Wort mehr gesagt. Nicht zu sprechen würde mir nicht schwer fallen. Darin war ich von den ZEUSS her geübt. Dennoch brannte mir eine Frage auf den Lippen.
"Sir?" fragte ich schüchtern, ohne zu ihm hoch zu schauen.
"Ja?"
Im Augenwinkel sah ich, wie seine linke Hand die untere Hälfte des Steuerrades locker festhielt. Die rechte Hand lag auf dem Schaltknüppel.
"Ist das... Ein Teil meiner Bestrafung? Dieser Ausflug in dieses Lokal?"
"Kommt darauf an. Womit hast du denn mehr zu kämpfen? Mit diesem Ausflug oder dem Kontaktverbot zu Rico?"
Ich war mir nicht sicher, ob seine Frage rhetorisch gemeint war.
"Ich... Ich dachte eigentlich, meine Bestrafung war, dass ich gestern.... Dass Sie mich gestern nicht..."
Ich stoppte mein Gestotter, als ich ihn schmunzeln hörte.
"Dass ich dir gestern entzogen habe, worauf du dich seit anfangs Jahr schon freust? Nein, das war keine Bestrafung. Dein Regelverstoss hat mich nur dazu veranlasst, ein bisschen mit dir zu spielen. Man könnte es als Disziplinarmassnahme bezeichnen."
Er setzte eine Pause ein, atmete tief durch.
"Es ist nicht meine Absicht dich mit diesen Kreisen vertraut zu machen. Dass wir irgendwann durch einen unglücklichen Zufall dennoch auf Bekanntschaften aus meiner Vergangenheit treffen oder in ähnlichen Etablissements stranden, ist nur eine Frage der Zeit. Ich möchte, dass du darauf vorbereitet bist. Dass sich dieser Ausflug bereits jetzt als Bestrafung anbietet, ist eigentlich ein glücklicher Zufall."
Ich schaute runter auf meine Finger. Seine Worte hatten mich eher verwirrt als meine Frage wirklich beantwortet, dennoch nickte ich.
"In Ordnung. Danke für die Antwort, Sir."

Wenig später parkierte er seinen Wagen auf einem Schotterparkplatz vor einem Gebäude, das mich etwas an einen Bauernhof erinnerte. Er stieg aus und kam auf die Beifahrerseite. Gerade wollte ich mich abschnallen, als mir in den Sinn kam, dass ich ja nichts anfassen sollte. Er öffnete die Beifahrertür, beugte sich über mich, löste den Sicherheitsgurt, woraufhin ich ausstieg.

Ich war etwas überrascht, als wir das Etablissement betraten. Die Inneneinrichtung war komplett anders, als ich sie mir vorgestellt hatte. Wenn ich nicht gewusst hätte, was das für ein Ort war, hätte ich mich hier wirklich sehr wohl gefühlt. Zu unserer linken war ein Tresen aus dunklem Holz, weiter hinten standen elegante Sessel, vor ihnen auf dem Boden lagen Kuhfelle. Warmes Licht erleuchtete die Räumlichkeiten, wenn auch nur spärlich.
Sascha legte seine Hand auf mein Kreuz und führte mich zur Bar. Es war wirklich schwer meinen Blick davon abzuhalten weiter durch den Raum zu wandern. So versuchte ich mich auf den Boden und meine Füsse zu konzentrieren.

"Sascha!"
Ich zuckte fast zusammen, als ich die laute Stimme des Fremden hörte.
"Wie lange hab ich dich schon nicht mehr hier oben gesehen?! Was kann ich dir bringen?"
Als wir am Tresen ankamen, setzte sich Sascha auf einen der hölzernen Barhocker. Ich stellte mich direkt neben ihn und schaute weiterhin nach unten, auf Saschas säuberlichst geputzte, schwarze Stiefel. Mit einem Fuss stand er auf dem Boden, der andere stellte er auf die Holzverstrebung des Barhockers. Meine eigenen Schuhe sahen daneben fast schon lächerlich aus. Schmutz und Dreck haftete an ihnen, sogar ein nasser Grashalm hatte sich zwischen den Schnürsenkeln verfangen.
"Einen Single Malt und..." Ich fühlte Saschas Hand, die sich um mein Kinn legte und mein Gesicht zu seinem drehte, damit ich ihm in die Augen schauen konnte.
"Und einen Caiphirina" sagte er kurz und knapp, während er mir in die Augen sah. Ein wages Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich hörte, dass Sascha mir einen Caiphirina bestellte.
"Danke, Sir" flüsterte ich so leise, dass nur er es hören konnte.
Ohne mir eine Antwort zu geben, schweifte sein Blick wieder zurück zum Mann hinter der Bar. Dann liess er mein Kinn wieder los und mein Blick wanderte wieder zu Boden.
"Wohl erzogen, dein Mädchen!"
"Natürlich ist sie das" meinte Sascha beiläufig.
"Zeig mir mal dein Gesicht, Kleine."
Zögerlich drehte ich meinen Kopf etwas nach oben und versuchte Saschas Blick zu erhaschen.
"Erwidere seinen Blick, Babygirl. Zeig ihm deine wunderschönen Augen."
Während Sascha zu mir sprach, legte er wieder beruhigend seine Hand auf meinen Rücken und zog mich etwas zu sich. Langsam blickte ich dann auf und schaute in die Augen des Barkeepers, der mein Gesicht musterte und seinen Blick dann zu Sascha schweifen liess.

Discipline and Desire - An der Seite des MentorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt