Kapitel 15 -Eine Entscheidung-

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Nanako:

Sie war begeistert von dem Zulauf der vielen Zuschauer, die ihren Sugawara anfeuerten. Sie selbst versuchte am lautesten zu jubeln, ohne wirklich aufzufallen, was ihr in der Maße der Schülerschar auch gelang. Ihr Bruder dagegen hatte sich etwas entfernt hingesetzt. Auch wenn er es nicht zugeben konnte oder mochte, fesselte ihn das Spiel ungemein. Vielleicht erinnerte er sich, wie es sich anfühlte, selbst auf dem Feld zu stehen, denn ab und an, wenn ein wirklich riskanter Spielzug vorbei war oder ein besonders langer Ballwechsel endete, lugte Nanako zu Seiji herüber und erkannte, dass er ein wenig unruhig wirkte. Doch sie war zu sehr damit beschäftigt, das Team anzufeuern, dass sie ihre Gedanken bezüglich ihres Bruders verwarf.

Denn wenn es ihm keinen Spaß machen würde, könnte er schließlich jederzeit gehen. Er war schließlich alt genug. Und so entging ihr der braunhaarige junge Mann ebenfalls, welcher gerade mal zwei Reihen weiter hinten ihrem Bruder saß und immer wieder seinen Blick vom Spielfeld abwandte. Vielleicht würde sie Suga-San einen Glücksbringer schenken, wenn das Team in die nächste Runde kommen würde. Zumindest würde sie ihn live anfeuern, dass stand fest.

Seiji:

Die Nummer 10 hatte es wirklich drauf. Er war zwar, was die Verteidigung anging, eine komplette Null, aber die Energie, welche der Kleine immer wieder in den Angriff legte, ließ Seiji fasziniert das Spiel verfolgen. Auch die Nummer 9 hatte wirklich Talent, denn um bei einem solchen Wirbelwind mithalten zu können, musste man nicht nur seine Ausdauer stärken, sondern auch strategischer als üblich zuspielen. Aktuell spielten die beiden mehr aus der Intuition heraus, was ihnen schnell den Hals brechen konnte, wenn sich das gegnerische Team an ihren Rhythmus anpasste.

Doch auch der Rest der Mannschaft war recht erfinderisch, was vermutlich auch der Grund war, warum dieses Team von Absteigern endlich mal wieder ein Hoch hatte. Dank Nanako, wusste er mittlerweile fast alles, was es über die Karasuno zu wissen gab. Wissen, welches er sich selbst nicht angehäuft hätte. Doch es war sicherlich klug, auch die zukünftigen Generationen im Auge zu behalten.

Schnell schüttelte er den Gedanken aus seinem Kopf. Warum sollte er zukünftigen Generationen im Auge behalten? Er spielte nicht mehr. Er war nicht länger aktiv in dieser Sportart. Er war nun ein ganz normaler Büroangestellter, der im Mahlwerk des Unternehmens seine Zeit absitzen würde, bis er ausgebrannt, wie alle anderen vor ihm auch in den Ruhestand wechselte oder mit einem Leichensack aus dem Gebäude getragen wurde. Das war nun einmal der weg seiner Familie und er hatte nicht vor, schon wieder mit ihren Idealen zu brechen.

Er wollte nicht länger auf sich alleine gestellt sein, wenn eine ganze Familie als Rückhalt zur Verfügung stand, wenn er sich nur fügte. Natürlich waren seine Eskapaden bezüglich des kürzlich abservierten Kellners und seine Avancen gegenüber dem braunhaarigen Zuspieler ToruOikawa, alles andere als hilfreich bei der Umsetzung dieses Zieles, doch alte Gewohnheiten und gelüste ließen sich nicht so leicht abstellen. Ein Grund, warum er Diäten hasste. Und Oikawa, war nun einmal der Schokoladenkuchen mit Sahne, den er nicht essen durfte.

Sich jedoch das Spiel anzuschauen, war jedoch keine ideale Alternative, denn Volleyball war das rote Tuch oder auch der Karamellpudding seines Lebens. Ungesund und alles andere als leicht.

Im letzten Satz konnte sich Seiji seinen Kommentar zu der kleinen Nummer 10 nicht verkneifen und etwas lauter zu sich selbst, knurrte er ein „Wer hätte das gedacht". Dabei zog er seine Kappe, die er schon den ganzen Tag trug, etwas tiefer ins Gesicht, verschränkte die Arme vor der Brust und gab ein schnaufendes, unterdrücktes Lachen von sich.

Es juckte ihn in den Fingern, den Ball selbst zu spielen und den Gegner am Boden rumrutschen zu sehen, wenn er eine Finte spielte und selbst den Ball dicht vor dem Netz hinab schlug. Soweit er wusste, gab es in Miyagi einen Volleyballverein für ein etwas älteres Kaliber. Vielleicht würde er einfach mal die Tage vorbeischauen und es sich ganz unverbindlich ansehen. Ansehen kostete ja schließlich nichts und der Arzt hatte ihm nach der Reha selbst mitgeteilt, dass er sich etwas bewegen sollte.

Ein Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab, als er sich erhob und in die Richtung der anderen Tribüne verschwand, auf dem Nanako saß und ihren liebsten anfeuerte. Ob sie wohl jemals mit ihm reden würde, mit diesem Sugawara?

Toru:

Um sich etwas abzulenken, hatte er sich unauffällig zum Spiel geschlichen. Mit einer leichten Verkleidung setzte er sich etwas abseits zu den jeweiligen Fan-Tribünen und versuchte dem Spiel aus der letzten Reihe zu folgen. Er hatte extra gewartet, bis alle anderen schon saßen, bevor er sich seinen Platz ausgesucht hatte, um nicht aufzufallen.

Ihm jedoch fiel vieles auf und er stockte, als er einen kräftigen Mann einige Reihen vor sich sah. Er konnte das Gesicht des Mannes nicht erkennen, doch er kam ihn unglaublich bekannt vor. Immer wieder starte Toru den Fremden an und ließ das laufende Spiel dabei aus den Augen. Zumindest bis Iwaizumi ihn ansprach und sich ungefragt neben ihn setzte.

Nervös nibbelte er mit seinen Beinen, versuchte nicht den Fremden anzustarren, um herauszufinden, was sein Unterbewusstsein ihm sagen wollte. Doch jedes verdammte Mal, wenn der Mann sich anders hinsetzte, die Schultern kreisen ließ zur Entspannung oder sich sonst wie bewegte, konnte Toru nicht anders als herüber zu linsen. Dabei hoffte er inständig, dass Iwaizumi ihm nicht auf die Schliche kam. Es durfte einfach nicht sein, dass seine Neigung zu Männern, die er anscheinend hatte, bekannt würde. Er selbst wollte es sich ja noch nicht einmal eingestehen. Vielleicht war es auch seine Libido, die ihn dazu verleitete, immer wieder zu dem Fremden hinzusehen und nicht sein Unterbewusstsein. Vielleicht hatte dieser Abend in der Bar in ihm mehr als einen erheblichen Brechreiz zutage gefördert. Vielleicht stand er ja schon immer auf Männer?

Wussten seine Eltern es vielleicht und behandelten ihn deswegen so? Wie würde ihn Iwaizumi behandeln, wenn er es wüsste? Stand er auf den Typ Mann, der vor ihm saß? Er hatte Angst, es herauszufinden. Er wollte nicht auch noch die wenigen Menschen, die ihn bewunderten und anschmachteten, vor den Kopf stoßen. Er wollte gesehen werden, nicht ausgegrenzt. Wenn er wirklich auf Männer stand, durfte das nie jemand erfahren. Erst recht nicht Iwaizumi!

Doch kaum hatte er den Entschluss gefasst, schlug ihn Iwaizumi auf den Hinterkopf und raunte ihm leise zu, dass er gefälligst nicht so grimmig schauen sollte und dass er selbst schuld sei, dass nun Kageyama auf dem Feld stand und nicht er.

Haikyuu FF -Kann es wirklich Liebe sein?-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt