Kapitel 28 -Hunger -

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Oikawa, Toru:

Nach knapp zwei Stunden etlicher Zurecht- und Anweisungen gegenüber seiner Haltung, seiner Technik und seines Standes lag es 63 zu 19 für ihr Team.

Angepisst und stolz zugleich ließ er sich erschöpft auf einer der Bänke nieder. Das ständige Korrigieren ging ihm wirklich auf die Nerven und noch mehr nervte es ihn, dass er tatsächlich, wenn er sich an diese Anweisungen hielt, besser spielte. Sato-San hatte wirklich viel Erfahrung, das wusste er. Auch wusste er, dass Sato-San vermutlich der bessere Spieler von ihnen beiden war, dennoch konnte und wollte er sich nicht wie ein Püppchen herumkommandieren lassen.

Vielleicht lag es daran, dass er 18 Jahrealt war oder aber es lag einfach daran, dass es Sato-San war, der die Anweisungen gab. So oder so gefiel es ihm nicht. Eine gute Miene zum bösen Spiel machte er trotzdem.

Leise knurrte sein Magen. Seit der Mittagspause in der Schule hatte er nichts mehr gegessen und er hatte sicherlich nicht damit gerechnet, dass er sich so viel bewegen musste. Die Tatsache seines Hungers wollte er allerdings nicht vor Sato-San ansprechen, der vermutlich einer seiner blöden Sprüche wieder loslassen würde. Also behielt er es für sich.

Er musste sich schließlich nicht auch noch bei so etwas die Blöße geben. Als Toru jedoch aufstehen wollte, um sich für einen weiteren Satz zu stretchen, hörte er die vollmundige Stimme Sato-Sans und ein leichter Schauer kroch ihm über den Rücken.

„Leute, ich habe echt langsam Hunger, außerdem holt ihr die Punkte sowieso nicht wieder rein, ..." Takinoue-San fing anzulachen und Shimada-San rollte mit den Augen, „daher schlage ich vor, wir beenden das Spiel jetzt, ich baue das Netz ab und dann wischt Yusuke-Kun den Boden! Irgendwelche einwende?" Takinoue-San stöhnte einmal kurz verzweifelt auf, doch mehr einwende oder Laute kamen nicht. Damit war es beschlossen.

Shimada-San verschwand genauso wie Toru in der Umkleide. Nach einer kurzen Dusche zog er sich genauso schnell an und trat zurück in die Halle. Sato-San, schwang noch schnell den Wischmopp und half Takinoue-San alles zu verstauen, bevor er selbst Richtung umkleide joggte.

Er war in Versuchung, einfach zu gehen, doch die Stimme Sato-Sans hielt ihn zurück.

„Ich bin noch nicht fertig mit dir, mein lieber." Diesmal lief es Toru kalt wie Eis, den Rücken herunter und seine Schulterpartie verkrampfte sich merklich. Hatte dieses Treffen doch nichts mit Volleyball zu tun? Seine Kiefer pressten sich fest aufeinander, seine Augen weiteten sich leicht. Sein Körper verspannte sich. Schon kurze Zeit später, zumindest kam es ihm nicht gerade lange vor, kam Sato-San aus der Umkleide. Seine Haare waren noch leicht feucht, sein violettes Hemd trug er leicht aufgeknöpft. Seine dunkelblaue Anzugshose und das passende Sakko saßen an ihm wie maßgeschneidert. Was sie vermutlich auch waren. Die Sportschuhe, die er immer noch trug, waren ein starker Kontrast dazu und machten seinen Aufzug nicht ganz so formell.

Toru kam sich in seinem Rollkragenpullover in Schwarz und der einfachen Jeans schon beinahe neben Mister Perfekt fehl am Platz vor. Und wieder setzte sich das Gedankenkarussell in Betrieb. Wie konnte nur ein gutaussehender Mann, der eindeutig in den oberen Gehaltsklassen lag, nur etwas von ihm wollen. Selbst sein eigener Vater hatte ihm mehr als einmal klar gemacht, dass er nichts besaß, außer seinem Namen, weshalb man ihm in dieser Welt der Reichen auch nur registrieren sollte.

Er war ein Nichts ohne den Namen Oikawa und er war es vor allem nicht wert, sich in diesen Kreisen aufzuhalten. Nun wusste Toru, dass sein Vater diese Einstellung nicht vertrag, weil er Volleyballspieler aus Leidenschaft war, sondern weil er das war, was er ist, und zwar ein Nichts. Das Gefühl von Schmerz und Traurigkeit stieg in ihm auf, doch er schluckte es hinunter.

Wenigstens wusste er, dass es nicht am Volleyball lag und er sich daher nicht entscheiden musste, was er mehr wollte. Wenn er so zurückdachte, waren seine Leistungen im Volleyball vermutlich das Einzige, was sein Vater am ihm mochte. Würde er sich also in dem Sport weiter verbessern, könnte er vielleicht eines Tages seines Vaters Anerkennung erhalten.

Das würde jedoch bedeuten, dass er sich erheblich verbessern musste. Einzelne Anweisungen von Sato-San kamen ihm zurück ins Gedächtnis und für sich alleine räumte er ein, dass er durch ihn wirklich besser gespielt hatte. Wenn Sato-San also eine körperliche Beziehung haben wollte, konnte er es sicherlich ausnutzen, um das Wissen dieses guten Spielers sich selbst anzueignen.

Schwer atmete er aus. War sich unsicher, wie er es am besten ansprechen sollte. Sein Magen zog sich vor Hunger leicht zusammen und sein Magengrummeln wurde lauter. Eine Hand, die vor seinem Gesicht herumfuchtelte, ließ ihn zusammenzucken. „Ich weiß ja, dass ich gut aussehe, doch bisher habe ich es noch nie geschafft, dass jemand so dabei wegtritt wie du." Torus Gesicht wurde brennend heiß und schnell wendete er seinen Blick ab. Er hatte gar nicht gemerkt, dass er Sato-San angestarrt hatte und versuchte sich mit einem „Ich war nur in Gedanken und sie im Weg." Von seinem rötlichen Gesicht abzulenken.

„Mein Aussehen war also deinen Gedanken an mich im Weg?" Wie war das? Fragte sich Toru, der nun komplett aus der Bahn geworfen wurde. Ein gestammeltes „Nein so war es nicht." Ging im Gelächter Sato-Sans unter. Und um den Bock fett zumachen, grummelte Torus Magen nun so laut, dass es jeder in der Halle hören konnte. Zu seinem Glück oder Unglück, waren nur noch er und Sato-San dort, der sich jetzt erst recht nicht mehr vor Lachen halten konnte.

Ungewollt gefiel ihm Sato-Sans lachen, es erfüllte ihn mit Freude und auch aus ihm brach ein Lächeln hervor, welches er sogleich hinter seinen Handrücken verbarg. Sato-San schien es jedoch bemerkt zu haben, den er schüttelte nur leicht den Kopf, grinste ihn schelmisch an und das Funkeln in Sato-Sans Augen ließ Torus Herz einen Augenblick aussetzen. Er wusste nicht, was es war, doch es fühlte sich merkwürdig an.

Leicht weiteten sich seine Augen, sein Atem, den er angehalten hatte, verließ langsam seinen Körper. Er wusste nicht, was mit ihm los war, warum er so reagierte. Verwirrung wie so oft in den letzten Tagen stieg in ihm auf.

Wie oft musste er es noch zu sich selbst sagen, bis er und vor allem sein Körper es glaubte, dass er nicht auf Männer stand? Und selbst wenn er eine körperliche Beziehung mit Sato-San eingehen würde, wäre es sicherlich nicht, weil es ihm gefiel, sondern nur damit er bekam, was er wollte. Er hatte sich schließlich selbst davon überzeugen können, dass er besser durch Sato-Sans Coaching werden konnte. Was machte es also, wenn er seinen Körper dafür verkaufte? Es würde ja nicht bedeuten, dass er vom anderen Ufer war, sondern nur, dass er etwas hatte, was er eintauschen konnte.

Nutzte ein Oikawa nicht stets alles, was er hatte, um an sein Ziel zu gelangen? War es wirklich so unmoralisch, wie es sich bei dem Gedanken daran anfühlte? Er fing an, an seiner Unterlippe zu kauen. Das Klopfen auf seine linke Schulter ließ ihn wieder zusammenzucken.

„Na komm, bevor du anfängst, noch dich selbst aufzuessen, sollten wir lieber etwas essen gehen." Dabei schob ihn Sato-San in Richtung Ausgang, löschte das Licht, schloss hinter ihnen die Tür der Sporthalle und schloss ab. Er zeigte auf einen Wagen, der ganz in der Nähe stand und kurz schaute Toru hinüber zu seinem Fahrrad.

„Keine Sorge, es kann hier solange stehen bleiben, verstau lieber deine Tasche im Kofferraum." Wieder glitzerte etwas in Sato-Sans Augen auf und Toru fiel es schwer hinüber zu dem Fahrzeug zu schlendern ohne dass sein Blick an den Mann hängen blieb, der ihn so unglaublich attraktiv anlächelte.

Haikyuu FF -Kann es wirklich Liebe sein?-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt