Kapitel 2 - Die keine Schwester -

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Nanako:

Seit zwei Jahren war sie nun in den Zuspieler mit den grauen Haaren verliebt. Sie hatte für ihn extra die Schule gewechselt, um ihrem Schwarm nahe zu sein. Sie stalkte ihn mehr oder weniger täglich, ohne dass er etwas davon mitbekam. Und begonnen hat alles an jenem Tag vor zwei Jahren, drei Monaten und elf Tagen. Sie erinnerte sich noch genau an diesen regnerischen Tag. Sie hatte am Vortag die Taekwando-Meisterschaft der Präfektur gewonnen und war gerade dabei, ihr Blumengesteck für den Ikebana-Wettbewerb ihrer damaligen Schule abzugeben, als sie die Mädchen und Jungs ihrer Klasse hörte.

Sie ließen sich wie so oft über ihr, alles andere als mädchenhafte verhalten aus. Es tat weg, ihnen zuzuhören, dennoch versuchte Nanako sich nichts anmerken zulassen. Stattdessen setzte sie eine fröhliche Mine wie immer auf und trat den Heimweg an. In ihren Händen hielt sie immer noch das Blumengesteck, welches sie eigentlich für den Wettbewerb abgeben wollte.

Krampfhaft hielt sie das Gesteck in den Händen, bis ihre Fingerknöchel weiß anliefen. Erst da wollte sie es auf den Boden zerschellen sehen. Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie ausholte. Eine ruhige, leicht tadelnde Stimme drang an ihre Ohren, bevor sie auch nur daran denken konnte, ihren Händen den Befehl zum loslassen zu geben. Ein grauhaariger Junge kam auf sie zugelaufen und nahm ihr bestimmend das Blumengesteck aus den Händen.

Dabei sah er ihr in die Augen und fragte sie ganz direkt, wie sie nur auf den Gedanken kommen konnte, ihr Kunstwerk auf den Boden zerschellen zulassen? Allerdings konnte sie ihm nicht antworten. Tränen liefen ihr unaufhörlich über die Wangen, und ehe sie sich versah, heulte sie schamlos auf, wischte sich unaufhörlich mit den Ärmeln ihres Schulblasers über die Augen und das Gesicht, bis sie eine etwas schüchterne Umarmung spürte. Es wirkte distanziert und dennoch fühlte Nanako sich zum ersten Mal wirklich von einem anderen Menschen als ihrem Bruder gemocht.

Als sie sich wieder beruhigt hatte, ließ der Grauhaarige sie los und sah sie etwas mitleidig an, doch dass machte Nanako nichts aus. Stattdessen entschuldigte sie sich bei dem jungen Mann und setze ein schiefes Lächeln auf. Für eine Japanerin waren solche Gefühlsausbrüche ein No-Go, vor allem in ihrer Familie. Dementsprechend war es ihr genauso peinlich wie dem jungen Mann vor ihr, der immer noch verlegen das Gesteck für den Ikebana-Wettbewerb in Händen hielt.

Erneut entschuldigte sie sich, als er ihr das nach einer schier unendlich langen Zeit, indem sie beide auf ihre Schuhspitzen gestarrt hatten, das Blumengesteck überreichte. Immer noch verlegen wandte sich Nanako ab und lief zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war. Sie hatte damals ihren Gefühlsausbruch nicht erklärt und sich auch nicht, wie es sich gehört hätte, dem jungen Mann, der so freundlich zu ihr war, vorgestellt. Stattdessen ist ihr der Schriftzug auf seiner Jacke in Erinnerung geblieben.

Und kurz nach dem das unsagbare Schuljahr zu Ende war, wechselte sie an die Schule, dessen Schriftzug die Jacke des jungen Mannes geziert hatte. Denn war die Gesellschaft eines Fremden, der nett zu ihr war, nicht besser als die Gesellschaft gehässiger reicher Schnösel, die sie niedermachten? Und leichter als gedacht fand sie den grauhaarigen Sportler auf ihrer neuen Schule recht schnell wieder. Zu schüchtern jedoch, um ihn anzusprechen, da ihre Sozialkompetenzen durch jahrelanges Mobbing nicht gerade einwandfrei waren und ihre letzte Begegnung mit dem Grauhaarigen ihr immer noch peinlich war, beobachtete sie ihm zunächst einmal aus dem verborgenem heraus.

Und so beobachtete Nanako also nun täglich, auf dem Gelände der Karasuno High nun den Ersatzsetter und Vizekapitän des Karasuno Volleyballteams KoshiSugawara kurz Suga-san. Und ihre liebe entbrannte bereits nach ihrer zweiten Begegnung mit ihm, als sie erneut in seine haselnussbraunen Augen und sein sanftes Lächeln sah.

Natürlich waren Nanakos Eltern alles andere als begeistert, als sie von einer Eliteschule zu einer gewöhnlichen Oberschule in einem Provinznest wechselte. Dennoch waren sie froh, ihre Tochter, die nicht so ganz in ihren Lebensstil passte, etwas abseits zu wissen, weshalb ihr Protest recht gering aus viel. Lediglich ihr Bruder Seiji war alles andere als begeistert von ihrem Plan, doch auch er würde sich schon bald an diese Gegend gewöhnen. Zumal es hier viele talentierte Sportler gab, die er sich ungewollt mit ihr ansehen würde.

Sie wusste, dass ihr Bruder mit dem Volleyball gebrochen hatte, wollte es jedoch nicht akzeptieren, vor allem jetzt nicht, nach dem sie sich durch Suga-san doch tatsächlich für einen andern Sport interessierte als Taekwondo. Auch wenn sie ihren eigenen Sport weiter betrieb, war sie nun auch einer der ersten Fans der Karasuno Volleyballmannschaft. Was das Versteckspiel mit Suga-san nicht gerade leicht machte, da bis vor einigen Monaten die Seite der Karasuno Fans Leerwaren. Doch mit ihren gerade mal 1,67 m ließ sich da schon was machen.

Liebe machte halt erfinderisch und ihren Bruder würde sie auch noch in die richtigen Bahnen lenken, damit er ihr half, einen Zugang zu ihrem geliebten Volleyballspieler zu bekommen. Den Nanakos Motto war das getreu Cäsars "Veni, vidi, vici.. Ich kam, ich sah, ich siegte", doch leider saß sie aktuell beim "vidi" fest. Was Cäsar wohl davon gehalten hätte? Doch derlei Gedanken konnte sie sich wirklich nicht leisten, denn ihr Ziel musste nun so schnell erobert werden, wie es nur ging, da Nanako demnächst ins dritte Schuljahr der Oberstufe kam und Suga-san von der Karasuno abgehen würde.

Es würde mit den täglichen stalken aus sein und der kommende Entzug wäre wahrlich alles andere als schön für ihre sich nahezu langsam aufbauende Sozialkompetenz. Die sie sich dank der nun neuen Fans des Karasunos Volleyballteams aufbaute. So langsam verstand sie, warum die Gemeinschaft der Fans AobaJohsai so stark waren. HitokaYachi, die neue Managerin, war zudem so etwas wie eine Freundin für sie geworden, auch wenn Nanako nicht viel von Freundschaften verstand. Genauso wenig, wie sie das Spiel namens Volleyball verstand, auch wenn sie sich wirklich mühe gab. Die Regeln und Formationen wollten sich ihr einfach nicht erschließen.

Um so wichtiger war es ihr, dass ihr geliebter Bruder auf das Feld und in ihr leben zurückkehrte. Sein geballtes Wissen und sein Talent waren in dem Konzern ihrer Eltern einfach verschwendet. Und wie hieß es schließlich so schön "Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt". Glück ist relativ und jeder ist seines Glückes Schmied. Und das "Vici" lag in dieser Familie, zu der sie nun einmal gehörte, einfach im Blut.

Haikyuu FF -Kann es wirklich Liebe sein?-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt