Kapitel 13 I Beschuldigungen

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Elisabeth wachte durch einen großen Krach auf.

"Wir müssen die Mörderin finden! Wir müssen sie ausräuchern! Die Mörderin und all ihre Komplizen werden sterben!" Applaus brannte auf. Die Freude der Zuhörer fand sich in ihrem Rufen der Zustimmung wieder. In Rufen der Freude zu töten.

Elisabeth drückte sich vom Bett hoch und sah aus dem Fenster. Kampfbegierig blickte die Menge zu einer Person, die man im Schatten des Hauses nicht erkennen konnte. Als jedoch ein Gesicht nach oben wanderte, warf sie sich schnell auf den Boden. Bloß nicht entdeckt werden! Es konnte ihr nicht passieren! Sie musste sich gut verstecken!

"Elisabeth Grandler ist eine Mörderin. Mörder haben hier den Tod verdient. Ist das klar?" Die eiskalte Stimme redete leise, doch verständlich. Verständlicher, als es sich Elisabeth jemals gewünscht hätte.

"Ja!" Alle waren entzückt. Sie war nun die angebliche Mörderin. Doch was war mit den Leuten, die sich nun zu ihrem Tod verschworen? Würden diese, sobald sie ihr Ziel erreichten nicht auch Mörder sein? Dachten sie nicht daran?

Ihr Herz hämmerte gegen die Brust. Nein, keiner dachte an die Folgen. Jeder wollte nur noch eines: ihren Tod. Allein die Gesichter, die sie draußen erkannte, konnten jedem das Fürchten lehren. Die friedlichsten Menschen voller Hass. Grundlosem Hass. Doch wie sollte sie da alles erklären? Würde ihr jemals jemand glauben? Wenn ihr doch schon jetzt niemand glaubte ...

Noch ein Blick aus dem Fenster bedeutete ihr, dass das seltsame Funkeln in den Augen nicht verschwand, nein, es vergrößerte sich. Dieser Wahn, der die Leute nicht zu Mördern, sondern zu Rächern machte. Sie dachten daran, etwas Gutes zu tun. Mord war für sie die einzige Erlösung der Stadt.

Die Tür quietschte leise und sie drückte sich, mitsamt ihrem Hab und Gut, jedenfalls dem was davon übrig war, unters Bett. Hoffentlich würden sie sie nicht finden ... Oh, wäre sie bloß bei Melanie geblieben! Selbst eine Verhaftung konnte nicht schlimmer sein als eine Minute lang diese Menschen in ihrem Haus aushalten zu müssen, ohne etwas dagegen tun zu können.

Unter ihr knallte es laut. Vermutlich ihr altes Sofa, das sie aus ihrem alten Haus mitgenommen hatte. Was sie wohl noch alles zerstören wollten? Bestimmt alles, wie es sich anhörte. Papier riss, Beton brach, Glas splitterte. Sie fragte sich, wie man die Scherben ihres Hauses noch weiter zertrümmern konnte.

"Ins Schlafzimmer. Los!", ertönte ein Schrei von unten. Hoffentlich würden diese Meute sie nicht entdecken! Elisabeth rückte immer näher an die Wand, auch wenn sie schon kaum Platz zum Atmen hatte. Wie sollte sie es hier nur ertragen, bis alle weg waren? Doch sie musste es.

Mit Gewalt stürmten ihre Nachbarn in ihr Zimmer. Schränke wurden umgestoßen, Tische fielen in sich zusammen, selbst das Bett krachte, als jemand mit der Axt dagegen stieß. Nichts würde mehr von diesem Raum übrig bleiben, so wie nach dem Sommer auch ihr nichts mehr bleiben würde. Trümmer erfüllten nicht nur ihr Haus sondern auch ihr Leben. Alles schien in die Brüche zu gehen.

Vor Angst um ihr Leben bangend versuchte Elisabeth so wenig wie nur möglich zu atmen. Die Axt hätte sie fast ihrer Hand entledigt, doch sie musste sich einen Schrei unterdrücken. Diese Menschen schlugen blindlings um sich herum, aber sie wollte weder von einer Axt noch einem Messer getroffen werden. Stärker denn je drückte sie sich gegen die Wand. Die Angst durfte bloß nicht siegen. Sie musste es aushalten. Sonst ... Sie wollte nicht einmal an die Konsequenzen denken.

"Wir gehen. Wir werden sie aber noch finden. Wir finden sie bestimmt", die eiskalte Stimme donnerte nur so durch den Raum. 

Zum Mord bestimmtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt