Kapitel 16 I Feindinnen

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Elisabeth lehnte sich an die Wand. Ihr Herz hämmerte bis zu Hals. Hatte sie recht oder hatte sie sich getäuscht? Würde ihr Plan aufgehen? Würde alles genauso funktionieren, wie sie es geplant hatte? Bald würde sie es wissen. 

Kira sah sich um. Niemand war in Sichtweite. Es klingelte. Wer sollte sie bitte anrufen? Sie kannte doch kaum jemanden! Und wieso jetzt? Misstrauisch sah sie sich um. 

Elisabeth spannte sich an. Es wurde immer deutlicher. Nur eine oder zwei Minuten noch. Doch wenn sie sich irrte? Was dann? 

Kira holte das kleine Telefon aus ihrer Tasche. Während sie über den Bildschirm wischte, tauchten hinter ihr große Schwarze Schatten auf. 

Wieso schaltete sie das Handy nicht an? Elisabeth wunderte sich sehr. Es musste ihres sein! Es musste! Sie konnte sich nicht irren! Sie durfte sich nicht irren. 

Sichtlich nervös und verwundert versuchte Kira das Handy anzuschalten. Dann ging es plötzlich an und der Bildschirm tauchte auf. Endlich! Wieso musste dieses Gerät aber auch immer spinnen? Erleichtert wollte sie den Anruf annehmen, doch... 

Elisabeth zuckte zusammen, als die Schatten weiter vor traten. Hoffentlich würde ihr Plan nicht auffliegen! Hoffentlich irrte sie sich nicht! Hoffentlich ... 

Kira nahm den Anruf an. "Hallo?" 

Ja! Elisabeth jubelte innerlich. Sie hatte sich nicht geirrt! Alles ist so funktioniert, wie es sollte! Dieses 'Hallo' bedeutete viel mehr für Elisabeth, als nur eine Begrüßung. Es bedeutete die Freiheit. Es bedeutete, nicht mehr um ihr Leben zu fürchten. 

Kira zuckte zusammen, als sie mehrere Hände von hinten ergriffen. Was geschah nur mit mir? Wer war das? Was wollten sie von ihr? Wieso stießen sie sie nun herum wie ein kleines Kind? Sie war kein Kind! Sie war kein solches Baby wie Elisabeth! 

Innerliche Jubelschreie übertönten das qualvolle Gesicht Kiras, als sie auf den Boden gestoßen wurde. Elisabeth hatte es geschafft! Sie, die junge Studentin, auf die keiner hörte. Sie, die angebliche Mörderin! Sie, von der alle ihren Tod wünschten! 

Kira knallte hart auf den Boden. Blut zierte die Stellen, an denen ihre Knie das kalte Gestein berührten. Was war nur los? Wer schlug sie dort zusammen? Verbissen versuchte sie sich hochzukämpfen. 

Elisabeth hatte es geschafft! Sie und ihre allerbeste und nun einzige Freundin Melanie! Schon so lange nicht mehr konnte sie sich derart freuen! 

Kira drehte sich wie eine Wilde auf dem Boden. Das konnte alles nicht passieren! Nicht ihr! Das konnte nicht wahr sein! Immer war sie diejenige, die schlug, doch nun schlug man sie! Es musste ein Albtraum sein! 

Elisabeth drehte sich zu Melanie um und winkte fröhlich. Diese lächelte zurück. Alles war gewonnen! Der Kampf war zu Ende! Nun würde alles gut werden! 

Kira drehte sich wütend zur Seite und erblickte Elisabeth. Ihr rosiges Gesicht wurde blass und die überlegenen Züge wichen dem Zorn. Sie wollte Elisabeth nicht sehen. Dieses dumme, kleine Kind mit dem herzerwärmenden Lächeln. Diese naiven Handlungen. Dieser Glaube an das Gute auf der Welt. Kira hatte immer nur Zorn in sich getragen. Sie hasste dieses Liebliche, das nun wieder erschien. Oh, alles hatte sich gelohnt, nur um ein mal dieses zuckersüße Mädchen zum Weinen zu bringen, das alle so liebten. 

Elisabeth sah ihr noch nach, bevor sie davongetragen wurde. Sie war davon überzeugt, das richtige getan zu haben. Doch wie konnte eine Freundin sie so sehr hassen? Zum Glück hatte sie Melanie. Die verschrobene, manchmal sehr unhöfliche Melanie, die jedoch immer zu ihr gehalten hatte. So wie jetzt. 

Kiras Augen folgten Elisabeth, bis sie außer Sichtweite war. Hoffentlich hatte dieses kleine Biest genug gebüßt. Hoffentlich. Doch vielleicht wird sie noch einiges bereuen. Vielleicht würde sie bald wünschen, tot zu sein. Kiras Lächeln war kaum sichtbar und doch strahlte es aus ihrem Inneren heraus. Vielleicht. Oder bestimmt. 

Zum Mord bestimmtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt