Kapitel 8 I Zweifel

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Elisabeth sah grübelnd aus dem Fenster. Den ganzen Tag über war Melanie normal gewesen, wie immer. Keine seltsamen Vorkommnisse, keine abartigen Blicke. Wie konnte sie bloß jemals an ihr zweifeln? 

Plötzlich gingen die Straßenlaternen auf der anderen Seite aus, kurz danach auch die auf ihrer Seite der Straße. Was war bloß los? Stromausfall? Nein, in den Fenstern leuchtete noch helles Licht. Aber wie konnte das sein? 

Sollte Elisabeth nach unten gehen? Doch was, wenn einfach nur die Stromleitung etwas defekt war und die Zimmerlichter auch noch ausgehen würden. Hoffend blickte sie aus dem Fenster. Nun gingen auch die Lichter in Melanies Haus aus, doch in keinem der anderen. Seltsam, es schien so, als würde man nur versuchen, dieses eine Haus der Straße in die vollkommene Finsternis zu setzen. 

Was würde nun geschehen? Wer veranstaltete diesen Spuk? Und wo war bloß Melanie? Immer mehr Fragen bahnten sich in Elisabeths Kopf an. 

"Hallo?" Vorsichtig drehte sich Elisabeth im Raum herum. Im seichten Schein der Lichter gegenüber sah sie die Umrisse der Möbel, die augenblicklich länger und gruseliger wirkten. Noch einmal drehte sie sich um. Ein langer Schatten sah sie an. Sie wollte ihn von sich stoßen, doch er griff nach ihr. 

"Hilfe!" Ihr Schrei war kaum zu überhören, auch wenn sie ihn zu dämpfen versuchte, damit nicht jeder die Straße hinunter sie hörte. Dann sah sie genauer hin und atmete aus. Ein Spiegel. Ein kleiner blöder Spiegel, welcher ihr doch solche Angst einjagte. 

Immer noch keuchend drückte sie sich gegen die Wand und wartete. Wieso kam Melanie nicht? Sie waren doch Freunde! Sie musste einfach kommen! Wieso kam sie nicht? Plötzlich ertönte eine laute Musik. Klassik. Schwanensee. Sie liebte diese Musik. Nur nicht, wenn sie gerade in einem dunklen Raum mit tausenden Spiegeln festsaß. 

"Hallo?" Nun war selbst ihr Schreien nicht mehr zu vernehmen. Alles schein ausweglos. Sie musste hier raus! 

Vorsichtig ging sie an den Wänden entlang. Im Raum schien es tausende Türen zu geben, doch sie musste die richtige finden. Gegen einen Spiegel zu rennen würde nur noch mehr Zeit kosten. 

Da spürte sie die Klinke unter ihren Finger. Mit ganzer Kraft warf sie sich gegen die Tür, doch sie schien nicht aufzugehen. Die Tür war verschlossen! Sie würde hier drinnen sterben! 

Eine Person in schwarz gekleidet trat plötzlich durch die Wand. Sie fühlte sich, wie in dem Theaterstück gefangen. Die Musik, das fehlende Licht, alles konnte einfach nicht wahr sein! Alles musste ein Scherz sein! 

"Verschwinden Sie!", Angst wandelte sich in Zorn, welchen sie gegen die erschienene Person richtete, "Gehen Sie!" 

Es konnte keiner ihrer Nachbarn sein, diese hätten sie sicherlich schon angegriffen, es konnte niemand fremdes sein, dafür war dieses Spektakel viel zu gut vorbereitet. Wer war es? 

Die Musik wurde immer lauter, die Wände erbeten. Alle Spiegel spiegelten den geisterhaften Schatten in ihrem Zimmer wieder. Immer mehr Panik brodelte in ihr auf. Wo war bloß der Ausweg? Und wo war Melanie? Sie war doch ihre Freundin! Wieso kam sie nicht? 

Es war die gruseligste Stelle im ganzen Stück, noch dazu die hunderttausend Geister im Raum. Kein Licht und doch schein die Person zu leuchten. Sie leuchtete im diesem Spiegelsaal vor Dunkelheit, vor Bosheit. Theatralisch bewegte sie sich nach vorne, den Kopf stets gesengt. 

Immer stärker drückte Elisabeth ihren Kopf gegen die Wand, auch wenn er schon weh tat. Und die Person kam immer näher und drang immer weiter in ihren Kopf ein, der nur von diesem Geist und der schauderhaften Musik erfüllt war. Wo war bloß Melanie? 

Die Musik ging aus und das Licht an. Das Stück war beendet. Plötzlich nahm die geheimnisvolle Person die Kapuze vom Kopf. 

Zum Mord bestimmtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt