Kapitel 4 I Allein

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Vorsichtig schlich Elisabeth vom Bett zu ihrem Nachttisch. Zwölf Uhr. Eigentlich Zeit, um aufzustehen, doch sie wollte weder Gäste, die vor ihrer Tür lagen, noch welche, die vom Baum herunterbaumelten. Trotz allem blickte sie kurz aus dem Fenster.

Niemand. Kein einziger Mensch in Sichtweite. Und doch überall Dunkelheit. Dunkel? Sie blickte wieder auf die Taschenuhr. Zwölf. Vielleicht Vierundzwanzig? Nein, es wurde langsam hell. Was zur Hölle war denn los?

Etwas sauste an ihrem Knöchel vorbei und sie wollte krampfhaft die Nachttischlampe anschalten. Nachdem sie mehrere Minuten lang panisch auf den kleinen Knopf drückte, wurde es ihr klar. Jemand hatte den Strom abgestellt.

Ein harter Gegenstand knallte ihr auf die Füße und sie schrie. Mit großer Mühe, da sie sich nun nicht bewegen konnte suchte sie nach der Taschenlampe unter ihrem Bett. Was war bloß los? Und was hatte das alles hier mit den Morden zu tun? Denn eins war sicher, es hatte etwas damit zu tun.

Nach dem sie den kleinen Lichtschein zum Leben erweckt hatte, sah sie nach unten. Hoffnungslos so schnell würde sie nicht freikommen. Der Mettalschrank lag quer auf ihren Füßen und egal, wie sehr sie ruckelte, sie bekam ihn nicht einen Zentimeter hochgehoben.

Danach sah sie sich im Zimmer um. Verwüstung war durch den ganzen Raum verteilt. Sie fragte sich, wie jemand ihren großen Metallschrank und ihren Tisch ans andere Ende des Raumes ziehen konnte.

Plötzlich klapperten Schritte auf der Treppe. Wer war das wohl? Jemand, der in der Nacht durch ihr Haus spazierte, konnte niemand sein, der gutes wollte.

"Renn um dein Leben!", doch ihr Kopf schrie vergeblich nach Hilfe. Ihre Füße bewegten sich nicht einen Millimeter.

Die oberste Stufe quietschte und ihr Blick ging panisch durch den Raum bis zur Tür. Zu weit, um sie festzuhalten. Zu nah, um sicher zu sein. Kein Versteck in Sicht. Panik kam in ihr auf. Sie wollte nur noch aufwachen. Nur noch Abtauchen.

Die Klinke bewegte sich im seichten Licht der Taschenlampe nach unten. Das Scharnier knarrte. Elisabeth warf sich ganzer Kraft nach vorne.

Nun knarrte das Scharnier vergebens, die Tür öffnete sich nicht. Das Bett blockiert den Eingang. Endlich! Eine kleine Rettung! Doch was sollte sie nun tun? Sie kam immer noch nicht unter dem Schrank weg.

Mit Leibeskräften zerrte sie noch einmal, doch schon wieder ohne Ergebnis. Vorsichtig beugte sie sich nach vorne, während sie gleichzeitig auf die Tür aufpasste. Würde die Tür sich öffnen? Was würde dann geschehen? Sie erwischte das Handy vor ihr und rückte wahllos auf die Tasten.

Ein leises Fluchen ertönte vor der Tür. Woher kannte sie diese Stimme bloß? Dann knarrte die Treppe wieder und die Haustür fiel ins Schloss.

"Hallo? Ist da wer? Hallo?", tönte es aus ihren Handy und schnell legte sie auf. Normalerweise mochte sie es nicht, zu nachtschlafender Zeit fremde Leute anzurufen, doch diesmal gab es keine andere Lösung. Doch wen sollte sie nun anrufen? Wer würde ihr in dieser kleinen Misere noch helfen?

Ihre Gedanken schweiften zu der Person um die dieses Chaos hier angerichtet hatte. Es wurde ihr einfach nicht klar, wie jemand solch etwas machen konnte. Sowohl wie man die Möbel in einem Raum bewegen konnte, ohne im Raum zu sein, als auch wie man einfach morden konnte. Diese fremde Person, bei der sie mittlerweile Zweifel bekam, ob diese auch so fremd war, scheute vor nichts zurück, um ihre Ziele zu erreichen. Sie war zu allem fähig, doch wie weit würde Elisabeth gehen, um ihre Unschuld zu beweisen? Die Raffinesse des Mörders bewies, dass nur derjenige gewinnen konnte, der rücksichtslos alles gab. War Elisabeth aber wirklich bereit dazu?

Elisabeth war nun in einem Albtraum gefangen aus Mord, Verzweiflung und Vertrauen. Und doch würde das Ende schlimmer sein als alles, was sie bisher erlebt hatte ...

Zum Mord bestimmtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt