Erster Streit

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"...lecht." "Serafina, Sie wollen doch nicht wieder diese Veranstaltung schwänzen!" "Wie gesagt. Jetzt ist schlecht. Außerdem war ich doch gestern schon da! Reicht das nicht?" "Sie wissen, dass die Tagung fünf Tage geht." "Ja. Dann habe ich ja noch Zeit, rein zu schauen." "Sie enttäuschen mich. Warum meiden Sie solche Veranstaltungen immer?" "Man will es nicht glauben, aber ich mag keine Orte, wo viele Menschen aufeinander hocken." Gähnend strecke ich mich und blinzele, schaue mich um. "Wenn Sie mich jetzt wieder entschuldigen." "Nein, Serafina! Hey!" Eine Tür geht zu. Ich drehe mich auf den Rücken. "Serafina!" Ich sehe sie aus dem schmalen, ich nenne ihn mal Flur kommen. Sie lächelt, als sie mich sieht. "Guten Morgen Darling." Wärme steigt ihn mir auf. Sie kommt zum Bett und zieht ihren Morgenmantel aus. Verlegen beiße ich mir auf die Lippe und verkrieche mich unter der Decke. "Was hast du denn jetzt für Probleme?" Das Bett bewegt sich, sie krabbelt auf mich und hält mich in ihren Armen. "Du hast nichts an." "Das sagt die Richtige! Außerdem darfst nicht nur du nackt schlafen!" Sie krabbelt unter die Decke und kuschelt sich an mich. "Du hast eine so weiche Haut!", schwärmt sie. "D...danke?" Sie kichert. "Du bist ganz schön schüchtern! Ist das normal oder bist du kaputt?" Ich schlage die Decke weg und schaue sie entsetzt an. "Was denn? Ich kenne dich so nicht." Sie mustert mich. "Woher weißt du eigentlich, wo ich bin?" Seufzend drehe ich mich zu ihr und kuschele mich dichter an sie ran. "Deine Menschen hassende Freundin hat es mir erzählt." "Dorith?" "Hast du noch mehr Menschen hassende Freunde?" "Das kann ich mir nicht vorstellen, dass sie dir das gesagt hat." "Tcha. Wenn ich was will, dann kann ich sehr penetrant werden!" "Das glaube ich irgendwie nicht." "Mir egal." Sie riecht an meinem Haar. "Und was wolltest du?" Ich schaue zu ihr rauf. "Dich." "Mich?" "Du hast gesagt, ich soll mich entscheiden. Jetzt habe ich mich entschieden und es ist immer noch nicht richtig!" "Doch. Ich  bin mit der Entscheidung sehr zufrieden!" Sie zieht mich zu sich hoch und will mich küssen. Ich jedoch drehe mich von ihr weg. "Hey!" "Nein! Ich bin noch böse auf dich!" "Warum das?" Ich setze mich auf. "Weil ich dich versucht habe seit einer Woche mit dir zu sprechen, du mich aber immer abgeblock hast!" Sie lächelt verlegen. "Äh, ups?" "Ne! Nichts ups! Ich bin böse auf dich!" Sie zieht mich zu sich zurück und hält mich fest. "Du kannst nicht böse auf mich sein, sonst wärst du nicht hier." Sie grinst schelmisch. "Wegen dir musste ich für so'n blödes Ticket hundert Euro zahlen!" "Du hättest ja nicht herkommen brauchen!" "Ach nein? Was blieb mir denn anderes übrig, wenn du so bockig bist und mich ignoriert?!" "Ich bin bockig?" "Ja! Sonst hättest du meine Versuche mit dir zu sprechen angenommen!" Ich drücke sie von mich und setze mich auf, rutsche an den Rand des Bettes. "Wenn du dich früher entschieden hättest, was du willst, dann wäre ich nicht, wie du sagst, bockig!" "Super! Jetzt bin ich schuld, weil ich dich nicht direkt am Anfang schon geliebt habe! Schön!" Ich stehe auf und hebe meinen Slip auf, den ich mir gleich anziehe und mein Kleid, in welches ich schlüpfe. "Ich habe von Anfang an gesagt, ich will noch keine Beziehung, ich will es langsam angehen lassen! Jetzt habe ich den Mist, weil ich mich von jedem habe drängen lassen!" Ich nehme meine Schuhe in die Hand und gehe zur Tür. "Wohin willst du?" "Wieder nach Hause! Ich habe nämlich nicht das Geld, um mir noch eine Nacht hier leisten zu können! Außerdem habe ich noch Verantwortungen, wie zum Beispiel meinen Kater, den ich irgendwie aufmuntern muss, weil er dich vermisst!", knurre ich. Ich öffne die Tür und trete in den Flur. "Hey, ich habe es nicht so gemeint." "Natürlich nicht!" Sie greift nach meiner linken Hand. "Fass mich nicht an!" "Nicki..." "Nein! Ich habe echt keinen Bock mehr auf diesen ganzen Mist!" Sauer schüttele ich ihre Hand ab und stampfe den Flur entlang.

Genervt steige ich in Hamburg aus und schaue mich um. Nicht nur die nächste Nacht hätte ich nicht bezahlen können, ich schaffe es ja nicht mal bis nach Hause, geschweige denn bis nach Kiel! Und mein Hörgerät ist auch noch weg! Ich angele mein Handy aus meiner Tasche. Gleich bekomme ich einen Schreianfall! Das Akku ist leer! "Haben Sie etwas Geld für mich?" Ein verwahrloster Mann tritt an mich ran. "Leider nein. Tut mir leid." "Geizhals!" Er dreht sich weg. "Hey! Ich habe wirklich kein Geld mehr! Ich stecke hier jetzt nämlich fest, obwohl ich noch bis nach Kiel muss! Klar? Nicht jeder, der nicht obdachlos ist, hat immer Geld!" Ich hole mein Portemonnaie raus und finde in diesem noch drei Euro. Die hole ich raus und drücke sie ihm in die Hand. "Hier! Da haben Sie mein Abendbrot!" Er schaut mich aus großen Augen an. "Danke...", murmelt er. Ich drehe mich um und gehe. "Immer diese Vorurteile!" Ich verlasse das Bahnhofsgebäude. Draußen ist es mittlerweile schon dämmrig. Ich lasse mich auf eine Bank fallen und schaue in den Himmel. Was für ein Dreck! Heute ist einfach nicht mein Tag!

Ich werde angestupst, was mich aufschrecken lässt. "Hallo." Der Obdachlose von vorhin steht vor mir. "Darf ich mich zu Ihnen setzen?" Seufzend nicke ich. Er setzt sich rechts neben mir. Er redet was. Ich schaue ihn an. "Wie bitte?" "Haben Sie schon gegessen?" "Wie denn? Sie haben mein letztes Geld bekommen." Er überlegt kurz. "Stimmt. Soll ich Ihnen was von meinem Essen abgeben?" "Danke. Nein. Behalten Sie es. Sie bekommen sicherlich nicht jeden Tag etwas zu Essen. Ich muss nur irgendwie nach Hause kommen." Er schaut sich um und brabbelt was. "Entschuldigung. Aber können Sie beim Reden mich anschauen oder sich auf meine linke Seite setzen?" Er schaut zu mir. "Okay?" "Ich bin hier taub." Ich zeige auf mein Ohr. "Oh. Natürlich. Warten Sie eben hier? Ich hole meinen Kumpel und meine Kumpeline. Die können Ihnen bestimmt helfen." "Das wird nicht nötig sein." "Doch! Sie haben mir Ihr Geld geben." "Frank. Hast du eine Freundin gefunden?" Wir schauen zur linken Seite. Zwei uniformierte Personen, ein Mann und eine Frau, treten an uns ran. "Ah! Da sind meine Kumpels ja schon." Er grinst. "Ihr müsst der netten Frau hier helfen! Sie muss nach Kiel, steckt aber hier fest, weil sie kein Geld mehr hat."

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