Fremdheit

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Wimmernd halte ich mir den Bauch. "Was ein Mist ey!", knurre ich. Lara lacht. "Du bist echt einmalig!" "Was denn? Wehen sind scheiße!", knurre ich bissig. Sera streichelt mir sanft über die Wangen. "Wir sind schon bei acht Zentimetern." "Kann das nicht schneller gehen?" "Schneller? Du bist erst eine halbe Stunde hier!" Ein Arzt betritt den Kreißsaal. "Hey, Doktor. Wie weit ist Renée Herbst? Sie wird dann auf Station mit mir in einem Zimmer sein‽" Verwirrt schaut er mich und dann die anderen an. "Eh... Ich dachte, hier wäre eine Geburt?" "Bring doch erstmal unser zweites Baby auf die Welt!", brummt mein Liebling scharf und gibt mir einen sanften Kuss auf die Stirn. "Da sind Sie hier richtig." "Du bist mir echt einmalig!", lacht Lara. "Da bin ich doch bei! Oder meinst du, ich will noch ewig im Bett liegen bleiben?" Ich beiße mir auf die Zunge und versuche mir einen Schrei zu unterdrücken. Verdammt ist die Wehe stark! "Verfluchte Kacke!" Ich schaue zu Sera auf. "Das ist die erste und letzte Schwangerschaft! Mehr Kinder kriegst du nicht!" Amüsiert lächelt sie. "Natürlich my Darling. Alles was du sagst! Aber lass uns jetzt darauf konzentrieren, Baby 2 auf die Welt zu bringen! Ja? Danach darfst du meckern." Entsetzt starre ich sie an. "Meckern? Wann habe ich gemeckert‽" "Was habe ich gerade gesagt?" "Und ich habe dich Wertes Fräulein etwas gefragt! Oder sind wir uns zu fein, darauf zu antworten?" "Nicole, du solltest dich jetzt wirklich auf die Geburt konzentrieren. Bei der nächsten Wehe darfst du auch schon pressen", wendet Lara ein. Böse und eingeschnappt grummele ich. Die nächste Wehe lässt auch gar nicht lange auf sich warten. Knurrend und schreiend greife ich nach meiner Frau und kralle mich an ihr fest. Angestrengt presse ich. Wie soll dieses riesen Baby aus so einem winzigen Loch kommen? "Warum kann das denn nicht so schnell wie beim ersten Mal gehen?" "Weil es nun mal nicht so geht", erklärt mir der Arzt. Genervt knurre ich und presse weiter. Ich spüre, wie das Köpfchen mich da unten dehnt und sich einen Weg auf die Welt bahnen will. Eine erneute Wehe durchfährt mich.

Seufzend wälze ich mich in dem Bett umher. "Kann ich nicht ins Zimmer laufen?" "Du sollst heute noch im Bett bleiben! Außerdem musst du doch erschöpft sein!" Die Schwester und der Pfleger grinsen amüsiert. "Aber..." "Nein!", erwidert Sera ruhig, jedoch mit Nachdruck in der Stimme. Die Fahrstuhltür geht auf. Die Schwester und der Pfleger schieben mich den Flur entlang auf eine Tür zu. Meine Frau macht die Tür auf und lächelt. "Moin Max." Ich drehe mich und recke meinen Hals, um in das Zimmer schauen zu können. Ich grinse ihn an. "Du bist ja schon da!" Irritiert lasse ich meinen Blick zu seinem Oberkörper wandern. Er hält ein Baby in seinen Armen. Ich werde mit dem Bett an meinen Platz im Zimmer geschoben. Welches Baby hat er da. "Und? Alles gut verlaufen?" "Wenn du wüsstest! Nur diskutiert hat sie!" "Hab ich gar nicht!", grummele ich. "Welches Baby hast du entführt?", frage ich neugierig. "Meins." Aufgeregt zappele ich umher. "Renée!", rufe ich freudig und strecke meine Arme aus. Sie kommt auf mich zu und umarmt mich. "Warum darfst du schon laufen und ich nicht?" "Weil der Arzt seine Arbeit macht!", erwidert meine Frau. "Das ist so gemein!" "Aber notwendig!" Der Arzt betritt den Raum. "Sie sind ja immer noch sehr redselig!", grinst er. "Mein Gott ey!" Ich reibe mir euphorisch die Hände. "Wo ist Linus?" "Linus?" "Ja. Du hattest bei Mylo Entscheidungsgewalt, die habe ich jetzt bei Linus!" Einverstanden nickt sie. Ich schaue zu meiner Freundin, die Max und ihr eigenes Baby beobachtet. "Wie heißt dein Fratz?" "Lenna." "Ein Mädchen?" "Ja", grinst sie. Die Tür geht auf. Max schaut ganz gespannt dort hin. Meine Hebamme kommt mit einem Babybett herein. "Mein Linus!" Hibbelig zappele ich im Bett herum und strecke meine Arme nach dem Bettchen aus. "Linus heißt der kleine Mann also." Ich hebe ihn vorsichtig aus dem Bett und nehme ihn in meine Arme, lege mich zurück. Verträumt schaue ich meinem Baby beim schlafen zu. "Jetzt hat sie endlich eine Aufgabe, wo sie still sein muss", brummt Sera. "Warum?" Renée und Max schauen beide fragend. "Nur am meckern und am zappeln war sie!" "War ich gar nicht!" "Und ob!" "Versuch du doch mal durch ein Luftballonloch einen Golfball zu quetschen!", fauche ich leise. Beleidigt und verletzt verschränkt Sera ihre Arme. Oh seit! "Das meinte ich nicht so!" "Das stelle ich mir sehr schwierig vor", erwidert Max überlegend, Renée lächelt ihn an.

"...cki?" "Hm? Was?" Wurde ich angesprochen? Meine Frau lächelt amüsiert. "Darf ich Linus auch kurz halten?", fragt Max zurückhaltend. Ich nicke. Eigentlich will ich ihn gar nicht hergeben. Sanft nimmt Max Linus in seine Arme und setzt sich mit ihm auf den Stuhl. Sera hält mir ein anderes Baby entgegen. Fragend schaue ich sie an. "Mylo", ist das einzige, was sie sagt. "Was? Aber..." "Was was? Er ist auch unser Sohn!" "A...aber ich muss ihn doch nicht halten", stottere ich. "Natürlich musst du!" Nervös werden meine Hände schwitzig. Sie legt ihn mir auf die Brust. Unbeholfen lege ich meine Hände auf das Baby. "Kann ich mit Nicole sprechen?" "Klar!" "Alleine." Sera und Max schauen fragend, fügen sich jedoch. Auch Renée verlässt den Raum. "Was ist los?" "Was soll sein?", erwidere ich nicht ganz wissend, worauf sie hinaus will. "Warum möchtet du Mylo nicht halten?" Ich schaue dieses fremde Baby an. "Nicole. Er ist dein Sohn. Warum möchtest du ihn nicht?" Hilfesuchend schaue ich mich im Raum um. Jedoch ist niemand hier. Wie auch? Lara hat ja alle rausgeschickt. "Er ist dir fremd", erwidert sie dann. Aus großen Augen schaue ich sie an. Woher weiß sie das? "Nicole, schaue ihn dir bitte einmal an!" Zögernd komme ich ihren Worten nach. "Wen siehst du?" Ein fremdes Baby! Schnaufend inspiziere ich das Gesicht von Mylo. Brummend hebe ich meinen Blick und schaue zu Lara, die mich wiederum auffordernd anschaut. Ich lasse mein Blick also wieder auf das Baby wandern. Zweifelnd mustere ich ihn.
Minuten verstreichen. Er hat schon Ähnlichkeit mit Max. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Ein Mini-Max. Nein, zwei Mini-Max. Lara streichelt mir über den rechten Oberarm und verabschiedet sich von mir. Ich streichle dem kleinen Wesen über die Wange. Sera, Renée mit Lenna und Max mit Linus kommen wieder ins Zimmer zurück. Max setzt sich auf einen Stuhl, während meine Frau sich zu mir auf das Bett setzt und Renée krabbelt auf ihr Bett. "Was war los?" Sera schaut mich besorgt an. "Jetzt nichts mehr." "My Darling?" "Reden wir ein anderes Mal drüber?" "Klar."

Müde gähne ich. Nachdem wirklich alle da waren,  die nur irgendwie hätten da sein können, Familie,  Freunde,  ...,  bin ich wirklich kaputt! "Soll ich ihn dir abnehmen?" Müde schaue ich von dem kleinen Wesen in meinen Armen zu Sera.  "Nein. Er schläft grad so schön." Lächelnd streicht sie mir über die Wange. "Du auch gleich, meine Schöne." Verneinend brumme ich und schenke Linus wieder meine Aufmerksamkeit. Mylo liegt neben meinem Bett in einem Babybettchen und schläft ebenfalls. Renée ist mit Lenna und Max draußen spazieren. "Was ist eigentlich zwischen Max und Renée?" "Zwischen den beiden?" Gähnend nicke ich. "Wieso?" Seufzend zucke ich mit den Schultern. "Magst du mir jetzt erzählen, was vorhin gewesen ist?" Wieder gähne ich und versuche meine Augen zu richten, um Sera nicht doppelt zu sehen. "Mir war mit Mylo nicht wohl..." Ihr Blick wird fragend. "Naja. Ich habe ihn ja quasi nur auf die Welt katapultiert und das wars. Vor allem so schnell und", ich breche ab, zucke erneut mit den Schultern und weiche ihrem Blick. "Ach my Darling." Mir fällt es immer schwerer die Augen offen zu halten. "Ruh dich aus." "Mhm", gebe ich leise von mir und lächle sie müde an.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 20, 2023 ⏰

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