Kein Recht zu kritisieren

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Verschlafen gehe ich an mein Handy, nehme das Gespräch entgegen. "Moment", nuschele ich in den Hörer und werfe mir meinen Morgenmantel über, verlasse das Schlafzimmer. Dann halte ich mir mein Handy wieder ans Ohr. "Wer ist dran?" "Hallo", erklingt eine freundliche und warme Männerstimme, "Michi Eckstein hier. Sie haben nach mir gefragt?" Müde gähne ich in den Hörer, entschuldige mich dann. "Habe ich Sie geweckt?" "Was denken Sie denn? Normal schlafe ich um fast vier uhr morgens noch!", grummele ich. "Wer war da nochmal?", frage ich nochmal nach. "Entschuldigen Sie vielmals! Ich habe die Zeitverschiebung nicht bedacht! Michi Eckstein ist hier. Ich rufe Sie sonst später zurück." Nun mache ich große Augen. "Michi Eckstein? Ich habe Sie doch gefunden!" Leise gehe ich nach unten ins Wohnzimmer. "Ich habe Zeit! Sie brauchen nicht zurückrufen!" Er lacht. "Ich war bis vorgestern in Elternzeit und habe Ihre Nachricht gestern erst erhalten. Sie sind eine Freundin von Serafina?" "Die Freundin." "Das hört sich noch besser an! Wie geht es ihr?" "Gut. Ich war auf der Suche nach Ihnen. Sera hatte mir von ihrer Zeit mit Ihnen im Studium erzählt." "Oh." "Was oh?" "Alles?" Ich lächle. "Wenn Sie das meinen, dass Sie sich mit ihr zwischendurch ein Bett geteilt haben, dann ja. Ich habe nach Ihnen gesucht, weil Sera sich wünscht, wieder mehr Kontakt mit Ihnen zu haben. Als Sie damals ausgewandert sind, hat sich anscheinend Ihre Nummer geändert, genau wie Sera eine neue bekommen hat." "Deswegen hat sie mir nicht geantwortet." Michi atmet erleichtert auf. "Wissen Sie, wir hatten uns vorher noch gestritten, weil ich ziemlich blind ausgewandert bin, was ich mir zu dem Zeitpunkt nicht eingestehen wollt und sie es mir immer wieder vorgehalten hat. Aber dass Sera auch eine neue Nummer bekommen hat, beruhigt mich ja, dass sie mich nicht mit Absicht ignoriert hat." "Sie war sogar sehr traurig darüber, als sie mir das erzählt hat, dass der Kontakt abgebrochen ist." Die Treppe knarkst. "Darling? Warum bist du schon wach?" "Entschuldigen Sie mich. Können wir um eine andere Zeit weiter sprechen?" "Natürlich. Wir hören uns!" Ich lege auf. "Wer war das?" Ich mustere sie und suche nach einer Ausrede. Sie steht unbekleidet im Türrahmen und wankt schlaftrunken. "Die Arbeit. Die wollen, dass ich arbeiten komme." "Ich mag die Puffnudeln nicht! Die klauen", sie gähnt, "mir meine Freundin sogar nachts!" Lächelnd gehe ich auf sie zu und ergreife ihre Hand. "Na komm, mein Nackedei. Lass uns wieder schlafen gehen." "Mhm!" Sie lässt sich von mir nach oben zu meinem Bett ziehen.

Jemand rollt sich auf mich rauf. Grummelnd versuche ich den Ballast von mir runter zu drücken, was mir aber misslingt. Sera kichert. "Kuckuck my Darling. Gut geschlafen?" Müde gähne ich und schiele sie an. "Es gibt ja echt beknackte Träume!", klagt sie, "Ich habe geträumt, dass du nicht neben mir warst und ich dich suchen gegangen bin. Du warst im Wohnzimmer und hast telefoniert. Du solltest zur Arbeit. Man! Gut dass das nur ein Traum war!" Gut das sie denkt, es sei ein Traum gewesen. Ich lächle sie an. "Ich habe Urlaub. Da werden die nicht die Frechheit besitzen, um mich nachts raus zu bimmeln." "Wenn, dann werde ich denen schon zeigen, was es heißt, die Verlobte einer Anwältin nachts während des Urlaubs zur Arbeit zu rufen!" Lächelnd streiche ich ihr eine Haarstähne hinter das Ohr. Verträumt mustert sie mich. "Was schwirrt dir durch den hübschen Kopf?" "Ich habe mich dir nur mit einem Babybauch vorgestellt. Hach, freue ich mich schon, wenn du endlich schwanger bist und wir Mamis werden!" Lächelnd lege ich einen Arm in ihren Nacken und ziehe sie zu mir runter, küsse sie. "Weißt du, auf was ich gerade Lust hätte?" "Ne." Ich grinse sie breit an. "Ein wenig feucht zu werden." "Nur ein wenig? Ich kann dafür sorgen, dass du sehr feucht wirst!" "Mach mich so feucht, wie du willst!", fordere ich sie auf und lege meine Lippen wieder auf ihre, knabbere an ihrer Unterlippe. "Wie scharf es mich macht, wenn du dreckig redest!"

"Du bist so wunderschön", murmelt Sera und drückt mir einen liebevollen Kuss auf mein Kinn. "Übertreib nicht so!" "Wie könnte ich? Das ist wohl noch eine Untertreibung!" Sie setzt sich auf, verlässt das Bett. "Lass uns duschen gehen!" Lächelnd folge ich ihr.

Ich zupfe an Serafina ihrem Oberteil, als sie dabei ist, ihre Klamotten in meinen Schrank mit einzuräumen. "Was denn?" "Ist...ist das für dich auch wirklich in Ordnung, wenn ich mit Max schlafe?" Sie dreht sich zu mir um und lächelt. "Natürlich! Wir wollen beide doch ein Kind." "Aber wir könnten es auch künstlich..." "Darling", sie zieht mich zum Bett, setzt sich und zieht mich auf ihren Schoß, "Wir haben uns doch schon schlau gemacht. Und die besten Chancen haben wir bei der direkten Befruchtung. Außerdem wolltest du doch die künstliche Befruchtung nicht unbedingt. Und ich akzeptiere deine Entscheidung! Immerhin bist du diejenige, die unser Baby bekommen wird." Ich lasse mich gegen sie plumpsen. "Ich fühle mich so, als würde ich planen dich zu betrügen!" "Würde es dir besser gehen, wenn ich dabei bin?" "Bestimmt!" "Dann bin ich dabei." "Du bist einfach zu gut für mich!" "Das stimmt nicht!" Sie streichelt mir über den Rücken. Es klingelt. "Räume dich endlich zu ende ein! Ich gehe schauen, wer das ist."

Überrascht schaue ich die Person mir gegenüber an. "Dorith! Was machen Sie hier?" Argwöhnisch beäugt sie mich. "Fine wohnt bei Ihnen?" "Ja." Sie drängelt sich an mir vorbei und stolziert mit ihren Highheels durch die untere Etage. "Was wollen Sie hier?" "Recht arm eingerichtet." Ich atme tief durch. "Ich wiederhole mich nur ungern! Was wollen Sie hier?" "Ich muss doch wissen, in welche Vehältnisse sich Serafina zu wohnen begibt." "Und wer gibt Ihnen das recht, unaufgefordert hier rum zu stolzieren und das zu beurteilen?" "Erstens: Haben Sie mir nichts zu sagen; und zweitens: Wer stolziert hier bitte?" "Erstens: Es ist meine Wohnung! Zweitens: Ja, Sie! Und jetzt ziehen Sie sich Ihre Schuhe aus! Sie verschmutzen mir noch den Boden!" "Warum sollte ich meine Schuhe ausziehen?" "Haben Sie etwas an den Ohren?" Sie grinst arrogant. "Sicher nicht. Sonst hätte ich dieselbe Behinderung wie Sie!" Wut kocht in mir auf. Sauer schnaufe ich. "Was fällt Ihnen ein, so etwas zu sagen, wenn Sie von nichts eine Ahnung haben?! Sie können nicht einfach einen Menschen nach dem Äußerem beurteilen!" "Wer ist das?" Sera tritt ins Wohnzimmer. "Dorith? Was willst du hier?" "Du hättest auch zu Per und mir ziehen können! Dann hättest du nicht in so ein Umfeld gehen müssen! Warum hast du dein Haus überh..." "So ein Umfeld? Was erl..." "Darling, ist gut. Reg dich nicht auf." "Nicht aufregen? Ich rege mich doch nicht auf! Nein! Wie kommst du nur darauf, ich würde mich aufregen?" Sie zieht mich mit Schwung zu sich, weshalb ich in ihre Arme stolperte, fast schon falle, und küsst mich. "Geh mit Komet kuscheln. Ich kläre das." "Hmpf!" Sauer und eingeschnappt verlasse ich das Zimmer und setze mich im Flur auf die Treppe. "Dorith..." "Mein Gott, regt sich dieser Zwerg immer so über Banales auf?" "Wenn du hier drin bleibst, ziehst du deine Schuhe aus!" Es ist kurz ruhig. "Andernfalls gehst du raus!" "Dein Ernst jetzt?" "Ja!" Dorith grummelt, scheint sich aber zu fügen. "Außerdem bist du nicht gerade größer als Nicki! Also bezeichne sie nicht als Zwerg!" "Du könntest viel bessere Frauen haben, als dieses Püppchen! Ich könnte dich mit der Tochter meines Vorgesetzten bekannt machen. Sie ist Marketing Managerin und eine echte Augenweide!" "Verlass diese Wohnung!" "Ach komm schon. Du kannst es unmöglich ernst mit dieser Frau meinen!" "Ich meine es sehr ernst! Wir sind verlobt! Außerdem sind wir gerade dabei, unsere Zukunft zu planen und ein Haus zu bauen! Und jetzt verlass unsere Wohnung! Sofort!", knurrt Sera bissig. Dorith rauscht sauer an mir vorbei, verlässt meine Wohnung. Zögernd gehe ich zu Sera, bleibe hinter ihr stehen. Traurig und schuldig schaue ich auf den Boden. "Entschuldige..." Sie dreht sich zu mir. "Alles gut." "Aber du hast dich mit deiner Freundin gestritten! Wegen mir..." "Und wenn schon. Auch als meine Freindin hat sie nicht das recht, meine Verlobte zu zensieren!" "Aber..." "Kein Aber! Sie muss damit leben, dass ich mir die Frau an meiner Seite selbst aussuche!" Sie umarmt mich sanft.

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