KAPITEL 12

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Happy Birthday, Paul Kelly!
Auch an diesem Kelly-Geburtstag gibt es ein neues Kapitel für euch.
Genießt es ☺️

Habt einen schönen Mittwoch,
Eure Reniawen

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John

Augenblicklich ist es mäuschenstill im Bus. Ungläubig ruhen alle Blicke auf Jimmy und er räuspert sich.
»Du bist ja vollkommen verrückt geworden«, keucht sogar Joey und ich muss schmunzeln.
Natürlich ist Jimmys Vorpreschen, einfach so eine solch riesige Halle zu buchen, ohne dass wir überhaupt jemals in einer solchen Halle gespielt hätten, vollkommen verrückt. Aber ich muss zugeben, dass es mich jetzt schon in den Fingern juckt.
Wir sind an einem Punkt, an dem wir es wagen können, unseren Traum von Hallenkonzerten wirklich groß zu machen. Natürlich hat Jimmy wieder einmal voll übertrieben, aber so ist er eben - wenn, dann will er es richtig wissen. Und ich bewundere meinen Bruder dafür, dass er in manchen Dingen einfach tut, ohne sich groß etwas sagen zu lassen.

»Na danke, dass du mir jetzt auch schon in den Rücken fällst«, brummt Jimmy und ich muss erneut grinsen.
»Ich finde es gar nicht so übertrieben«, zeigt sich Kathy zu unserer Überraschung auf Jimmys Seite. »Das war immer unser Traum. Jetzt können wir es wahrmachen. Nägel mit Köpfen. Wann ist das Konzert, Jimmy?«
Jimmy starrt Kathy so perplex an, dass ich jetzt wirklich lachen muss. Die beiden stehen manchmal so auf Kriegsfuß, dass ich mich wirklich frage, was sie eigentlich für ein Problem miteinander haben. Selbstverständlich weiß ich, wie sehr Jimmys Launen Kathy manchmal nerven, aber er zieht immer mit und ist professionell, wenn es darauf ankommt. »Äh, im Mai. Ich dachte, wir verkaufen die Tickets auf den Straßenkonzerten«, findet er aber rasch seine Sprache wieder. »Wir können das, ich weiß das einfach.«
»So eine richtige Halle?«, strahlt Angelo mit leuchtenden Augen, während Barby und Patricia eher skeptische Blicke wechseln. »Mit ner riesigen Bühne? Und großen Lautsprecherboxen? Wie oberkrass ist das denn!«
»Richtig cool«, freut sich auch Paddy.
»Wir müssen Kira einladen!«, hüpft Angelo auf der Sitzbank auf und ab. »Und ich werd das Schlagzeug spielen!«
»Du kannst noch nicht mal alle Songs, Angelito«, lacht Barby, aber Angelo scheint Feuer und Flamme zu sein.
»Bis dahin kann ich alle!«, behauptet er und ich muss erneut schmunzeln.

Gerne würde ich auch jemanden einladen, aber es wird für Maite wohl nicht möglich sein, aus Spanien herzukommen. Während die anderen plötzlich alle aufgeregt durcheinander quatschen, driften meine Gedanken ab.
Maite und ich haben ewig nicht mehr miteinander gesprochen, ich habe sie noch viel länger nicht mehr gesehen, und bin doch viel zu neugierig, wie es ihr wohl geht. Ich weiß, dass es absurd ist, so oft an sie zu denken, wo ich sie seit Jahren schon nicht mehr gesehen habe, aber ändern kann ich das schon lange nicht mehr. Ab und zu sprechen wir miteinander, wenn sie Patricia anruft; damals in Belascoain waren die beiden auch eng befreundet. Immer wieder geistern ihre Worte durch meinen Kopf - »Wenn wir groß sind, werde ich dich heiraten, John Kelly.«
Es ist vollkommen absurd, wir haben uns ewig nicht einmal mehr gesehen, aber aus irgendeinem Grund kann ich es nicht vergessen. Weil sie so überzeugt klang, so als wäre es das Selbstverständlichste überhaupt. Ich habe sie danach nie wieder darauf angesprochen, auch wenn wir uns ein paar Mal noch gesehen haben, zuletzt bei diesem Auftritt im DDR-Fernsehen. Und das war vor fünf oder sechs Jahren. Und sie selbst hat damals auch nichts mehr dazu gesagt.
Ich sollte aufhören damit... mich konzentrieren auf meine Familie. Sie brauchen mich hier, das ist das wichtigste, alles, was zählt.

Um mich herum geht es zu wie in einem Bienenstock; die Jüngeren stellen schon Listen auf, welche Songs wir in der Westfalenhalle unbedingt spielen müssen, Joey, Patricia und Jimmy überlegen, wie viele Tickets wir verkaufen müssten und wie man das am geschicktesten anstellen sollte. Sean hockt auf Joeys Schoß und quakt dazwischen, Vincent und Kathy haben sich jetzt wie so oft abends in ihren Wohnwagen zurück gezogen. Wie auch fast jeden Abend wollte Sean partout noch nicht mit rüber, sodass er bei uns bleibt, bis es wirklich zu spät wird. Ich verziehe mich nach dem Essen mit meiner Gitarre in den hinteren Teil des Busses, starre gedankenverloren aus dem Fenster und spiele einfach irgendwelche Melodien. Plötzlich klingelt hinter mir im Büro das Telefon, und ich fahre überrascht zusammen.
»Jimmy?«, rufe ich, was aber natürlich im allgemeinen Geschnatter fast untergeht. »Jimmy! Telefon!«
Jimmy hört mich immer noch nicht, ich sehe, wie Sean von Joeys auf sein Knie krabbelt und seufze. Auf dem Weg nach hinten stolpere ich beinahe über eins von Seans Spielzeugautos.
»Ach damn«, brumme ich, werfe meinen Haarzopf nach hinten und nehme das Gespräch an. »Ja, Kelly?«

Jimmys GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt