KAPITEL 14

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Valentina

Jimmy zögert immer noch, bevor er antwortet, aber ich sehe ihm an, dass er nicht begeistert ist. »Babe, ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist«, bestätigt er meine Befürchtung. »Also… nicht, dass ich dich nicht dabeihaben wollen würde. Falls du jetzt denkst, es ist wegen meinen Geschwistern oder so. Das wär mir ja sogar egal, John, Patricia, Joey und Kathy wissen eh von dir.«
»Aber?«, will ich es jetzt doch genau wissen.
»Wir wissen einfach noch nicht, wie das abgehen wird«, erklärt Jimmy. »Es war schon heftig, wie sie Paddy und Angelo gestern belagert haben, das gab es bei den beiden so noch nicht. Auch, wenn die beiden Neunmalklugen das obercool fanden. Ich muss eh mit Kathy und John nochmal darüber sprechen, auch wenn das Ärger geben wird.«

»Aber das waren doch bloß zwei Handvoll Leute«, verstehe ich Jimmys Sorge nicht so ganz.
»Zu unseren Konzerten kommen pro Auftritt an die tausend Leute, jetzt schon«, erklärt Jimmy und ich ziehe überrascht eine Augenbraue hoch. »Wir können es einfach noch nicht abschätzen, wie das in der Westfalenhalle wird. Ob wir uns damit total übernommen haben oder ob es ein riesen Ding wird. Ich will auf gar keinen Fall, dass du in irgendetwas hineingezogen wirst, was wir nicht mehr kontrollieren können. Ist‘s okay, wenn wir das später entscheiden? Wenn wir es abschätzen können?«
Ich muss schmunzeln und finde es doch wieder wahnsinnig süß, wie viele Sorgen er sich macht, vor allem um seine jüngeren Geschwister. »Okay.« Ich beuge mich vor und küsse ihn erneut. Es ist ja auch noch Zeit bis Mai. »Bleibst du zum Frühstück?«, traue ich mich dann doch zu fragen.
»Wieviel Uhr?«, murmelt Jimmy.
»Ich hab den Wecker auf sieben gestellt, weil du gesagt hast, dass John um zehn fahren will«, grinse ich.
»Sieben Uhr, you’re kidding me«, seufzt Jimmy und ich kichere. »Of course bleib ich, was für eine Frage.«

Etwas später stelle ich gerade die Kaffeemaschine an, als Jimmy nach dem Duschen in die Küche kommt. Er trägt ein schwarzes, eng anliegendes Langarmhemd und ich muss grinsen, weil er die Haare geföhnt und schon geflochten hat.
»Immer sofort die Haare im Zopf, nicht wahr?«, stelle ich fest, obwohl er inzwischen weiß, wie sexy ich es finde, wenn er sie offen trägt.
»Sorry«, grinst er zurück und küsst mich sanft. »Es nervt einfach so. Wenn die Family nicht wäre, hätte ich sie schon längst abschneiden lassen.«
»Du bist so selbstlos für deine Familie, Jimmy Kelly«, ziehe ich ihn ein wenig auf und knuffe ihn in die Seite.
Jimmy lacht, küsst mich nochmal und nimmt dann noch den Brötchenkorb mit zum kleinen Tisch, an dem nur zwei Personen Platz haben. Meine Wohnung ist klein, ja, aber ich liebe es, es ist meine eigene, und ja – ich zahle meinen Eltern sogar Miete. Ich würde mich sonst richtig unwohl fühlen, arbeiten zu gehen und hier umsonst zu wohnen, obwohl es mein Elternhaus ist.

»Und was machst du so in den Semesterferien, wenn du nicht arbeitest?«, fragt Jimmy plötzlich.
»Du meinst, ob ich ein Leben außerhalb der Uni und des Plattenladens habe?«, grinse ich. »Habe ich. Mein bester Freund hat übermorgen Geburtstag, ich muss noch ein Geschenk besorgen. Seinem älteren Bruder gehört übrigens eine Disco im Westviertel nebenan.«
Jimmy zieht eine Augenbraue hoch. »You‘re partying without me?«
»Du bist auf deiner eigenen Konzertparty, fürchte ich…«, beginne ich, beiße mir aber gleich wieder auf die Lippen.
»Autsch«, macht Jimmy, aber recht belustigt. »You got me. I’m sorry, I just… I’m interested, I guess.«
»Und das mag ich«, muss ich zugeben und muss mir noch einen Kuss holen. »Du kannst gern mitkommen beim nächsten Mal, wenn ihr hier seid.« Wenn ich will, dass er Teil meines Lebens wird, gehören selbstverständlich auch meine Freunde dazu.
»Sure«, nickt er. »Party’s always great.«
»Von mir aus gern mit deinen Brüdern«, wage ich mich vor.
»Joey vielleicht«, verzieht Jimmy sofort das Gesicht. »We’ll see.«
Ich verstehe, dass er diese Sache mit uns hier für sich haben will, dass ihm das auch sehr wichtig zu sein scheint – neben der Family sein eigenes Leben zu haben. Und natürlich bin ich auch okay damit. Er hat seine Familie 24/7 um sich, dass man da mal Abstand braucht, kann ich nur zu gut verstehen.

Jimmys GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt