KAPITEL 19

125 15 5
                                    

Jimmy

Es ist tatsächlich ein besonderes Gefühl, Tina hier zu haben. Und es ist auch besonders, dass es jetzt alle wissen – bis auf Dad, aber das werde ich auch nachholen. Diese Sache ist es mir wert – Tina ist es mir wert.
Bevor ich Tina das Schiff zeigen kann, hält Kathy mich aber natürlich noch auf. Patricia und Joey unterhalten sich mit Tina, und natürlich ist mir klar, was Kathy will.
»Jimmy, du denkst daran, dass das Fernsehen bald hier ist?«, fragt sie und ich atme scharf durch.
»I won’t deny her, Kathy. If she doesn’t want to, it’s fine with me, but...«
»That goes for everyone, Jimmy«, bleibt Kathy jedoch standhaft. »We got a job to do.«
Ich versuche den aufkommenden Ärger zu unterdrücken, presse die Lippen aufeinander und wende mich wortlos ab.

Etwas später kann ich Tina dann endlich das Schiff zeigen und wie erwartet grinst sie, als ich ihr die »Pärchenkajüte« zeige. Natürlich ist alles hier klein, aber ich liebe die Santa Barbara Anna, vor allem, wenn wir mit dem Schiff segeln. »Wie süß«, schmunzelt Tina, schlingt ihre Arme um meinen Hals und zieht mich in die Kajüte. Es ist so klein hier, dass ich sofort gegen die Bettkante des oberen Bettes stoße, aber den tiefen Kuss genieße ich dennoch. Sehr. »Tina…«, murmle ich, aber sie lässt schon von mir ab – leider. Aber dafür ist dieses Schiff definitiv nicht der richtige Ort. Fürs erste genügt es mir tatsächlich, dass Tina hier ist und Zeit mit ihr zu haben, wenn auch wenig.
»Ist… alles okay, ich hab dich eben mit Kathy gesehen?«, fragt Tina da und ich seufze. »Sie sah irgendwie nicht so begeistert aus.«
»Wir drehen nachher noch fürs Fernsehen wegen der Hansesail und so«, erkläre ich. »Und…«
»Verstanden, ich bin dann eben kurz bei der Bühne oder unten, wo sie nicht drehen, oder gehe spazieren«, meint Tina augenzwinkernd.
Ich will sie schon unterbrechen, habe doch absolut keine Lust auf solch ein Versteckspiel, wo es gerade alle meine Geschwister wissen, aber Tina ist schneller. »Ich brauch das nicht, auf gar keinen Fall«, erklärt sie knapp, aber unmissverständlich. »Ihr seid die Stars, Jimmy, das ist euer Job. Alles ist gut so, okay?«
»Okay«, gebe ich mich geschlagen, beuge mich dann lieber vor und hole mir noch einen Kuss.

Tina hält sich während des Drehs unter Deck auf, Joey führt das Kamerateam zwar kurz runter, aber nicht in alle Räume. Ich bin einigermaßen okay damit, aber hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Nach dem Abendessen und allgemeinen Aufräumen habe ich aber wirklich genug von meinen ständig durcheinander plappernden Geschwistern, die natürlich alles Mögliche von ihr wissen wollen, und ziehe Tina nach draußen an Deck. »Komm mit«, raune ich, als sie mich küsst, den Moment der Ruhe ausnutzend. Inzwischen ist es auch an der Promenade ruhig geworden, nur noch wenige Spaziergänger schlendern vorbei und machen, obwohl bis auf Tina und mich niemand von uns draußen ist, Fotos vom Schiff und der Bühne. Allmählich wird es dunkel, die Sonne scheint im ins Meer mündenden Hafenwasser zu versinken und taucht den Himmel in leuchtende Farben. Ich klettere auf das Bugnetz, das wir längst eingeholt haben, und strecke meine Hand aus. »Ist wie eine Hängematte«, versichere ich Tina, sie lacht und folgt mir sofort.
»Hast du gedacht, ich habe Schiss?«, gibt sie zurück, lässt sich in das Netz sinken und kuschelt sich an mich.
»Nein«, murmle ich, schlinge meine Arme um sie und tauche das Kinn in ihre vom Wind durcheinander wehenden Locken. »That would not suit you.«

Ihr Duft umhüllt mich, und als sie den Kopf dreht und mich anlächelt, schimmern ihre Augen in der untergehenden Sonne. Her eyes were glass and her hair was gold… schießt es mir in den Kopf, und die Melodie der Verse, die schon vorher in meinen Gedanken waren, sind wieder da. »Tell me what it is that brings me back to you, tell me what it is I can’t stop loving you«, summe ich vor mich hin, nehme mir vor, das endlich aufzuschreiben.
»Komponierst du?«, fragt Tina interessiert, während ich immer wieder die Zeilen vor mich hin summe.
»Her eyes were glass and her hair was gold from her sweet soft lips you could hear the words…« Es ist nicht ganz rund, aber das kommt später, wichtig ist, dass die Idee bleibt. »Hab ich schon länger im Kopf«, erwidere ich. »Ich schreibe es später auf.«
Tina zieht meinen Kopf zu sich, schon streicheln ihre Lippen über meine. »Übrigens ist die Pärchenkajüte natürlich heute Nacht für uns reserviert, that’s for sure«, murmle ich.
»Gefällt mir. Also, beides.« Tina grinst, und obwohl wir beide wissen, dass das Schiff hellhörig genug ist, reicht es uns schon, die Kajüte nur für uns zu haben.

Jimmys GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt