*Ein Lächeln*

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Ben, Finn und Lisa schütteln den Kopf. Ich will fragen, was er damit gemeint hat, als er sagte, ich verstehe mal wieder etwas nicht. Kein Wunder, schließlich ist es mein zweiter Tag. „Was verstehe ich nicht?"

Finn sieht mich an. „Dass dich gerade Melcon Julius von Venliger, einer der stärksten Schüler dieser Schule, angelächelt hat." Ah, deshalb ist das etwas Besonderes – wegen eines Lächelns. „Jetzt weiß ich, was los war", gebe ich genervt zurück.

Lisa fängt an zu erklären. Wenigstens wird mir mal eine Sache erklärt. „Also, um es ganz simpel auszudrücken: In dieser Welt zählt nur eine Sache: wie mächtig du bist. Der Rest ist eigentlich ziemlich egal. Es gibt Familien, die sehr mächtig sind, und dazu gehört die Familie von Venliger. Melcon ist quasi der erste Sohn."

Langsam bekomme ich hier zu viel. Das erklärt immer noch nicht, wieso wegen des Lächelns so eine große Sache gemacht wird.

„Und was hat das jetzt mit dem Lächeln zu tun, und was soll dieses ‚quasi der erste Sohn' bedeuten?"

Jetzt redet Ben weiter: „Da hat Lisa nicht mitgedacht, dass du die Geschichte um ihn herum nicht kennst. Du kannst es dir mal in der Zeitung in der Bibliothek durchlesen; die bewahren die auf. Aber ganz kurz, ohne Details: Er wurde adoptiert. Niemand weiß, was mit seinen Eltern passiert ist. So, und jetzt, was für uns relevant ist: Er lächelt kaum oder zeigt je eine andere emotionale Reaktion. Wenn er dich anlächelt, heißt das so viel wie, dass er dich toll findet. Jetzt verständlich?" Oder er war einfach nett, aber an so etwas denken Lisa, Ben und Finn nicht.

„Irgendwie verständlich. Und ihr könnt beruhigt sein: Er ist leider nicht mein Typ." Finn schaut mich hoffnungsvoll an. Hat er etwa Interesse an mir? Nein, das kann nicht sein. Wir kennen uns doch erst seit gestern.

Wenn man mal darüber nachdenkt, sieht er schon ganz gut aus und hat einen witzigen Charakter. Also, wenn er mich um ein Date fragen würde, würde ich nicht nein sagen. Doch das wird sicher nicht passieren.

Mein Magen knurrt. Ben lacht: „Anscheinend ist Finn nicht der Einzige mit Hunger. Lass uns gehen, sonst bekommen wir nichts mehr, und das wäre doch schade." Nützt Ben mein Magenknurren für einen Themenwechsel aus?

Wir setzen uns in Bewegung. Vor der Mensa werden wir abgefangen. Man kann wohl dreimal raten, von wem – einer von Lunas Freundinnen. Das Mädchen hat rückenlanges, blondes Haar und trägt dazu einen knielangen Rock mit einem blauen Top. Sie sieht uns arrogant an: „Mari, Luna wollte dich ein letztes Mal an unseren Tisch einladen. Sonst gehörst du für uns zu denen. Ich bezweifle nicht deine Intelligenz, also komm mit. Wir sitzen rechts von der Tür." Die anderen wenden sich alle ab, um zu gehen.

Was hatte ich hier zu melden? Die Vier gehen durch die Tür, während das Mädchen es für selbstverständlich ansieht, dass ich sie begleite.

Jedoch gehe ich Ben, Lisa und Finn hinterher, die sich an den gleichen Platz wie gestern setzen. Ist wohl so etwas wie ihr Stammplatz. Ich setze mich dazu. Sie scheinen verwundert zu sein, sagen aber nichts.

Während des Essens unterhalten wir uns über Schulklatsch, und sie zeigen mir zu den einzelnen Personen deren Geschichten. Finn schaut sich suchend um. „Ah, da ist er ja. Siehst du den Jungen am Ecktisch, wo so viele herumstehen?" Ja, das ist doch der Junge aus dem Musikunterricht. Wie heißt der gleich noch? „Das ist Anton, der Sprecher der Wandler. Du wirst nie erraten, was der mal gemacht hat."

Woher sollte ich es auch wissen? Aber ich tue ihm den Gefallen und nenne das Unwahrscheinlichste, was mir einfällt: „Er hat die Schule angezündet." Ich meine, Drachen können doch Feuer speien. „Fast. Er hat einen Lehrer angezündet." Natürlich, die Schule wäre zu undramatisch gewesen, um es zu erzählen. „Wie kam es denn dazu?" Doch bevor Finn antworten kann, sagt Lisa: „Mari, bleibt Finn hier noch? Ben und ich gehen schon mal in die Bibliothek." Die beiden sind schon fertig – egal.

Ich will wissen, wie es weitergeht, und schaue Finn auffordernd an. „Also, der Lehrer war ein Wandler und ein Beta." „Ein Beta?"

„Nie Fantasyromane über Werwölfe gelesen oder Teen Wolf geschaut?" Die Serie Teen Wolf ist mir bekannt, aber geschaut habe ich sie nie.

Daher schüttle ich den Kopf. „Also gut. Bei Wandlern gibt es gewisse Ränge. Am einfachsten zu erklären sind Alpha, Beta und Omega. Der Alpha ist der Anführer, der Beta seine rechte Hand, und Omegas sind die Schwächsten. Sie stehen ganz unten in der Rangordnung.

Es gibt auch hunderte andere Anordnungen, und sie unterscheiden sich von Rasse zu Rasse, aber die drei gibt es immer in irgendeiner Form. So, und jetzt zurück zur Geschichte: Der Lehrer war ein Beta, aber Anton ist ein zukünftiger Alpha. Der Lehrer hat ihm gesagt, dass er aufhören soll zu reden und leise sein soll. Doch das hat Antons Drache nicht gefallen, und er griff den Lehrer an. Der Lehrer war ein Haifischwandler – also dumm gelaufen, denn Wandler sind eine stolze und arrogante Rasse."

Sowas hatte es an meiner alten Schule nicht gegeben, aber es war auf jeden Fall witzig. „Was haben wir hier noch?" Er schaut sich suchend um, und sein Blick fällt auf eine Mädchengruppe inmitten des Raumes. Sie sind alle rosa gekleidet und strahlen eine positive Aura aus. „Die Pink Girls, so nennen wir sie, wenn wir allein sind. Sie sind allesamt Fea. Hat dir mal einer erklärt, was Fea so sind?" Ich schüttle den Kopf, was ich aus irgendeinem Grund nur heute mache.

„Also, Fea sind Kreaturen, die, wie man bei Menschen sagen würde, absolut gute Menschen sind. Sie sind immer gut gelaunt und hilfsbereit. Sie sind sehr stark mit der Natur verbunden und werden daher auch Naturgeister genannt. Ich weiß, nicht gerade kreativ, weil das so ist. Die gehobenen Leute nennen sie Natureza Espirit. Ungefähr verstanden?"

„Ja, obwohl, was können sie bei den Wandlern? War das Wandeln? Aber der Name erklärt es nicht wirklich."

„Nun, es gibt sieben unterschiedliche Kategorien, aber alle haben mit der Natur zu tun. Zum Beispiel heilen, tarnen, schützen – das sind jetzt die einfachsten. Aber sie sind auch am häufigsten vertreten. Alles klar?" „Ja, ich denke schon."

„Super! Also, alles fröhliche Mädchen. Und jetzt kommt der Punkt, wieso sie alle pink tragen. Sie machen das aus Protestgründen. Man steckt Fea immer in eine Schublade, weshalb sie Aufmerksamkeit wollen. Sie haben dafür einen Schüler, einen Gestaltwandler, vor seinen Emotionen geschützt, denn er war genauso wie sie. Die Aktionen wurden von allen beschriftet, und daher haben sie ihren Protest mit dem Tragen von pinken Sachen gestartet. Frag mich nicht, wieso. Mmm, wenn gibt es da noch? Ah, ich habe den Keks Harry fast vergessen. Ist zwar nicht so witzig, aber trotzdem eine Nummer für sich. Du weißt doch, dass Vampire Blut saugen?"

In welche Richtung geht das denn jetzt? Aber ich nicke, denn ich will unbedingt wissen, wie es weitergeht. „Also, Harry ist ein Vampir und war bei einer Schulveranstaltung hungrig. Es gab etwas zu essen, er nahm sich einen Keks, wollte abbeißen, biss aber vorbei. Er biss in den Hals von Claire. Das machte er natürlich aus Versehen, wie er mehrmals betonte. Da gab es auch mal eine Sache mit ..."

„Melcon, mach was dagegen."

Finn und ich drehen uns zu Luna um, die aufgebracht ist. Melcon schaut nur desinteressiert und zuckt mit den Schultern. „Nein."

„Aber willst du das nicht einmal für deine Freundin tun?" Jetzt geht das Gemurmel erst richtig los. Ohne die beiden aus den Augen zu lassen, frage ich Finn: „Stimmt das?"

„Nein, ich glaube nicht. Aber das weiß niemand so genau, daher ...?" Finn wirkt beim Thema Melcon, was ich schon öfter gesehen habe, sehr abweisend, obwohl ich ihn doch als sehr offenen Menschen kennengelernt hatte.

Jetzt zeigt Melcon doch Interesse. „Wir sind nicht zusammen, und die Antwort lautet nein. Daran ändere ich sowieso nichts." Er steht auf und winkt seinen Freunden zu. „Kommt, das kann man sich nicht länger anhören."

Die Freunde lächeln alle oder schütteln amüsiert den Kopf. „Das wird ein Nachspiel haben." Melcon verdreht die Augen und geht einfach weiter. Als er den Raum verlässt, ist es sehr still. Luna stürmt davon und regt sich weiter über Melcon auf. Sobald sie den Raum verlassen hat, gehen die Gespräche weiter.

Ich und begabt, dass kann ja nur schiefgehen (wird überarbeitet) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt