*Die ungewollte Nachhilfe*

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„Soweit ich weiß, habe ich keinen." Ich wende mich als Nächstes einem Mädchen mit weißen Haaren zu. Luna hebe ich mir für den Schluss auf. Wie sagt man so schön? Das Beste kommt zum Schluss. „War deine Begabung dein erster Kontakt zu unserer Welt?" frage Lisa. Ja, davor ist mir nie so etwas in der Art passiert. „Erster Kontakt."

Jetzt meldet sich nur noch eine Person außer Luna. Das Mädchen, das ich mir für den nächsten Fragenblock ausgesucht habe, sieht mit ihren blauen Augen ganz sympathisch aus. „Kommst du auch in den Kurs für Außenstehende?" „Ich weiß es noch nicht." „Es ist ein Wahlpflichtfach, von Schülern für Schüler." Das klingt sehr professionell.

Jetzt ist nur noch Luna dran, die sich meldet. Muss wohl sein. „Luna." „Wie bist du hierhergekommen oder anders gesagt, wie hast du deine Begabung entdeckt?" Ich atme schneller. „Wie im Unterricht gesagt, habe ich angefangen, Sachen rumfliegen zu lassen." Luna sieht sehr unzufrieden aus.

„Wir wollen hier eine Basis des Vertrauens an der Schule schaffen. Daher kann und werde ich deine Antwort nicht akzeptieren, denn sie ist sicher nicht vollständig wahr."

Darauf habe ich keine Lust; ich könnte doch auch mal etwas zurückfeuern. „Dann antworte ich so: Das ist privat, meine Gute."

„Dann frage ich meine Mutter." „Mach, aber ich setze mich jetzt wieder." Luna sieht mich an, als ob sie mich töten wolle. „Das Treffen ist beendet." Kurz darauf kommt Cornelia herein und geht auf mich zu.

„Mari, ich wollte dich fragen, ob es in Ordnung ist, beim Wahlpflichtfach im Grundlagenkurs für Außenstehende allein zu sein. Wir können dich auch in einen der anderen Kurse stecken, aber ich dachte mir, es würde nicht schaden, erst einmal die Grundlagen zu lernen. Es ist vor allem kein richtiger Unterricht, sondern eine Nachhilfestunde mit einem Schüler, den wir dafür finden."

„Kann ja nicht schaden." Hört sich besser an als Unterricht. Cornelia lächelt. „Super, dann komm doch einfach in die Bibliothek. Sagen wir, den rechten Gang bei den Büchern über Begabte." Es gibt zwei Gänge für Begabte? Nun, ich kann die Schilder halt nicht so richtig lesen. Kein Wunder, dass ich es nicht mitbekommen habe. Zum Glück war ich gestern schon im rechten.

„Tschüss," sage ich und gehe schnell mit Lisa ins Bad. Danach eilen wir mit unseren Schulsachen zum Frühstück. Ben und Finn hängen nur so komisch herum. Ich dachte, ich wäre ein Morgenmuffel, aber dagegen ist jeder andere ein Frühaufsteher.

Die erste Stunde vergeht sehr schnell. Danach steht das Wahlpflichtfach vor der Tür. Zum Glück geht Lisa mit mir in der Pause in die Bibliothek, um Aufgaben zu machen, die sie vergessen hat. Wir beide werden hier wohl Dauergäste. Mit Lina war ich auch immer in den Pausen in der Bibliothek, weil wir beide die Hausaufgaben immer und immer wieder vergessen haben.

Die Schilder sehen immer noch nicht besser aus, also führt sie mich in den richtigen Gang. Wir verabreden uns wieder hier in der Pause. Ben und Finn würden dann auch hier hinkommen und mit uns Karten spielen. Die Bibliothekarin scheint Karten zu verteilen.

Als Lisa weg ist, setze ich mich hin und warte. Nach fünf Minuten höre ich die Tür zuknallen. Ich kann es nicht glauben, wer da auf mich zukommt. Das kann doch nicht Melcon sein! Mit dem halte ich es ja höchstens zehn Minuten ohne eine Panikattacke aus. Könnte ja auch Zufall sein, dass er hier ist. Ich meine, er muss wahrscheinlich irgendwas für den Unterricht nachschauen.

Mein Wunsch scheint wahr zu werden, denn er nimmt ein Buch aus dem Regal. Zu meinem Glück setzt er sich genau neben mich. Bitte, Gott, so wenig religiös ich auch bin, lass ihn nicht mein Nachhilfelehrer sein. Da habe ich doch lieber Unterricht.

„Also fangen wir doch bei den unterschiedlichen Arten an." Mist, das kann doch nicht wahr sein. Er schaut mich auffordernd an: „Was gibt es für Arten?" Welche hat Lisa nochmal aufgezählt, als wir hierher gingen? „Also, Vampire, äh, Wandler, mhmm, halbe, äh, Hexen und Fea."

„Erstens, es heißt Alben. Zweitens, beim nächsten Mal ohne so viele Füllwörter. Drittens, du scheinst keine Ahnung zu haben. Daher gehen wir nochmal alle durch und üben gleichzeitig die Sprache. Nächste Frage: Hat sich seit gestern etwas an deinem Weltbild geändert oder kannst du die Bucheinbände immer noch nicht lesen?"

Er spricht so kühl, dass mir ein Schauer über den Rücken läuft. Gleichzeitig strahlen seine Augen eine unbekannte Wärme aus. Himmel, schau ihn jetzt nicht an, Mari. „Es hat sich nichts geändert," erwidere ich steif.

Er seufzt: „Dann üben wir mal durch den Schein sehen, wie im Kindergarten." Sehr freundlich. „Also, schau dir das Schild an, das verschwommen ist. Stell dir vor, dass das Verschwommene eine Wand ist, die man einreißen kann. Versuche, sie einzureißen, verstanden?" Ich nicke und probiere es, doch es funktioniert nicht.

Ich schüttle meinen Kopf: „Das funktioniert nicht." „Dann machen wir es eben anders." Er ergreift meine Hand und ich spüre, wie die Angst in mir hochsteigt. Ich atme schneller, doch die Panik hört nicht auf. „Also, das hört erst auf, wenn du mir sagst, was auf der anderen Seite des Schildes steht."

Ich probiere es, aber es funktioniert nicht. Mir wird schwindelig. Plötzlich fügt sich das Verschwommene mit lesbaren Buchstaben zusammen. „Geschichte der Wandler steht da," bringe ich unter großer Anstrengung heraus. Auf einmal kann ich wieder atmen. „Na, geht doch. Was war da so schwer?"

Ich vergesse alles, was ich weiß. „Bist du eigentlich komplett behindert?" Er schaut mich einfach nur an. Will er mich mit seinem Blick umbringen? Was passiert wohl jetzt?!

Ich und begabt, dass kann ja nur schiefgehen (wird überarbeitet) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt