*Zwischen Fluch und Segen*

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Ich schweige immer noch. Melcon starrt mich weiter an. Wir beide wissen, dass ich nichts sagen werde. Schließlich wendet er sich zu dem Kerl, dessen Namen ich vergessen habe. Ach ja, Leo, obwohl sein richtiger Name irgendwas anderes ist. „Kontrolu šiajn memorojn", sagt Melcon plötzlich.

Was soll das jetzt heißen? Leo kommt auf mich zu und sieht mir direkt in die Augen. Was will er jetzt? Meine Hände beginnen zu kribbeln. Ich spüre, wie es wieder passieren will. Halte es einfach zurück, befiehlt eine Stimme in meinem Kopf. Aber es passiert trotzdem. Ein grelles Licht blitzt auf, und Leo wird davon nach hinten geschleudert. Erstmal sieht es nicht so schlimm aus, doch dann wird das Licht so hell, dass ich selbst nichts mehr erkennen kann.

Als ich endlich wieder etwas sehe, scheint Leo schwer verletzt zu sein. Er sieht aus, als hätten ihm Dutzende Messer tiefe Wunden zugefügt, und jemand hätte ihn dann mit Benzin übergossen und angezündet. Ich hasse diese "Gabe". Eigentlich ist es keine Gabe, eher ein Fluch.

„Warum passiert das immer?", höre ich Maris Stimme, als sie zu Leo geht und ihn prüft. „Er lebt noch. Zum Glück ist er kein Mensch. Andernfalls wäre er längst tot." Sie lehnt sich zu ihm hinunter und sagt spöttisch: „Na los, Leonardo. Steh auf. Oder willst du mir etwa sagen, dass du von so etwas schon ausgeknockt wirst?"

Es scheint unmöglich, dass er wieder aufstehen kann, so schwer verletzt, wie er aussieht. Aber dann erhebt sich Leo tatsächlich wieder auf die Füße, auch wenn sein Gesicht vor Schmerz verzerrt ist. „Geht's dir gut?", fragt Maris. Leo nickt nur stumm.

Jetzt richtet Melcon seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. „Ich glaube, wir sollten damit beginnen, deine Izibikezelo, also deine Version der Gabe, in den Griff zu bekommen. Das sollte nicht allzu schwer sein."

Leicht? Wenn es so leicht wäre, würde ich ja keine Handschuhe tragen, oder? Es ist alles andere als leicht, diese Kraft zu kontrollieren. Wie hatte er sie genannt? Izibikezelo? Oder so ähnlich.

Melcon mustert mich eindringlich. „Bist du eigentlich sicher, dass der Stein in der Trainingshalle nur gesprungen ist? So wie Leonard jetzt aussieht, habe ich da meine Zweifel."

Typisch Melcon und seine Launen. Mal ist er so, mal ist er ganz anders. Was ist bloß immer mit ihm los?

„Ich kann es irgendwie zurückhalten", sage ich schließlich leise.

„Wie denn?"

„Ich... schließe es ein."

„Hast du das auch schon mal mit deiner Izibikezelo versucht? Also, es einzuschließen?"

„Ja, aber es passiert leider zu plötzlich." Das ist nicht ganz die Wahrheit. Es passiert meistens nur, wenn ich jemanden berühre. So plötzlich ist es also gar nicht. Aber was soll ich schon sagen?

Melcon seufzt. „Na gut, wir versuchen es mal mit einer Mauer. Stell dir eine hohe, dicke Backsteinmauer vor. Einen Stein nach dem anderen. Und wenn du bereit bist, werde ich dich berühren."

Ich nicke und schließe die Augen. Eine Mauer. Eine hohe, undurchdringliche Backsteinmauer. Stein für Stein baue ich sie in meinem Kopf auf.

Ich und begabt, dass kann ja nur schiefgehen (wird überarbeitet) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt