*Verborgene Gefahr*

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„Mari, jetzt steh endlich auf!" Ugh, ich will nicht, es ist erst 7:30. „Lass mich in Ruhe."
„Gut, wenn du zu spät kommst, ist es nicht meine Schuld." Widerwillig quäle ich mich aus dem Bett. Es ist ja nicht so, als wäre Wochenende. Nein, es ist Elternbesuchstag – und meine Eltern kommen natürlich nicht. Weil es für die Nicht-Normalen einen extra Besuchstag gibt, musste das natürlich am Wochenende sein. Als gäbe es nicht fünf andere Wochentage.

„Wieso muss ich vor allem helfen?"
„Wir brauchen jeden Helfer."
Toll. Also steh auf, Mari. Auf drei. Eins, zwei, drei – und ich mühe mich hoch. Ich vermisse dich jetzt schon, Bett. Na gut, ab ins Bad, so schnell wie möglich. Erstaunlich, ich habe heute nur zehn Minuten gebraucht, aber alle anderen sind schon weg.

Wenigstens kann ich den Tag mit Finn verbringen. Irgendwie ist es seltsam. Ich mag ihn, aber ob ich wirklich mit ihm zusammen sein will? Keine Ahnung. Alles ist so verwirrend, und er scheint sich auch nicht ganz sicher zu sein.

Die Cafeteria ist heute überfüllt, weil alle zur gleichen Zeit fertig sein müssen. Ich kämpfe mich durch die Menge zu unserem Tisch. Die anderen haben bereits für mich bestellt, und erstaunlicherweise bin ich heute mal nicht die Letzte. Nur Finn fehlt noch.

„Wo ist Finn?" frage ich. Lisa schaut mich an, als müsste ich das wissen.
„Da, wo du auch gerade noch warst. Obwohl das für ihn ziemlich ungewöhnlich ist."
Ben und Lisa frühstücken weiter. „Freut ihr euch auf eure Eltern?" frage ich vorsichtig.
Ben hebt den Kopf. „Meine Eltern? Ja, aber nicht auf meine sechs jüngeren Geschwister. Und meinen ältesten Bruder auch nicht."
„Wie alt sind deine Geschwister?"
„Meine Geschwister sind 1, 3, 5, 8, 8, 10 und 115."
„Kleiner Altersunterschied", murmele ich.
„Julius war auch nicht geplant."
„Wie alt sind dann deine Eltern?"
„Meine Mutter ist 135, mein Vater 142."
„Und bei dir, Lisa?"
„Meine Mutter kommt, aber mein Vater ist ein Mensch."

„Und du, Mari? Wie ist es bei dir familiär?"
„Geht so. Meine Eltern wollen nichts mit mir zu tun haben, und umgekehrt ist es genauso."
Ben steht auf. „Ich gehe mal schnell nach Finn schauen. Er hat nur noch fünf Minuten, bevor die Cafeteria schließt."

„Kannst dich wieder setzen, ich bin schon da", sagt Finn und setzt sich, während er schnell sein Brot verschlingt.
„Finn, warum—" fange ich an, aber Ben schüttelt kaum merklich den Kopf.
„Was wolltest du fragen, Mari?"
„Wieso bist du erst so spät da? Ich brauche dich gleich zum Flyer-Verteilen. Oder soll ich das allein machen?"
„Betten sind einfach zu gemütlich", grinst Finn.
„Deswegen würdest du mich im Stich lassen?"
„Natürlich", lacht er, und ich ziehe eine Schmollschnute.

Dann ertönt eine Durchsage: „Bitte alle Schüler, deren Eltern kommen, zum Venireplatz. Die anderen Schüler bitte zu ihren Aufgaben." Venireplatz – man hätte es nicht einfach Teleportierplatz nennen können. Nein, das wäre zu menschlich gewesen. Ben und Lisa stehen auf und gehen nach draußen. Finn und ich begeben uns zu den Klassenräumen, wo wir warten, bis jemand kommt, dem wir Flyer geben können.

„Lass die Langeweile beginnen", murmelt Finn.
„Die anderen müssen es am alternativen Besuchstag machen, also ist es in gewisser Weise fair."
„Da muss ich doch auch helfen. Nur weil mein Bruder nicht zu Besuch kommen kann."
„Warum kann er schlecht zu Besuch kommen?"
Finn sieht plötzlich ertappt aus. „Nicht so wichtig."
Jetzt bin ich aber neugierig. „Wenn es nicht wichtig ist, kannst du es mir doch sagen."
„Er würde mich von der Schule nehmen und dich töten. Also lassen wir das besser."
Das war doch jetzt ein Scherz, oder?
„Übertreib nicht so."
„Ich untertreibe sogar."
„Okay", werfe ich schnell ein, bevor es zu düster wird. Sein Bruder scheint wohl nicht der Freundlichste zu sein.

„Was machst du eigentlich in den Ferien?" fragte Finn, doch in dem Moment knallt es laut hinter uns. Wir zucken beide zusammen. Es knallt mehrfach, so laut, dass wir uns die Hände auf die Ohren pressen. Wie aus dem Nichts tauchen Gestalten hinter uns auf – wie Schatten, die sich bewegen. Sie kommen langsam auf uns zu. Was wollen die? Ich erstarre vor Angst, doch Finn packt meine Hand und zieht mich schnell mit sich fort. Wir laufen nach draußen, aber dort stehen noch mehr dieser Gestalten. Eine große Menge Schüler und Eltern wird langsam in einen Kreis gedrängt.

Eine der Gestalten spricht: „Wir, die Şeytan, sind zurück. Und wir holen uns, was uns gehört."
Wir stehen wie erstarrt da. Was soll das heißen? Finn schluckt schwer und sieht traurig aus. Plötzlich schreit jemand aus der Menge: „inunu yakhe iyanyamala."
Ich muss dringend Vokabeln lernen.

Finn beugt sich zu mir herunter, seine Stimme zittert. „Verschwindet, ihr Monster!"
Der Anführer der Şeytan scheint leicht gereizt. „kuthiwa siyizilo.nabulala izingane zethu bese niyabungaza."
Selbst Finn sieht jetzt verwirrt aus. „Er redet irgendwas von toten Kindern und davon, dass sie Monster sein sollen."
Es geht jetzt alles so schnell, dass man kaum mitkommt. Mehrere Vampire greifen die Şeytan an, während sich die Werwölfe verwandeln.

Was passiert hier gerade? Einer der Şeytan streckt die Hand aus, und alle Angreifer werden von den Schatten verschlungen. Meine Angst wächst immer mehr. Was wird jetzt passieren?

Zwischen den Schülern und Eltern macht sich Panik breit. Ich sehe einige Eltern hektisch auf ihre Kinder zu stürmen. Eine Mutter hält ihre Tochter fest, Tränen stehen ihr in den Augen. „Wir müssen sofort hier weg!" ruft sie, aber die Schulleiterin beruhigt sie. „Bitte, bleiben Sie ruhig! Wir haben die Situation unter Kontrolle!" Ein Vater zieht seinen Sohn von der Menge weg, murmelt ihm etwas Beruhigendes zu. Es ist das erste Mal, dass ich die Erwachsenen so verängstigt sehe. Ein paar Eltern beginnen, ihre Kinder aus der Schule wegzuführen, ungeachtet der Anweisungen der Lehrer.

„malaperas", ruft jemand, eine autoritäre Stimme, die mir irgendwie bekannt vorkommt. Sie kommt aus der Menge der Şeytan.
„Sed", ruft der Anführer wieder.
„ne, ordono de la reĝo."
Nach diesen Worten verschwinden alle Şeytan in den Schatten. Was sind das für Wesen? Jetzt, wo sie weg sind, entspanne ich mich ein wenig. Unsere Schulleiterin, Frau Klanas, spricht: „Liebe Eltern und Schüler, die heutige Veranstaltung ist abgesagt und wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt. Alle Schüler finden sich bitte um 19:00 Uhr in der Cafeteria ein."
Ernsthaft? Wir werden angegriffen und müssen jetzt acht Stunden auf Antworten warten?

Finn ballt die Faust und ruft: „Dürfen wir jetzt wenigstens über die Şeytan reden, oder ist es immer noch verboten, über den Krieg zu sprechen?" Die Lehrer beginnen, zu diskutieren. Lisa und Ben kommen auf uns zu. Ihre Eltern sind wohl schon weg.

Ich schaue mich um. Tatsächlich, alle Eltern, die eben noch in Panik waren, sind jetzt verschwunden. Nur eine verwirrte Menge Schüler bleibt zurück. Frau Klanas räuspert sich: „Wir haben uns entschieden, dass ihr jetzt Informationen über die Şeytan austauschen dürft."
Finn murmelt: „Wenigstens etwas."

Ich und begabt, dass kann ja nur schiefgehen (wird überarbeitet) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt