*Ein kaputter Stein?!*

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Die Sporthalle ist riesig.
Auf der einen Seite sieht sie aus wie eine ganz normale Sporthalle mit Tribünen. Doch hier laufen Schüler in unnormaler Geschwindigkeit ihre Runden zum Aufwärmen. Nervosität breitet sich in mir aus, als ein Mann auf mich zukommt.

„Hallo, du musst Mariam sein."
Selbstbewusst wirken, Mari. „Ja, das bin ich."
„Gut. Ich bin Klint. Wurde dir schon erklärt, wie wir herausfinden, in welche Kategorie du gehörst?"
Ich nicke. Nicht aufgeregt sein, das schaffst du schon. Hier sind ja nur zehn Leute, und keiner scheint mir Aufmerksamkeit zu schenken.
„Gut, dann machen wir es, bevor alle da sind. Komm mit."

Wir gehen zu einem Tisch, den ich zuerst gar nicht bemerkt habe. Darauf liegt ein Stein.
„Ach Mariam, du musst deine Handschuhe ausziehen."
„Muss das sein?" Bitte sag nein, bitte.
„Muss sein."
Es kostet mich einiges an Überwindung, die Handschuhe auszuziehen. Ich habe sie den letzten Monat nur zum Duschen und Schlafen abgelegt.

Mir ist klar, dass das nicht gesund ist. Als ich die Handschuhe ausziehe, sieht man es deutlich: Mein restlicher Körper ist gebräunt, aber meine Hände sind unnatürlich blass. Klint wirft nur einen kurzen Blick auf meine Hände, schüttelt den Kopf und hält mir den Stein hin.

Ich atme tief ein und aus, sammle meinen Mut und fasse den Stein an. Erst passiert nichts, dann plötzlich schießen unzählige Bilder in meinen Kopf. Ich sehe jede Person, die diesen Stein jemals berührt hat. Es ist genauso furchtbar wie beim ersten Mal. Ich kann das nicht. Wie zuvor strömt Licht aus meiner Hand, und der Stein fliegt durch die gesamte Sporthalle. Beim Aufprall zersplittert er in tausend Teile, und alle starren mich ungläubig an, bis Klint die Stille unterbricht:
„Macht mit den Aufgaben der letzten Stunde weiter."
Er kommt freudestrahlend auf mich zu. Was habe ich jetzt angestellt? Habe ich etwas falsch gemacht? Bestimmt. Verdammt, ich hätte den Stein nicht kaputtmachen dürfen. Warum passiert das immer? Denk positiv, Mari – wenigstens war es diesmal kein Lebewesen.

Schnell ziehe ich mir wieder die Handschuhe an.
„Also, Mariam, was hast du am Anfang gesehen?"
Lügen bringt nichts. „Jeden, der den Stein angefasst hat."
„Ist dir das schon einmal bei einem Gegenstand passiert?"
„Nein, nur bei einem meiner Freunde."
„Okay. Und was war mit dem Wegfliegen des Steins? Hattest du Angst?"
Ja, eindeutig. „Ja."
„Dann kann ich dir sagen, dass du zur Begabungskategorie Sijhawn šviesa gehörst. Kommt nicht sehr oft vor, aber das Gute ist, dass du einfach am Unterricht teilnehmen kannst. Ich bin da, wenn du Fragen hast."

Ich komme kaum noch mit. Aber der Sportlehrer scheint das Gespräch bereits abgehakt zu haben. Ich werde später Ben fragen, was das bedeutet. Was hat Klint nochmal gesagt? Begabtenkategorie Sijhawn šviesa?

„Alle zusammen in Gruppen, wir üben Abwehr!" ruft Klint.
Schnell gehe ich zu Ben rüber. „Können wir zusammen üben?"
Er lächelt mich an: „Klar, solange du mit mir nicht das Gleiche machst wie mit dem Stein."

Ben schafft es, mich immer zum Lachen zu bringen. „Mal sehen, mal sehen. Vielleicht mache ich das nicht, wenn du mir eine Frage beantwortest: Was bedeutet diese Begabtenkategorie Sijhawn šviesa oder so?"

Ben schaut mich nachdenklich an. „Wie erkläre ich das jetzt am besten? Also, grob gesagt, bedeutet es Licht oder Zeit. Am Anfang ist es schwer, die beiden auseinanderzuhalten, deshalb fasst man sie zusammen. Verstanden?"

Geht so, aber ich will ihn nicht weiter quälen, also nicke ich.
Ben wirkt erleichtert und holt einen Ball. Wir schießen ihn uns hin und her – interessantes Training. Trotzdem starren mich immer noch einige der Schüler an. Ich hasse es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.

Ben und ich verbringen eine witzige Stunde zusammen, die viel zu schnell vorbei ist. Wir verabreden uns, uns später bei der Tür der Sporthalle zu treffen. Schnell ziehe ich mich um und will hinausgehen, doch mir wird der Weg von Luna und drei anderen Mädchen versperrt.

Wie klischeehaft. Na gut, dann spiele ich mit. „Kann ich bitte durch?"
Luna, offensichtlich die Anführerin, verschränkt die Arme. „Nein, du hörst mir jetzt genau zu. Du wirst mich niemals übertreffen. Ich werde immer die beste Begabte an dieser Schule sein. Meine Fähigkeit ist die stärkste. Du hast nur einen Stein kaputtgemacht – ich habe ihn zerstört, nicht nur in Stücke zerbrochen."

Ich verdrehe die Augen. „Okay, dürfte ich jetzt durch?"
„Natürlich, und wenn du Lust hast, kannst du gerne mit uns Begabten abhängen, anstatt mit diesen schwachen Nichtskönnern." Mit der stimmt doch was nicht.

„Danke für das Angebot, ich denke darüber nach." Nein, eigentlich nicht. Gespielt zögerlich frage ich: „Darf ich jetzt gehen?"
Sie schaut mich siegessicher an und nickt. „Kannst du."

Ich gehe schnell, bevor sie es sich anders überlegt.
Ben wartet schon auf mich. „Hat ja lange gedauert."
„Ich wurde aufgehalten."
„Na komm, die anderen sind sicher schon gespannt, welcher Kategorie du angehörst. Wegen der Gerüchteküche hier wissen sie es wahrscheinlich schon."

Ich und begabt, dass kann ja nur schiefgehen (wird überarbeitet) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt