"Keigo, ich schwöre dir, wenn du noch eine Minute länger in diesem Badezimmer bleibst, pinkel ich den ganzen Flur voll und lass es dich wegwischen!" Normalerweise kein Satz, den er laut ausgesprochen hätte. Gedacht, vielleicht. Ausgesprochen, niemals. Dafür lag die Grenze seines Schams einfach viel zu niedrig. Es war nur eben so, dass sich seine Prioritäten in der jetzigen Situation etwas verschoben hatten. Seit 2 Stunden, 2 gottverdammten Stunden, wartete er nun schon darauf, endlich das Badezimmer benutzen zu dürfen! Am Anfang war es nicht ganz so schlimm gewesen und er hatte sich einfach mit anderen Dingen abgelenkt, doch so langsam wurde es immer schwerer den Druck in seinem Unterleib zu ignorieren. Warum zur Hölle gab es in diesem gesamten Gebäude auch nur ein einziges Badezimmer für sieben Personen? Seine Blase fühlte sich so an, als würde sie gleich explodieren! Ein metallisches "Klick" war seine Rettung in letzter Not, als er schon fast die Hoffnung aufgegeben hätte und die Geschwindigkeit mit der er die Tür aufriss und in den Raum hinein stürmte, glich geradezu einer Verfolgungsjagd mit der Polizei. Ihm war in diesem Moment vollkommen egal, ob Hawks oder sonst wer noch anwesend waren und ihm zusehen konnten oder nicht! Sein Fokus lag gerade auf exakt einer Sache und das war die Toilette. Ein nur halbherzig unterdrücktes Seufzen verließ seine Lippen, als sich der Druck in seinem Unterleib endlich verflüchtigte und er spürte, wie pure Erleichterung seinen Körper durchflutete.
"Du hättest wenigstens warten können, bis ich draußen bin.", hörte er im Hintergrund eine bekannte Stimme nörgeln und automatisch wanderten seine Augen zu der zweiten Person im Raum. Der Blondschopf hatte sich an das weiße Keramik Waschbecken angelehnt und starrte ihn aus unbeeindruckten Augen an. In seiner Hand hielt er etwas, das Dabi erst nicht ganz identifizieren konnte, sich bei genauerem hinsehen allerdings, als hauchdünner Metallkamm herausstellte. Irritiert zog er eine Augenbraue nach oben und blickte zu den Haaren des anderen. Er war dessen eher zotteligen Look gewöhnt und auf ihn wirkten die goldenen Locken unverändert. Dann gab es nur noch eine andere Möglichkeit... Neugierig wanderten seine Augen zu den ausgefahrenen Schwingen seines Gegenübers und tatsächlich wirkten die roten Federn darin seltsam aufgeplustert und zerzaust. Warte, war es etwas das, womit der andere die ganze Zeit über beschäftigt gewesen war? Seine Federn zu bürsten? Oh mann, und er hatte schon gedacht, er wäre durch seine Narben ein Sauberkeits Fanatiker! Er brauchte einen Moment, um seinen Blick von den Flügel seines Partners zu lösen und sich wieder an dessen Aussage zu erinnern. "Du bist mein Freund. Du bist der einzige, der mich unten ohne sehen darf. Wenn dir der Anblick nicht gefällt, dann schau irgendwo anders hin.", antwortete er trocken und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er das Augenrollen auf seine Worte bemerkte. Vor 2 Wochen wäre er vor Scham noch tot umgefallen, wenn er so mit Hawks geredet hätte. Jetzt jedoch, dachte er gar nicht mehr lange darüber nach, was angemessen zum laut aussprechen war und was nicht, sondern äußerte meist einfach das, was ihm in den Sinn kam. Bei seinem Partner war es genauso. Nicht nur hatten sie beide über ihre Vergangenheiten geredet und ein paar Geheimnisse gelüftet, nein, sie waren auch im normalen Alltag offener und ehrlicher zueinander geworden. Es fühlte sich gut an. Endlich hatte er jemandem, dem er vertrauen konnte.
Der geflügelte antwortete nicht auf seine Aussage, wand aber auch nicht den Blick ab. Ganz im Gegenteil. Er schien ihn damit nur noch mehr zu durchbohren. "Was?", fragte er und zog irritiert die Stirn kraus. Er war es gewohnt, dass Hawks mit seinen Falkenaugen immer so wirkte, als würde er direkt in deine Seele starren, aber in dieser Situation war es dann doch etwas unerwartet. Es war nicht so, dass er sich vor seinem Freund noch großartig für seinen Körper schämte, aber dieser Blick ließ ihn dann doch leicht verlegen werden. Einen Moment lang, musterte sein Gegenüber ihn noch weiterhin stumm, bevor sich schließlich ein Grinsen auf seinen Zügen ausbreitete. "Du sitzt auf dem Klo, wie ein Mädchen." Die Aussage war so trocken, dass er kurz perplex blinzeln musste, bevor er verstand, dass es ein Witz war. Sein Vater hatte ihn damals oft, als nicht männlich genug bezeichnet. Von Geburt an war er nicht das, was man einen typischen, gut gebauten Mann nennen würde. Er hatte die dünne und eher grazile Statur seiner Mutter geerbt und auch seine Züge waren, trotz der vielen Narben in seinem Gesicht, eher weich. Sein Äußeres ließ, außer seiner Augenfarbe, kein bisschen vermuten, dass er mit Enji Todoroki verwand war. Er besaß zwar die nötigen Muskeln und wusste, wie man einen Schlag verteilte, doch dies sah man ihm so gut, wie nicht an. Das, gepaart mit seiner Vorliebe für Dinge, wie stricken oder lesen, hatte immer wieder zu Komplikationen mit seinem Vater geführt. Er konnte gar nicht mehr sagen, wieviele Argumentationen er schon mit diesem gehabt hatte, "wieso er sich wie ein Weib benahm" und "wann er endlich lernen würde, ein echter Kerl zu sein". Ihm persönlich war es dabei nie so vorgekommen, als würde er sich besonders feminin oder gar, wie ein Mädchen verhalten. Er benahm sich einfach so, wie er war und verstellt sich nicht großartig. Vielleicht lag es wirklich nur an seinem äußeren, vielleicht auch daran, dass er schwul war. Wer wusste das schon? Seinen Vater nach seinen Gründen zu fragen, war defintiv keine Option, welche er in Erwägung zog.
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Your Power (Dabihawks)
FanfictionJapan in der Krisensituation. Eine gespaltene Gesellschaft, Aufstände, Rebellionen und eine Gruppe Verrückter, die alles verändern will. Natürlich gehört Dabi nicht zu diesen Spinnern. Er würde doch niemals bei sowas wahnsinnigem mitmachen...oder?