Kapitel 35

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Sein Innerses tobte. Sein Herz schlug gegen seine Brust, wie eine Duschungel-Trommel und sein Verstand schrie ihn förmlich an, endlich zu verschwinden. Ein weiteres Mal in seinem Leben vor seinen Problemen davonzulaufen, wie der Feigling, der er nunmal war. Er hatte darüber nachgedacht und es in Erwägung gezogen. Nun, was hieß in Erwägung gezogen? Tatsächlich hatte es nicht lange gedauert, bis er sich wieder an dem Eingang oder auch Ausgang, wie man es nehmen wollte, durch den sie in diesen Ameisenbau gelangt waren, wiedergefunden hatte. Zu seinem Glück war der Tunnel nicht nur, wie eine Rutsche gebaut, sondern besaß auch eine geheime eingebaute Treppe, die einen zurück in die Außenwelt führte. Ihm war es dabei vollkommen egal gewesen, wer ihn in diesem Zustand sehen konnte. Sollte doch seine ganze verdammte Familie hier unten sitzen und zusammen Tee trinken, als wäre nie etwas zwischen ihnen gewesen!...Oder warte, sowas sollte er sich lieber nicht wünschen. Er hatte schon immer die schlechte Kraft gehabt, seine sarkastischsten und schlimmsten Wünsche durch irgendeine übernatürliche Macht wahr werden zu lassen. Als er schließlich den Ausgang des Tunnels errreichte, wirbelte ihm sofort der kalte Winterwind durch das Haar und ließ seine, durch all die angestaute Wut in seinem Inneren, sowieso schon gerötete Haut, nur noch purpurner werden. Seine Finger hatten sich beinahe schmerzhaft in dem Stoff seiner schwarzen Jacke festgekrallt und er musste die Augen schließen, sich voll und ganz auf seine Atmung konzentrieren, um nicht komplett zu explodieren. Die Reaktion gegenüber seinem Vater hatte womöglich schon übertrieben gewirkt, doch es war nichts im Vergleich zu den Emotionen, die wirklich durch seine Seele tobten und ihn anflehten, sie endlich freizulassen.

Er hatte sich schon, so gut es ihm möglich gewesen war, zurückgehalten. Hätte er all die angestauten Gefühle in seinem Inneren mit einem Mal auf seinen Vater losgelassen, dann wäre nun nur noch ein verkohltes Häufchen Asche von diesem übrig. Die Vorstellung klang verlockend, das gab er ehrlich zu und er war sich nicht sicher, ob er diesem Mann genauso viel Gnade gezeigt hätte, wie es der Fall gewesen war, wäre die Liga nicht im gleichen Raum, wie dieser gewesen und hätte er nicht einen ganzen verdammten Hofstaat, der ihm den Rücken stützte. Treue Männer und Frauen, die sich, wie Hunde, einem stärkeren Alpha-Tier unterordneten, nur um nicht ganz allein auf dieser Welt dazustehen. Bei dem Gedanken konnte er sich ein spöttisches Schnauben nicht verkneifen und beobachtete mit zusammengekniffenen Augen, wie die weißen Atemwölkchen in der kalten Luft aufstiegen. Noch immer stand er neben dem Tunneleingang mit dem falschen Brombeerstrauch und den noch viel fälscheren Leuten darin. Er konnte es nicht verstehen. Wie konnten sie alle jemandem, wie Enji Todoroki, einem Tyrann, wie es keinen zweiten gab, dienen? Dieser Bastard hatte so viele, viel zu viele, unschuldige Mutanten gefangen, verletzt und manchmal sogar eigenständig ermordet! Wenn er nicht aktiv für ihren Tod verantwortlich war, dann war er es passiv, indem er diese armen Seelen in eines der etlichen Sicherheitslager brachte und sie den grimmigen Wärtern und verrückten Wissenschaftlern dort überließ. Er hatte seine Frau geschlagen, sie in eine Klinik für psychisch kranke Menschen abgeschoben, nachdem er sie vollständig gebrochen hatte und seine eigenen Kinder ignoriert und misshandelt! Gut, von diesem Part wusste wahrscheinlich niemand seiner ach so treuen Anhänger, doch allein der Fakt, dass der rothaarige Hüne tausenden von Mutanten das Leben zur absoluten Hölle gemacht hatte, sollte der ausschlaggebende Punkt sein, um diesem Mann nicht zu folgen.

Es waren ja nicht einmal nur all diese fremden Personen. Nein, am schlimmsten war es für ihn zu glauben, dass sein Vater selbst seine Geschwister, diejenigen, die am besten wissen müssten, wie toxisch dieser Mann war, unbeschwert, um den Finger gewickelt hatte. Natsuo, Shoto...verdammt, wahrscheinlich versteckte sich auch Fuyumi hier irgendwo und er war ihr bloß noch nicht begegnet! Wieso? Hatten sie alle vergessen, was ihr Vater ihnen angetan hatte? Was er ihrer Mutter angetan hatte? Was war nur falsch mit dieser Welt? Warum lebten die Schuldigen in Reichtum und Genuß, während die wahren Opfer weggesperrt wurden, wie Tiere und Tag für Tag dazu verdammt waren, zu leiden? Fuck, er konnte das nicht! Er hielt es nicht aus, erneut in diesem Raum zu stehen und seinem Vater dabei zuzuhören, wie er, ausgerechnet er, etwas über Frieden und Gleichberechtigung erzählte. Dieser Gedanke war falsch! Viel zu falsch...

Your Power (Dabihawks)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt