2. Kapitel

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Rachel

Allein die Tatsache, dass er mich mit meinem vollen Namen ansprach, anstatt meinen Spitznamen zu verwenden, zeigte mir, dass er es ernst meinte. Ich sah kurz zu ihm rüber und versuchte zu verstehen, warum mein Vater überhaupt mit so jemandem befreundet ist. Schließlich ist er das komplette Gegenteil von ihm. Er ist zwar attraktiv, das bestreite ich nicht, und er führt das Unternehmen zusammen mit meinem Vater sehr erfolgreich. Trotzdem habe ich jedes Mal ein merkwürdiges Gefühl, wenn ich ihn sehe. Es ist kein unangenehmes Gefühl, eher ein verwirrendes.


Ich musste das alles erst einmal verarbeiten. Als ich etwas gegen die Stille unternehmen wollte, kam der Kellner mit unserer Bestellung.


„Es ist nicht fair", flüsterte ich und zog damit die Aufmerksamkeit der beiden Männer auf mich.„Du sagst, du vertraust mir, oder? Papa, ich werde in vier Monaten 18 Jahre alt, und du traust mir nicht zu, dass ich für ein paar Wochen alleine zurechtkomme. Tatsache ist, dass ich sowieso die meiste Zeit allein bin. Ich will mich nicht beschweren, dass du so viel arbeitest. Nein, aber das hier ist nicht fair. Ich habe mich immer an die verabredeten Zeiten gehalten, komme pünktlich nach Hause, und wenn ich länger wegbleibe, gebe ich dir immer vorher Bescheid. Dazu bin ich die Klassenbeste. Trotzdem bekomme ich nicht das Vertrauen, das ich verdient habe!", sagte ich. 

Mein Vater seufzte kurz, während Brain, der mir gegenüber saß, frech auflachte.

„Ich wusste, dass sie so reagieren würde", meinte er spöttisch.


„Temperamentvoll, wie ihre Mutter", murmelte mein Vater leise.


„Rachel, es ist beschlossen. Solange du keine 18 bist, wirst du daran nichts ändern können", erwiderte mein Vater in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. Ich schwieg und begann, mein Essen wortlos zu genießen.


Nachdem wir mit dem Essen fertig waren, unterhielten sich die beiden Männer über geschäftliche Angelegenheiten, während ich auf meinem Handy Jade schrieb. Ich erzählte ihr noch nicht von meiner jetzigen Lage, da ich noch Hoffnung hatte. Sie erzählte mir, dass sie einen „Schönling" gefunden hätte und schickte mir ein paar Bilder von ihm. Ich fand, er sah ganz niedlich aus, auch wenn er nicht unbedingt mein Typ war. Plötzlich fragte mein Vater nach seinen Autoschlüsseln, die in meiner Handtasche lagen. Ich legte mein Handy mit dem Bild auf dem Display auf den Tisch und suchte nach den Schlüsseln. Als ich sie ihm gab, verließ er den Tisch, weil er noch etwas im Auto nachsehen musste.


Nun waren Brian und ich allein. Ich schaute zu ihm hinüber und bemerkte, wie angespannt und vor allem wütend er auf mein Handy starrte. Er streckte seine Hand danach aus, aber ich reagierte sofort. Mit einer schnellen Bewegung nahm ich mein Handy und schaltete das Display aus. Als ich ihn ansah, merkte ich, dass er mich nun wütend anstarrte.


„Wer ist das?", fragte er mit ruhiger, aber befehlender Stimme.


„Nimm es nicht persönlich, aber das geht dich nichts an", antwortete ich selbstbewusst. 

Offensichtlich gefiel ihm meine Antwort nicht, denn er zog seine Augenbrauen bedrohlich zusammen. Es sah auf eine seltsame Weise attraktiv aus, aber auch erschreckend.

„Gib mir dein Handy. Jetzt", sagte er und streckte erneut die Hand danach aus.

„Nein", entgegnete ich und verschränkte meine Arme vor der Brust.


„Rachel, gib mir dein Handy. Sofort", zischte er, während er seine Hand ausstreckte, ohne seinen Blick von meinen Augen zu lösen.


„Lass es doch einfach. Ich kenne diesen Jungen nicht mal", sagte ich, obwohl das nicht ganz stimmte. Der Typ ging auf meine Schule, und wir hatten Biologie zusammen.

„Dein Handy. Jetzt!"

„Was ist plötzlich mit dir los?", fragte ich verwundert. Sein Verhalten war mir völlig fremd. Normalerweise war er in meiner Gegenwart gut gelaunt. Er sah, dass ich mich weiter weigern würde, also stand er auf und ging auf mich zu – bis mein Vater wieder auftauchte.

„Brian. Rachel und ich werden jetzt gehen. Ich habe mitbekommen, dass du vor unserem Erscheinen bezahlt hast. Danke. Vergiss bitte nicht, Rachel morgen von der Schule abzuholen, da ich früh unterwegs sein werde und ihre Sachen noch zu dir gebracht werden müssen", sagte mein Vater schnell.

„W-was?", fragte ich geschockt, während sich die beiden Geschäftspartner verabschiedeten. Brian kam noch einmal auf mich zu und umarmte mich viel länger, als nötig gewesen wäre.

„Glaub nicht, dass ich es nicht herausfinden werde", flüsterte er mir ins Ohr, während meine Augen sich vor Schreck weiteten.

„Bis morgen, Rachel. Schlaf gut", sagte er laut und lächelnd, sodass mein Vater es hören konnte.

„Bis morgen", erwiderte ich.


Der nächste Tag


Am nächsten Morgen wachte ich früh auf und machte mich für die Schule fertig. Der Rest des Abends gestern war langweilig. Nachdem wir uns von Brian verabschiedet hatten, herrschte zwischen mir und meinem Vater Stille.

Ich hatte mich angezogen, ging ich nach unten und sah meinen Vater, der mit hektischem Blick durch das Haus eilte. Anscheinend ist er am packen. Schnell gab er mir noch einen Abschiedskuss auf die Stirn und lief zu seinem Auto. Anschließend machte ich mich auf den Weg zur Schule und traf mich dort mit Jade. Die Schule war wie immer, nur dass ich meine gut ausgefallene Klausur zurückbekam.

Nach der Schule wartete ich draußen mit einem Mitschüler namens Jason, mit dem ich ein Referat vorbereiten musste. Wir waren in einer Gruppe eingeteilt worden. Als ich Brians Auto auf den Parkplatz fahren sah, verabschiedete ich mich von Jason und ging zu seinem Range Rover.Um ehrlich zu sein, hatte ich keine Lust auf Brian, aber ich tat es für meinen Vater, damit er sich keine unnötigen Sorgen machen musste.

𝐷𝑒𝑟 𝑏𝑒𝑠𝑡𝑒 𝐹𝑟𝑒𝑢𝑛𝑑 𝑚𝑒𝑖𝑛𝑒𝑠 𝑉𝑎𝑡𝑒𝑟𝑠Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt