Eine Stunde bevor der Club öffnete, ging ich die Treppen hinunter und sah, dass schon jemand die Theke putzte. Ich ging auf den Mann mit schwarzen Haaren zu und lehnte mich über den Tresen.
Der Club sah so viel größer aus, wenn er leer war. Keine Rotlichter, sondern normale LEDs beleuchteten den Raum und es ertönte keine Musik. Es war wirklich angenehm.
Er sah zu mir auf und lächelte schief. „Wie kann ich dir helfen, love?", fragte er. „Möchtest du dich schon um diese Uhrzeit von meinen exzellenten Drinks überzeugen?"
Ich lachte. „Nein, danke. Ich bin nicht in der Stimmung, um mich um diese Uhrzeit zu betrinken."
Er legte seinen Kopf schief. „Na ja, so gut sind meine Drinks nun auch wieder nicht, um dich mit einem umzuhauen. Wie kann ich dir sonst helfen?", fragte er und lehnte sich mir etwas zu. Er legte einen verführerischen Blick auf, den ich jedoch nicht erwiderte.
„Ich suche Haz. Ist er schon hier?", fragte ich, woraufhin er nickte und ins Backstage zeigte.
„Jep, er ist eben mit so einer blonden Tussi aufgetaucht. Ich habe mich echt erschreckt, als ich die beiden erblickt habe. Ich glaube, er hat den Sinn hinter einem Gay Stripclub nicht verstanden.", kicherte er und wischte mit einem Lappen über die Oberfläche. „Immerhin sind hier ausschließlich Männer erlaubt und die Security lässt normalerweise keine Frauen durch. Er scheint seinen Charme vollends ausgenutzt zu haben. Dennoch sollte man ihm die Funktion dieses Clubs nochmal etwas näher bringen."
Ich stimmte in sein Lachen ein, obwohl mir überhaupt nicht danach war. „Okay, danke für deine Hilfe. Ich gehe mal nach ihm sehen." Ich drehte mich um und mein Lächeln verschwand sofort, als ich an die Beiden dachte und was sie wohl im Backstage machten.
Mir gingen Tausend Dinge durch den Kopf, während ich meinen Weg in den Raum suchte, in dem Haz und ich es oft getrieben hatten. Allein die Erinnerungen daran, ließen mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen.
Ich atmete tief durch und schaute durch die angelehnte Tür. Bereits am Anfang des Flures konnte ich Haz' Stimme hören, die gebrochen wirkte. Er schluchzte und als ich ihn erkannte, sah ich seine verquollenen Augen. Seine Worte überschlugen sich und er musste sich in der Matratze festhalten, auf der er saß, um sein Bewusstsein nicht zu verlieren.
Ich wäre so gerne in den Raum gestürmt und hätte ihn in meine Arme genommen, doch das wäre angesichts dieser Situation ziemlich unangebracht. Denn diese Blondine war da, als ich es nicht war.
„Ich kann das nicht mehr.", winselte er und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Er schüttelte verzweifelt seinen Kopf und sackte immer mehr ins sich zusammen.
Dieser Anblick brach mir mein ganzes Herz, zersprang in Tausend kleine Teilchen. Er war komplett gebrochen und insgeheim hoffte ich, dass es jemanden gab, der auf sein gutes Herz, auch wenn es gebrochen war, aufpasste. Jemand sollte an Haz festhalten, als würde er ertrinken. Haz sollte beschützt werden und geachtet werden. Denn dieser Mann hatte das Herz am rechten Fleck.
Auch wenn ich niemals die Person sein würde, die er liebt, wünschte ich ihm, dass er diese Person eines Tages finden würde. Und auch wenn es die blonde Tussi vor ihm war...
„Du darfst nicht aufgeben.", sagte die Blonde, die sich vor ihn hockte und ihre Arme um ihn legte. Diese Stimme kam mir bekannt vor, aber ich konnte sie nicht zuordnen. Sie war hell, etwas zu hoch für meinen Geschmack. Piepsig und nervig. Aber sie war bei Haz und dafür war ich dankbar. „Du hast all die Jahre nicht aufgegeben, also solltest du das jetzt auch nicht tun."
Haz schluchzte, sein Körper bebte rasant. „Das ist nicht das Leben, das ich mir gewünscht habe. Nicht im Entferntesten.", erklärte er und sofort taumelte ich einen Schritt zurück. Diese Worte trafen mich wie ein Schlag. „Wann werde ich endlich frei sein?"
„Niemals und das weißt du auch.", fuhr die Blondine fort und machte ihm damit wohl wenig Hoffnung. Worüber sprachen sie? Warum konnte Haz nicht frei sein? Ich hörte, ihn schniefen. „Aber du kämpfst für sie, Haz."
„Ich weiß noch nicht einmal, ob es ihr gut geht. Ich vermisse sie so sehr.", sagte er und sah auf. Seine geröteten Augen blickten in ihre. Ich durchbohrte ihn, versuchte seinen Körper zu analysieren, irgendetwas herauszufinden. Aber er war unlesbar.
Sie rieb über seinen Rücken und versuchte ihn zu beruhigen. „Ich weiß. Ich tue es auch. Aber ihr wird es gut gehen, wo auch immer es sein mag. Sie ist jetzt in Sicherheit.", versprach sie und irgendwie konnte ich ein schwaches Lächeln spüren.
„Und was ist, wenn nicht? Wenn er sie noch immer schlecht behandelt? Ich kann mit dieser Schuld nicht leben. Ich hätte sie von Anfang an aus seinen Griffen befreien müssen. Stattdessen war ich zu schwach. Viel zu schwach.", sagte er und sog die Luft ein - so viel wie er nur konnte.
Seine Stimme zitterte. Dieser Verlust schien ihn wirklich zu treffen, dieser Schmerz in seinen Augen war kaum auszuhalten. Er wimmerte an ihrer Brust und schien nicht mehr aufhaltbar zu sein. Er weinte und weinte und weinte...
Sie drückte ihn fest an sich und gab ihm einen sanften Kuss ins Haar. „Ich weiß genau, wie schwer es ist. Aber du musstest sie gehen lassen, damit sie ein neues und besseres Leben starten kann. Lass sie endlich los, Haz. Lass den Geist deiner Vergangenheit gehen."
Ich schluckte hart. Der Geist der Vergangenheit... Diese Dämonen. Eine Verfolgung, die einen Menschen nie richtig los ließ. Dieses Gefühl von Geschehnissen erschlagen zu werden. Und vielleicht war ich dieser Ertrinkende, aber es war nicht er, an dem ich festhielt. Sondern an der Hoffnung. Die Hoffnung, dass irgendwann alles gut werden würde.
„Lass ihn gehen.", wiederholte sie in einer leichten Tonlage und Haz schien sich zu beruhigen.
Sie hatte gut reden. So leicht war das mit der Vergangenheit und seinen Dämonen nicht. Das wusste ich genau. So sehr ich versucht hatte, sie loszulassen, irgendetwas brachte mich immer zurück in ihre Arme.
Ich drehte mich um und stolperte durch den Flur. Mit einem tiefen Atemzug lief ich die Treppen hoch und ging an die frische Luft. Ich konnte Haz nicht ertragen. Ich wusste, dass ich sein Päckchen nicht auch noch tragen konnte - es würde zu schwer sein. Er war zu zerstört für mich. Es tut mir leid. Aber wir sind nicht füreinander bestimmt. Zwei gebrochene Seelen können sich nicht heilen. Zwei Scherbenhaufen können sich nicht reparieren. Dazu sind wir nicht geschaffen.
Haz war gebrochen. Er war kaputt. Völlig kaputt. Und dagegen konnte ich nichts machen. Er musste heilen, denn vermutlich konnte er deshalb nicht lieben.
Er ist zu kaputt und zu gebrochen, um wieder lieben zu können.
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Gone For Love - Larry Stylinson
Fanfiction❝𝑻𝒉𝒆𝒓𝒆 𝒊𝒔 𝒏𝒐 𝒔𝒆𝒄𝒓𝒆𝒕 𝒕𝒉𝒂𝒕 𝒕𝒊𝒎𝒆 𝒅𝒐𝒆𝒔 𝒏𝒐𝒕 𝒓𝒆𝒗𝒆𝒂𝒍.❞ Bist du bereit, alles für die Liebe zu riskieren, auch wenn es bedeutet, dass du deinem Untergang geweiht bist? Louis Tomlinson ist vierundzwanzig und bewirbt sich...