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Schnellen Schrittes gelang ich zurück ins Büro und warf mich in meinen Stuhl zurück. Ich war so schnell gerannt, dass ich hecheln musste und meinen Atem versuchte unter Kontrolle zu bekommen.

Dieses Bild von Olivia und Harry hatte mich völlig verstört. Ihn Harry zu nennen, war so ungewohnt, doch im Endeffekt war er Harry und nicht Haz. So weh es auch tat, musste ich der Wahrheit ins Gesicht sehen und sie akzeptieren.

Haz war ein elendiger Betrüger, der mich nur ausgenutzt hatte. Er wusste von unserer ersten Begegnung an, wer ich war. Er wusste, dass ich sein Angestellter war. Genauso wie es Niall und Liam waren. Er kannte uns alle und trotzdem tat er so, als seien wir Fremde.

Und ehrlich gesagt, waren wir das jetzt auch. Wir waren Fremde, nicht mehr und nicht weniger. Denn ich kannte Haz oder Harry eigentlich gar nicht. Es war ein reines Schauspiel.

Nun wusste ich also auch, mit wem er es die ganze Zeit über trieb. Es war diese Olivia und ihre Stimme passte perfekt zu der Blondine, von der Haz getröstet worden war.

Mein Kehle schnürte sich zu und ich hatte plötzlich das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Ich umgriff die Lehnen meines Stuhles und drückte zu. Nur somit konnte ich einen Schrei verhindern.

„Was machst du denn hier?“, hörte ich Niall plötzlich sagen, als ein lautes Tumult im Flur ausbrach. „Er will dich nicht sehen. Kapierst du denn gar nicht, wie sehr du ihn verletzt hast, Haz?“ Die Tür schwang auf und Haz trat ein. Ohne das Niall die Chance bekam, hinterherzukommen, schmiss Haz die Tür hinter sich zu und kam auf mich zu.

Er kam so schnell auf mich zu, dass ich Angst hatte, er würde mich zertrampeln. Doch er blieb kurz vor mir stehen und packte mich unter die Achseln, um mich hinzustellen. Er legte mein Gesicht in seine Hände und sah mich eindringlich an. „Lass mich dir alles erklären, Lou. Hör mir bitte zu. Ich brauche nur zwei Minuten.“, bat er mich flehend und sein Blick schweifte kurz zu meinen Lippen, ehe sie wieder zurück zu meinen Augen kamen.

Ich konnte nichts erwidern, war zu überfordert von seiner Geste und all dem, was geschehen war.

Er schluckte. „Okay, dann werde ich es einfach tun...“ Er setzte eine kurze Pause ein, ehe er endlich das richtige Wort ergriff. „Ich wollte nicht, dass es auf diese Art und Weise rauskommt, Lou.“

„Du wolltest, dass es gar nicht rauskommt.“, verbesserte ich ihn sofort, woraufhin er Augen und Lippen zusammenpresste und seinen Kopf durch die Gegend schweifen ließ.

„Nein, ich wollte den richtigen Moment abpassen.“

Ich schnaubte verächtlich. „Der wäre nie gekommen. Du hättest von Anfang an ehrlich sein müssen.“, erklärte ich ihm.

„Und glaub mir, Lou, dass weiß ich alles. Aber ich kann Vergangenes nicht rückgängig machen. Aber ich bereue es. Ich bereue es so, so sehr, Lou. Das musst du mir glauben. Denn mit einer Sache habe ich gelogen. Ich habe dich nicht nur geliebt, ich tue es immer noch. Ich liebe dich, Louis William Tomlinson.“, sagte er und sein Ausdruck wurde ganz sanft. Mein Herz wäre dahin geschmolzen, wenn da nicht diese Wut über ihn wäre, die mich die ganze Zeit über beherrschte.

„Und was soll ich antworten, Harry?“ Zum ersten Mal hatte ich seinen echten Namen ausgesprochen und er schmeckte nach Gift in meinem Mund. So widerlich und voller Lügen. „Ich kenne nicht einmal deinen ganzen Namen.“

„Harry Edward Styles“, murmelte er.

„Und das ist nicht auch wieder eine deine Intrige, um mich hinter das Licht zu führen?“, fragte ich skeptisch und erst jetzt erkannte ich, dass er all mein Vertrauen schamlos ausgenutzt und gebrochen hatte.

„Nein, das ist mein richtiger, ganzer Name. Du kannst meine Papiere anschauen.“, meinte er. Wieso war ich da eigentlich nicht früher drauf gekommen? Wieso hatte ich nicht auf seinen Führerschein oder so geguckt und so wäre sein intrigantes Spiel schon viel früher aufgefallen und er hätte mich nicht so verletzten können.

Ich zitterte. Seine Hände lagen noch immer auf meinen Wangen, spendeten mir völlige Wärme. „Was soll diese Geheimniskrämerei um deine Identität? Wieso sagst du nicht einfach allen Menschen, wer du bist?“

Er wandte seinen Blick für eine Sekunde ab, ehe er wieder zurückschaute. Ich konnte sehen, dass er es wirklich bereute… alles, was geschehen war. „Ich habe diese Agentur von meinem Vater übernommen, aber er wusste, dass ich Stripper war beziehungsweise bin. Und somit wollte er den Ruf dieser Firma nicht schaden. Er saß immer am längeren Hebel, auch als ich die Firma gänzlich in meine Hände nahm. Er hatte die Kontrolle über mich und alles, was ich tat. Und so kam es dazu, dass er mir von Sekunde eins verboten hatte, mit Kunden und Mitarbeitern in Kontakt zu treten. Somit konnte mich niemand erkennen, wenn er, wie du, im Stripclub auftauchte. Mit der Zeit nahm die Kontrolle zu und mein Vater installierte überall Kameras, die auch die Funktion hatten, alles, was im Raum geschah, zu hören. Heißt, ich konnte dein Bewerbungsgespräch mithören, aber auch all die Gespräche, die du sonst intern geführt hast.“, erklärte er beschämt.

In mir zog sich etwas fest zusammen. Es war absolut widerlich, zu wissen, wie sehr man unter Überwachung stand und ich hier keinerlei Privatsphäre in dem letzten Jahr über genossen hatte.
„Aber Lou, ich wollte das alles nie. Klar, ich hätte dir die Wahrheit sagen können, aber mein Vater…“

Und plötzlich wurde mir etwas ganz bewusst. „Was passiert jetzt mit dir? Was wird dein Vater tun?“, unterbrach ich ihn und fragte ich ihn ängstlich. Ich legte meine Finger auf seine Hände und stieß sanft seine Stirn gegen meine.

Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“, sagte er leise. „Aber es wird ziemlich unschön werden, weshalb ich jetzt gehen werde. Er wird jeden Moment auftauchen und ich möchte dich da nicht reinziehen.“ Er ließ von mir ab, sah mir aber in die Augen. „Wirst du mir jemals verzeihen können?“, fragte er schließlich, woraufhin ich tief einatmete.

Haz und ich…

Wir hätten nie so enden sollen…

„Weißt du, Haz? Das Schlimme an der ganzen Sache ist nicht, dass du gelogen hast.“ Ich schluckte und mein Herz machte prompt einen Satz. „Sondern dass ich eine Person liebe, die es nicht gibt.“

Gone For Love - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt