✿✧*Wieder zu Hause*✧✿

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Kapitel 12

Pov Levi

Wie ich dieses Bild hasse. Wie ich dieses ganze Zimmer hasse.

Alles ist so klein und eng. Überall hat es Schimmelflecken und dieses verdammte Bild, welches an der gegenüberliegenden Wand angelehnt steht.

Es ist von Frida Kahlo, der verletzte Hirsch. Ein nach meiner Meinung alles andere als schönes Bild.

Was soll das überhaupt darstellen? Ein Hirsch mit dem Kopf der Künstlerin selbst. Im Rücken des Hirsches stecken Pfeile.

Also der Name passt ja, aber den Sinn versteh ich trotzdem nicht. Weder hinter alter noch neuer Kunst gibt es ernsthaft einen tieferen Sinn, wenn ihr mich fragt.

Genervt erhebe ich mich vom unbequemen Bett, auf welchem ich die letzten paar Wochen schon verbracht hab.

Gegenüber immer noch dieses Bild, welches mich zu verfolgen scheint mit seinen verurteilenden Augen.

Mit den Nerven jetzt schon am Ende, obwohl ich erst seit wenigen Minuten wach bin, trete ich aus dem Zimmer direkt in die kleine, schäbige Küche.

Der blonde Riese, alias mein bester Freund, alias mein Mitbewohner und irgendwie noch alias mein Vater, steht glücklich, oberkörperfrei hinter dem Herd.

«Oh, hey Schlafmütze, auch mal wach?»

Es ist nicht wirklich eine Frage, es ist mehr eine von Erwins rhetorischen Fragen, auf die er gar keine Antwort will. Obwohl er sich daran gewöhnen musste, dass ich selbst auf seine sonstigen fragen kaum Antwort gebe.

«Kannst du dir jetzt nicht Mal mehr T-Shirts leisten?» genervt blicke ich zum immer noch halbnackten Mann.

Logisch, er ist sicher nicht schlecht gebaut, trotzdem null mein Typ. Ich bevorzuge, wenn sich mein Partner unterwirft und mir gehorcht. Jedenfalls ist es bei Männern so. Bei Frauen ist es dann schon was Anderes. Da mag ich es lieber eine dominante und eigensinnige Partnerin zu haben. Wieso dieser grosse Unterschied? Ganz einfach: bei Frauen muss ich mir keine Sorgen machen, dass sie mich dominieren, weswegen ich da gerne mal debattiere oder im Bett um die Vorherrschaft kämpfe mit der Sicherheit, dass ich eh gewinne. Bei Männern hab ich diese Sicherheit nicht, weswegen ich sie dort lieber zu hundert Prozent gehorsam habe.

«Wieso? Du bist doch bloss eifersüchtig.»

Ein dämliches Grinsen legt sich auf seine Lippen, was mir erst recht auf die Nerven geht.

«Nein. Wir wissen beide, dass ich immer noch den besseren Körper hab.»

«Stimmt schon, habe es ja auch schon gesehn.» und bei diesen Worten weiss ich ganz genau, dass ich ein Thema angeschnitten hab, über welches ich nie wieder reden wollte.

«Erwin, nein! Du weißt ganz genau, dass dies das einzige mir wirklich peinliche Erlebnis in meinem Leben ist, also fang jetzt nicht damit an!»

«Wieso? Ist doch nicht meine Schuld, dass du zu blöd warst, um die Tür abzuschliessen.»

Am Versuch, die Erinnerungen an diesen Abend zu verdrängen, bin ich jetzt definitiv kläglich gescheitert.

Es war in der ersten Woche, nach dem Erens Mutter starb. Ich hab mich zu jener Zeit mit Sex abgelenkt, weshalb es für Erwin schon fast normal war, dass am Morgen immer wieder jemand anderes in der Wohnung stand.

Ich lebte dann zwar noch nicht offiziell bei ihm. Aber meine nächtlichen Affären hab ich immer zu ihm gebracht, weil ich nicht wollte, dass sie sich dann an mich klammern, so als wären wir ernsthaft ein Paar, wenn sie in einer riesigen Villa aufwachen.

I want your loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt