Es war nebliges und regnerisches Wetter bei den Höhlen des nördlichen Finsternisrudels. Eine Windböe fuhr durch Jurikins Fell. Er seufzte und blickte von seinem Liegeplatz nach unten auf den Kampfplatz, auf dem er und sein Bruder Xin vor drei Tagen einen Kampf ausgefochten hatten. Er lag auf einem Felsen direkt oberhalb des Platzes. Der Regen hatte schon längst die Spuren der Auseinandersetzung fortgeschwemmt.
Links von ihm war der große Höhleneingang zu ihrem Unterschlupf. Vor dem Eingang spielten mehrere Welpen und ältere Wölfe passten auf sie auf. Es war ein reges Treiben beim Wolfsrudel. Die Jäger jagten, die Jünglinge passten auf die Welpen auf und der Alphawolf kümmerte sich mit seinen Beratern um die Führung des gesamten Rudels.
Doch Jurikin fühlte sich fehl am Platz. Er hatte schon immer das Gefühl, ein Ausgeschlossener in diesem Rudel zu sein.
Die meisten Wölfe gingen ihm aus dem Weg, bemerkten ihn nicht oder ignorierten ihn. Dies taten die Wölfe nur, weil er in ihren Augen ein Sonderling war. Sein Fell war an zwei Stellen weiß und seine Fähigkeiten als Finsterniswolf waren nicht genug ausgeprägt. Für sie waren dies Zeichnen von Schwäche und Schwäche bedeutet in einem Wolfsrudel zur untersten Schicht zu gehören.
Die anderen Wölfe dachten, dass er nicht das Recht besaß, ein Finsterniswolf zu sein. Doch da hatten sie sich geirrt.
Jurikin knurrte bei diesem Gedanken.
Na, sie werden schon sehen! Wenn ich erst einmal Alphawolf bin, müssen sie alle zu mir hochblicken!, dachte er sich und fletschte die Zähne. Die Raben, die sich auf dem Kampfplatz befanden, flogen kreischend davon, als sie ihn hörten.
Doch sofort verflog seine schlechte Laune und er blickte mit leeren Blick auf den Platz. Noch war es nicht sicher, ob er die Chance bekam, ein Alphawolf zu werden. Sein Vater, Taroxon und die anderen Wölfe, müssen noch ihr Einverständnis geben, damit er die Chance bekam, seinen Vater herauszufordern. Und auf diese Entscheidung wartete Jurikin bereits seit drei Tagen. Jede Sekunde, jede Minute und jede Stunde wurde seine Ungeduld größer.
Jurikin schüttelte seinen Kopf. >Wieso dauert das nur so lange!<
Er blickte auf den Platz, doch dann huschte ein listiges Lächeln über sein Wolfsgesicht. Jurikin musste daran denken, wie er seinen Bruder Xin besiegt und ihn in Schande gebadet hatte. Zwar hatte auch er schwere Verletzungen davongetragen, doch diese waren nur halb so schlimm wie die von Xin. Seine rechte Vorderpfote war etwas angeschwollen und auf seinen Hinterläufen konnte er nicht viel Gewicht verlagern, da er drohte, mit den Beinen abzuknicken. Im Gegensatz zu ihm, hatte sein Bruder weitaus schlimmere Verletzungen davongetragen. Jurikin hatte Xin am Bauch verletzt und ihm am linken Auge das Augenlicht genommen.
In dem Moment, wo sicher war, dass Jurikin den Kampf gewonnen hatte, kamen seine Schwester Zerisia und die Freunde seines Bruders angerannt, um diesen in die Höhle zu tragen und sich um seine Wunden zu kümmern. Da er keine Freunde im Rudel hatte, hat sich ein älterer Jäger um ihn gekümmert, der meinte, dass die Wunden nicht schlimm seien, und sie schön verheilen würden. Jurikin durfte sich nicht überanstrengen.
Der alte Jäger hatte recht. Die Wunden verheilten und man würde nur an den kleinen Narben sehen, dass er einmal verletzt gewesen war.
Jurikin bemerkte nicht, wie sich eine Gestalt von hinten näherte, bis diese seinen Namen rief. Erschrocken wirbelte Jurikin mit dem Kopf herum und blickte in gelbe Augen, die die gleiche Färbung wie die seine hatten.
„Oh, hallo Zerisia. Mit dir hätte ich jetzt am Wenigsten gerechnet. Müsstest du nicht bei Xin sein?", fragte er seine Schwester mit knurrendem Unterton.
Er wusste, dass sie mehr von seinem Bruder hielt, da dieser immer der Stärkste war. Sie hatte den gleichen Charakter wie ihr Bruder.
Doch eines wusste Jurikin nicht oder mochte es nicht wahrhaben: Dass Zerisia nur das Beste für Jurikin wollte. Sie mochte ihn, da er einen ehrlichen Charakter hatte, dennoch zeigte sie ihm das nicht offen. Zerisia hatte Angst, dass Jurikin sie zu weichherzig fand.
DU LIEST GERADE
Call of the shadows - Ruf der Schatten
Fantastik[pausiert] In der Welt Daromi bekamen die Wölfe von den Elementgöttern ihre Kräfte geschenkt, um das Gleichgewicht der Welt zu bewahren. Doch dieses Gleichgewicht währte nicht lange. Eine finstere Macht breitet sich in einem Rudel aus und es scheint...