18. Kapitel

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Vor Caro schob ich den Rest der Woche noch ein wenig Paranoia, der Rest ließ mich größtenteils einfach wieder in Frieden. Klar, den ein oder anderen blöden Blick bekam ich nach wie vor, aber der Großteil hielt sich doch wirklich sehr zurück. Es hatte sich eigentlich alles ziemlich schnell wieder normalisiert gehabt, abgesehen davon, dass ich mal ein wenig mehr Interesse für den Unterricht aufbringen konnte.
Julian hatte sich bei mir erkundigt ob ich am Wochenende irgendwann Zeit hatte, dies hatte ich allerdings verneint. Unser Abi-Team hatte die bevorstehende Party schon länger geplant. Sie diente wohl dazu, unsere eigentliche Abi-Party zu finanzieren. Wir hatten uns schon vorab in Gruppen einteilen können, was die Abi-Planung anging, aus diesen hatte ich mich allerdings herzlichst bemüht rausgehalten. Das einzige was ich jetzt fürs Abitur getan hatte, war meinem Vater nen Zettel vorzulegen, ob er nicht vielleicht ein bisschen spenden wollte. Beim Sponsorenlauf hatte er sich tatsächlich ziemlich großzügig gezeigt. Pro fünf gelaufene Kilometer hatte er 100€ gespendet, sportlich wie wir alle waren, waren damit allerdings auch gerade Mal 2000€ zusammengekommen. Wie wir finanziell so dastanden, wusste ich absolut nicht, das Einzige, was mich tatsächlich im Vorhinein interessiert hatte, war ob wir als angehende Abiturienten zumindest frei trinken durften. Tatsächlich war dies angedacht. Genervt über meine Frage und mein sonstiges Desinteresse an der Planung, hatte man mir damals diesbezüglich allerdings keine Auskunft gegeben. Mir im Nachhinein irgendwo auch verständlich..., vor allem, wenn ich mich im gleichen Zug davor gedrückt hatte selbst auszuschenken oder mich irgendwie anders nützlich zu machen.
Nachdem mich Mika kurz vor der Veranstaltung nochmal darauf angesprochen hatte, ob ich nicht vielleicht doch zumindest die erste Schicht hinter der Bar übernehmen konnte, hatte ich dann schließlich eingewilligt.
Gut besucht war die Halle bereits und schon relativ zu Beginn der Party strömten einige Bescher ein. Gänzlich nüchtern war ich hinter der Theke natürlich auch nicht, wir Abiturienten hatten schon vor dem tatsächlichen Beginn einmal angestoßen. Tatsächlich durften wir frei trinken. Finanziell standen wir wohl auch besser da als ich zunächst angenommen hatte, woran mein Vater mit einer weiteren großzügigen Spende wohl mal wieder nicht ganz unbeteiligt gewesen war. Wie gut ich mich damit fühlte, dass mein Vater wohl so versucht hatte meinen Namen reinzuwaschen, war vermutlich offensichtlich.
Sonderlich stark alkoholisiert war ich dadurch aber natürlich auch noch nicht. Caro hingegen war es durchaus bereits, als sie vor mir an der Theke aufschlug. Versuchte ich zunächst noch einen meiner Mitstreiter für sie heran zu ziehen, blieb ich am Ende doch auf ihr sitzen. ,,Können wir nochmal reden?", wollte sie wissen und stützte sich auf die Theke. ,,Jetzt nicht!", ich schob ihr das bestellte Getränk entgegen, nahm ihr die entsprechenden Marken ab und war dann auch eigentlich fertig damit. Das Caro jedoch exakt dort stehen blieb und weitere Versuche startete mein Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen, ließ mich gänzlich kalt. Weitere Getränke bekam sie von mir auch nicht, sie hatte definitiv schon genug getrunken. Als ich dann gegen halb zwölf von hinter der Theke vor die Theke wanderte und mich gleich mal mit Shots hinüber zu meinen Freunden begab, hatten diese bereits gut vorgelegt. Jonas stand bei ihnen, hielt sich aber recht bedeckt und ließ sein Schnapsfläschchen an die unseren klingen. Das war natürlich erst der Anfang und noch längst nicht das Ende.
,,Kannst du mir nen Gefallen tun und nicht gleich heute die nächste abschleppen?", es war Jonas, der sich zu mir gestellt hatte. ,,Versprechen kann ich es dir nicht!", ich nahm das Glas, dass er mir reichte. Jonas kannte mich lange genug, um sich selbst ein ziemlich sicheres Bild der Lage zu verschaffen. So offizielle wie jetzt, war ich bisher noch nie Single gewesen und wenn das mal nichts hieß...
,,Vielleicht auch mal ein bisschen stärker versuchen?", seufzte er, mein Blick wanderte wieder zu ihm: ,,Es tut mir übrigens verdammt leid..., alles..." Ich nickte leicht, mittlerweile merkte man ihm den Alkohol doch schon ziemlich an. ,,Ach komm, ich weiß nicht was ich an deiner Stelle gemacht hätte!", gestand ich, dies schien ihn dann gleich wieder ein wenig besser zu stimmen. Jonas legte mir einen Arm um die Schulter und ich leerte das Glas: ,,Ich geh noch was holen!", damit brach ich auf zur Theke. Dort angekommen bestellte ich auch gleich mal die nächste Runde, blieb allerdings auch erstmal eine Weile und orderte noch einen Schnaps.
Jemand stieß mich von hinten an und als ich mich umdrehte, grinste mich niemand anderes als Julian an. ,,Was machst du denn hier?", wollte ich wenig gefasst wissen, ein paar seiner Freunde hatte er offensichtlich auch mitgebracht. ,,Schauen was du hier so treibst!", er nahm eines der gerade bestellten Getränke: ,,Hab mir schon gedacht, dass ich dich hier finde!" Mit ihm hatte ich hier beim besten Willen nicht gerechnet, Lucia schien hingegen wenig überrascht zu sein. Grinsend drückte sie uns beiden einen Kuss auf die Wange und legte ihre Arme um Julians Hals. Lucia zeigte sich wenig begeistert, als ich ihr das Glas aus der Hand nahm und es in einem Zug leerte: ,,Dean..."
Ich schüttelte leicht den Kopf, bestellte noch eine Sprite und drückte ihr diese in die Hand: ,,Reicht für heute!" Es war ihr unter der Auflage gestattet worden, hier zu erscheinen, dass ich ein Auge auf sie hatte. Zugegeben hatte ich sie dafür vielleicht bisher ein bisschen selten gesehen, geschweige denn im Auge gehabt.
Ich zog Julian ein wenig beiseite: ,,Und du lässt die Finger von ihr, klar?!" Er nickte schmunzelnd: ,,Ist ja richtig heiß, wenn du den großen Bruder raushängen lässt!". Ich ging nicht wirklich darauf ein. Lucia schlang ihre Arme kurz um meinen Hals und verschwand dann mit ihren Freundinnen irgendwo in der Menge. Ich sah ihr ein wenig kritisch hinterher, Julian lehnte sich grinsend zu mir: ,,Sie sieht schon verdammt gut aus!" Nun erhielt natürlich wieder er nen kritischen Blick: ,,Sie ist 16!", er zuckte leicht mit den Schultern. Schnaufend schnappte ich mir die Getränke und machte mich mit diesen endlich auch hinüber zu meinen Freunden, die mich natürlich schon sehnsüchtig erwarteten. Vielleicht war es echt so ein großer Bruder-Komplex, dass man die kleine Schwestern nicht gern mit einem Kerl sah, aber Julian war doch wirklich ein wenig alt für sie.

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