KAPITEL VIII | Vom Erdboden verschluckt

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Niek wachte durch die Sonne auf, die ihm auf der Haut prickelte. Das Licht fiel hell durch den Rankenvorhang in den Felsspalt hinein. Auf dem Boden war getrocknetes Gras und Farn verstreut und darüber ein Laken ausgelegt worden, sodass man bequem liegen konnte.

Im Schlaf hatte Niek das Ende des Lakens zur Seite getreten und nun kitzelte das Stroh ihm an den Füßen.

Er wollte sich zur Seite drehen, doch Skalli hinderte ihn daran. Sein roter Schopf hatte auf Nieks Brust Platz gefunden und den Arm hatte er über seine Taille gelegt. Der Körper des anderen strahlte Wärme ab, wie ein Lagerfeuer – fast schon zu warm für Nieks Geschmack, doch er dachte nicht im Traum daran, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Die Augenklappe lag neben ihrem Schlafplatz auf dem Boden, Skalli hatte ohne sie geschlafen.

Vorsichtig fuhr Niek dem anderen durch die weichen Haare.

Skalli antwortete auf die zarte Geste mit einem Murren.

„Guten Morgen“, hauchte Niek.

„Morgen“, krächzte der andere.

„Versuch nicht den Tag zu verschlafen, du wolltest noch zu Jorik“, sagte Niek.

Als Antwort bekam dieser Skallis flache Hand ins Gesicht als dieser versuchte ihm den Mund zuzuhalten, jedoch verfehlte. „Du hast echt ein Talent dafür, den Moment zu ruinieren“, grummelte der General und setzte sich ächzend aufrecht hin.

Niek lachte unbekümmert und rieb sich die Nase, die Skalli ihm bei seiner Aktion plattgedrückt hatte. „Ich mache mir nur Sorgen“, verteidigte er sich.

„Du kannst mich mal“, entgegnete Skalli mit einem warmen Lächeln und schenkte ihm einen flüchtigen Kuss.

Niek schmunzelte.

×××

Kjell hatte die Nachtwache an diesem Tag übernommen und wurde früh am Morgen von einer Frau namens Hannah abgelöst. Er kannte sie nicht und wechselte auch kaum ein Wort mit ihr außer seinem üblichen Bericht darüber, dass alles ruhig gewesen war.

Er war todmüde, als er durch das Lager herüber zu seinem Tipi schlürfte, welches er sich mit Anton und Taro teilte.

Der Gedanke, jeden Moment in sein Strohbett fallen zu können und berechtigt den Tag verschlafen zu dürfen, gefiel Kjell. Seine Gliedmaßen fühlten sich an, wie Blei und seine Augenlider fingen sich bereits an gegen seinen Willen zu schließen.

Auf seinem Weg zu der kleinen Hütte, entdeckte er Vanessa an dem unfertigen Zaun nicht weit entfernt stehen, der ihnen in Zukunft für die Viehzucht dienen sollte.

Er wusste nicht genau, was die ehemalige Prinzessin dort am Zaun versuchte zu tun, aber ihr entfloh ein leiser Schrei, als sie sich scheinbar einen Splitter bei ihrem Vorhaben einzog. Die blonde Frau schüttelte wild ihre Hand und pustete gegen ihren Finger, so als könnte sie so die Schmerzen vertreiben.
Es war eindeutig, dass sie Hilfe gebrauchen könnte.

Kjell könnte ihr durchaus helfen, aber er würde lieber nicht. Unwohl blickte er sich in seiner Umgebung um. So früh am Morgen war noch niemand anderes auf den Beinen, er wusste nicht einmal, was Vanessa hier machte.

Aufgrund der Abwesenheit anderer Bewohner, fügte Kjell sich seinem Schicksal und schlürfte herüber zu der Königstochter. Sie hatte ihre Haare in einen wunderschönen, geordneten Flechtzopf gebunden. Kjell konnte sich nicht einmal daran erinnern, wann er seine eigenen, aschbraunen Haare zuletzt gekämmt hatte. Ihre Haare hingegen sahen aus, wie Gold und ihre Augen hatten diese einzigartige braune Farbe, die sich so sehr von ihren hellen Haaren abhob.

Dragontale - Etappe IVWo Geschichten leben. Entdecke jetzt