KAPITEL VII | Das wollte ich dir noch sagen...

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„Niek!“

Niek schlug erschrocken seine Augen auf und stieß sich beinahe seinen Kopf an der niedrigen Höhlendecke. Der Felsspalt, in welchen er sich am Vorabend gezwängt hatte, war nur klein gewesen und nicht zum aufrecht Sitzen geeignet, in der Nacht hatte es jedoch so stark geregnet, dass Niek lieber dort als in den unfertigen Holzbauten geschlafen hatte.  

Verschlafen krabbelte er aus dem Spalt heraus und blickte mit wirren Haaren hinauf zu Skalli, welcher sich mit verschränkten Armen vor dem Eingang seiner Höhle aufgestellt hatte. Der Steinboden war noch nass und es roch nach Regenwasser und feuchtem Gestein.

„Ich verdonnere dich heute zum Privatunterricht“, sprach der General.

„Worin?“, murrte Niek müde und rappelte sich auf die Beine. Kurz glaubte er, sein Kreislauf würde sich verabschieden und die Welt um ihn herum fühlte sich schummrig an, dann beruhigte er sich wieder.

„Im Schwertkampf“, entgegnete Skalli mit einem amüsierten Grinsen.

Niek hatte die Befürchtung, dass er an diesem Tag nicht besonders viel Freude haben würde.

Kurz darauf fand er sich dennoch zusammen mit Skalli auf der abgeholzten Lichtung vor dem Grubeneingang wieder.

Im Ausguck genau über ihnen hockte Jelger, welcher gelegentlich belustigte Blicke zu ihnen herab warf. Niek versuchte seinen vergnügten Gesichtsausdruck zu ignorieren und sich lediglich auf das Schwert in seiner Hand zu konzentrieren. Es war eines der Soldaten, mit goldenem Griff und silbern spiegelnder Klinge – leicht und handlich.

„Weißt du, was das Wichtigste beim Schwertkampf ist?“, fragte Skalli ihn zu Beginn.

Niek blickte hinab auf das Schwert und versuchte sich an all die Kämpfe zu erinnern, die seine Kameraden bereits mit Schwertern ausgefochten hatten. Sie hatten ihr Schwert stets elegant geführt – ohne ihre Arme zu verknoten, was für Niek schon eine enorme Leistung war, aber vermutlich nicht die Antwort war, die der General hören wollte.

Plötzlich traf ihn ein Stiefel genau im Bauchraum und Niek fiel keuchend auf den Boden. Unter seinem Rücken brach ein Stück Baumrinde und feuchtes Moos tränkte den Stoff seines Oberteils. Die Lichtung war voll mit solchen Überresten der abgeholzten Bäume.

Verdattert blickte der junge Mann hinauf zu Skalli.

Dieser Lächelte. „Ein stabiler Stand“, sagte er. „Den du, definitiv nicht hast. Deine Haltung ist grausam, hat man dir schonmal beigebracht, sich aufrecht hinzustellen?“

Niek hob ungläubig eine Augenbraue. „Ich dachte, das wird eine Lerneinheit und keine Schikane.“

Oben aus der Baumkrone konnte man Jelger lachen hören.

Skallis Gesichtszüge wurden sanfter und er streckte Niek lächelnd eine Hand entgegen.

Dieser ergriff sie und wurde zurück auf die Beine gezogen.

„Ich schikaniere nicht, ich wollte dich nur deiner Haltung bewusst machen“, sagte der Rotschopf, wobei er um Niek herumlief, hinter ihm stehen blieb und ihm mit der Spitze seiner Kralle leicht in die Wirbelsäule pikste, sodass dieser sich aufrechter hinstellte.

„Ich bin mir sicher, dass das unter Schikane fällt“, blieb Niek hartnäckig.

Skalli ignorierte ihn gänzlich, stattdessen rief er mit unerwartetem Nachdruck: „Erste Lektion: Stabiler Stand!“

Niek spannte bei dem strengen Ton augenblicklich seine Rückenmuskulatur an.

„Wenn du so stehen bleibst, dann kann man dich leicht aus dem Gleichgewicht bringen, also…“ Skalli trat mit seinem gesunden Bein Nieks Füße weiter nach außen, sodass dieser breitbeiniger dastand. „Beine auseinander“, endete Skalli zufrieden und bewegte sich wieder um Niek herum, bis er vor ihm zum Stehen kam. „So ist es schon besser. Als erstes wirst du den geschlossenen Griff lernen. Dafür hast du beide Hände am Griff, sodass du stärkere Hiebe ausführen kannst.“

Dragontale - Etappe IVWo Geschichten leben. Entdecke jetzt