KAPITEL XII | Sorgenkinder

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„Hey!“, rief Niek verzweifelt über den Tumult.

Er packte Bente am Oberarm und versuchte ihn von Kjell wegzuzerren, doch der Mann stieß ihn wütend zur Seite, als würde es sich bei ihm lediglich um eine lästige Mücke handeln.

„Bente!“, kreischte Anton von der anderen Seite und versuchte dessen Hand aus Kjells Haaren zu lösen.

Dieser trat wütend nach Bente und vergrub seine scharfen Fingernägel in dessen Arm. „Lass los, lass los, lass los!“, leierte er lautstark vor sich hin.

Skalli, der seinen gezähmten Avimimus ganz beiläufig auf dem Lagerboden abgesetzt hatte, kam ebenfalls herbeigeeilt, so gut es eben mit seinem verletzten Bein ging.

„Hey!“, rief auch er lauthals. Seine Stimme hallte von den Grubenwänden wider, doch die beiden streitenden Aufständler ließen sich davon nicht stören.

Kjell kreischte immer lauter. Anton zerrte immer brutaler an Bentes Hand und die Menge wurde von Sekunde zu Sekunde unruhiger.

Der General packte daraufhin den Griff seines Schwert, zog dieses aus der Scheide und hielt es Bente an den Hals.

Die Menge verstummte – plötzliche Totenstille.

Bente warf Skalli einen fassungslosen Seitenblick zu.

„Lass ihn los“, fauchte der General ihn an.

Bente löste augenblicklich den Griff aus Kjells Haaren, woraufhin Anton seinen Freund schnell weiter nach hinten und außer Reichweite des anderen zog.

Skalli ließ sein Schwert wieder sinken und ordnete erzürnt an: „Ihr seid mir eine Erklärung für diesen Mist schuldig! Und wehe sie ist nicht gut.“

„Kjell ist nicht mehr ganz dicht!“, rief Bente daraufhin erzürnt und deutete mit einer aggressiven Handgeste herüber zu dem Genannten.

Der schlaksige Mann blickte verstört. Sein Gesicht war leichenblass und Niek konnte sehen, wie seine Augenlider zuckten, weil sein Blick so dermaßen unfokussiert war und nervös von einer Seite zur anderen huschte.

„Was ist passiert?“, wiederholte Skalli sich mit angespanntem Kiefer.

„Ich habe Kjell nur gesagt, dass ich auf dem Weg zu dem Ort sei, an dem wir Linus gefunden haben. Daraufhin hat er mich gefragt, wo Linus denn sei und als ich ihm gesagt habe, dass er tot ist, hat er mich geschlagen und angefangen zu kratzen“, verteidigte Bente sich empört.

Alle Blicke richteten sich auf Kjell, welcher noch immer stark zitternd an Ort und Stelle stand.

Anton rieb ihm den Rücken und versuchte ihn damit zu beruhigen, doch Kjell zitterte weiterhin wie Espenlaub.

„Was ist los, Kjell?“, fragte Anton vorsichtig.

Plötzlich schien sich ein Schalter in Kjell umzulegen. Er entzog sich Antons Griff und kreischte in Dauerschleife: „Er lügt, er lügt, er lügt!“, während er auf Bente zu rannte und ihm unerwartet und hart gegen die Brust schlug.

Der Größere fing an zu röcheln und spuckte Blut.

„Bente!“ Tatsächlich war es Gina, die als erstes an die Seite des Mannes gerannt kam, dieser winkte jedoch hustend ab.

„Ist okay“, keuchte er.

„Nein, dir geht es nicht gut“, jammerte die Blonde.

Skalli ignorierte Bente vorerst gänzlich und kam stattdessen an Kjells Seite. „Okay“, setzte er im strengen Tonfall an: „Dimer, du gehst erst einmal in deinen Bau. Wir werden später über alles reden.“

Dragontale - Etappe IVWo Geschichten leben. Entdecke jetzt