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Dann ging alles ganz schnell. Mit übermenschlicher Geschwindigkeit packten zwei der Männer unsere Jungs und zogen sie von uns weg. Bis zur letzten Sekunde hatte ich noch gehofft, dass sie Menschen wären, doch als ich ihre verschwimmenden Bewegungen wahrnahm, wusste ich, dass wir verloren hatten, noch bevor der Kampf begann. David und Tucker versuchten verzweifelt, sich zu wehren, hatten aber keine Chance gegen die übernatürlichen Kräfte der Vampire. Die beiden anderen packten mich und zogen mich zu einem Auto in der Nähe.

Ich konnte hören, wie das Blut in meinen Ohren rauschte, alles andere war gedämpft wie durch Watte; Dakotas Schreie, Tucker Rufe nach Hilfe. Mein Körper war wie erstarrt und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Das alles schien wie ein Film vor mir abzulaufen. So als wäre ich gar nicht wirklich dabei, als würde ich nur unbeteiligt zuschauen, wie jemand anderem passierte, was mir gerade passierte.

Einer der Vampire, die mich festhielten, sagte zu meinen Begleitern: „Sagt William, wenn er sie wieder sehen will, dann soll er zu Echnaton kommen. Er weiß, wo er ihn findet."

Ich zitterte vor Angst und war unfähig, mich zu bewegen, noch mich zu wehren, als sie mich in das Auto schubsten und ich dabei mit dem Kopf gegen den Rahmen der Tür stieß.

Ich hörte Dakota noch meinen Namen rufen, dann brauste das Auto mit mir davon.

Tränen liefen über meine Wangen und Blut bahnte sich seinen Weg von meiner Stirn. Der Vampir, der mit mir hinten auf der Rücksitzbank saß, wurde vom Geruch meines Blutes angezogen. Mit seinen Fingern strich er mir über das Gesicht, nahm das Blut auf und leckte es dann begierig von seiner Hand. Seine spitzen Eckzähne waren gewachsen und ragten von oben über seine Unterlippe hinaus.

Völlig panisch schlug ich um mich, doch der Vampir neben mir lachte nur. Der andere, der das Auto steuerte, warf uns einen mürrischen Blick durch den Rückspiegel zu. „Lass das! Sie ist tabu", zischte er nach hinten.

Ich warf einen Blick aus dem Rückfenster und sah meine Freunde auf dem Parkplatz stehen, immer noch gefangen von den Vampiren.

„Keine Angst, ihnen passiert nichts. Wir brauchen sie doch, um William zu holen. Sobald wir außer Reichweite sind, werden sie freigelassen. Ich würde mir an deiner Stelle mehr Sorgen um dich selbst machen. Schaffen sie es nämlich nicht, William zu holen, dann wirst du wohl nicht länger gebraucht." Der Vampir neben mir lachte hämisch und leckte sich mit seiner Zunge über seine spitzen Eckzähne. Seine Augen waren ganz schwarz. Die Farbe der Iris verschmolz mit der Farbe der Pupille zu einem einzigen tiefen Schwarz.

Er konnte höchstens zwanzig sein, nicht älter. Seine Kleidung war schmutzig; ganz voll Erde und Dreck. Sogar sein Gesicht war ganz verdreckt. Seine bronzefarbenen Haare hingen strähnig an seinem Gesicht herunter und die Muskeln um seinen Mund herum zuckten angestrengt. Vampire hielten wohl nicht viel von Körperpflege, konnte man den Eindruck haben.

William war immer Klasse gekleidet. Vielleicht kam das auf ihre Art zu leben an. William wohnte anscheinend in einem schönen, gepflegten Haus. Diese hier schienen aus der Gosse zu kommen.

Meine Zähne klapperten vor Angst und in meinem Magen breitete sich ein Krampf aus. Mit aller Kraft drückte ich mich in den weitest entfernten Winkel der Rücksitzbank, weit weg von dem Vampir, der immer wieder seine Augen gierig über das Blut auf meiner Stirn wandern ließ. Mit zitternden Händen zog ich ein Papiertaschentuch aus meiner Hosentasche und wischte mir das Blut vom Gesicht, in der Hoffnung, dass der Vampir sich dann wieder unter Kontrolle brachte.

Wir rasten viel zu schnell durch Mariposa. Der Vampir, der das Auto steuerte, ignorierte sämtliche Verkehrsregeln und überfuhr auch rote Ampeln. Ich hoffte, dass das einen Streifenwagen auf uns aufmerksam machen würde, aber leider; wenn man einen Polizisten braucht, ist keiner in der Nähe.

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