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Etwas Warmes verteilte sich auf meinem Oberkörper – warm und feucht. Mein Shirt klebte an meiner Brust. Als ich an mir heruntersah, konnte ich den Pfeil der Armbrust in meinem Körper stecken sehen. Die Schmerzen waren kaum ertragbar. Vor meinen Augen verschwamm alles. Ich konnte noch spüren, wie der kalte harte Boden unter mir verschwand, dann sank ich in einen tiefen Schlaf.

Die frische Waldluft wirkte belebend. Nur dumpf spürte ich noch den Schmerz in meiner Brust. Mein Körper schaukelte. Ich versuchte die Augen zu öffnen, aber schaffte es nicht. Langsam kam ich zu mir und mit dem Erwachen kam auch der Schmerz zurück. „Es brennt so sehr", hörte ich mich flüstern. Ich fühlte mich schlapp, wollte sehen was mit mir passiert, hatte aber jede Orientierung verloren. Das Atmen fiel mir schwer, erschien mir fast unmöglich. Mit jedem Heben meiner Brust wurde der Schmerz unerträglicher. Schwer, als läge ich unter einer Decke aus Beton, fühlte sich mein Körper an. Meine Arme hingen schlaff an meinen Seiten herunter. Ich versuchte, sie zur Quelle des Schmerzes hin zu bewegen, schaffte es aber nicht.

„Ich bringe dich ins Krankenhaus. Sei ganz ruhig. Du schaffst das." Williams Stimme war ganz nah bei mir.

Ich drehte meinen Kopf in die Richtung, aus der sie kam. Meine Wange stieß an seine Brust und ich hörte ihn aufgeregt atmen. Vampire atmen, stellte ich verwundert fest. Ich spürte seine Brust, wie sie sich hob und senkte. Seine Arme unter meinem Körper. Er trug mich.

„Bleib wach! Du darfst nicht einschlafen. Hörst du mich, Josie?"

„Es brennt. Überall brennt es." Ich kämpfte gegen die Müdigkeit an, gegen das Gefühl völliger Kraftlosigkeit, doch ich konnte nicht. Nur von weit hörte ich, dass William mir etwas zurief. Dann überließ ich mich dem verlockenden Schlaf, dem Versprechen von Ruhe, Frieden und Schmerzlosigkeit.

Nur langsam drang die Außenwelt zu mir durch. Ich lag warm und weich und aus der Ferne hörte ich William rufen. Ich konnte ihn nicht verstehen. Es ärgerte mich, dass ich nicht wusste, was er von mir wollte. Ich fragte mich, ob ich nur träumte, oder ob ich schon gestorben war.

Es war so friedlich hier, so wunderschön, und William schien in der Nähe zu sein. Wenn ich wirklich sterben musste, dann hier – nahe bei William.

Dieses Hier war dunkel. Ich konnte nichts sehen. Gab es hier kein Licht, oder hatte ich die Augen geschlossen? So gerne hätte ich ihn gesehen, die Augen geöffnet und in sein hünsches Gesicht geblickt. Aber es ging nicht. Es war als hätte ich keine Kontrolle mehr über meinen Körper. Ich war so müde. Wollte nur schlafen, die himmlische Ruhe genießen und dem Tod – dem alles gut machenden, Schmerzen befreienden Tod – entgegen treiben.

Etwas Warmes tropfte auf meine Lippen – warm und klebrig. Ich leckte es mit meiner Zunge ab. Es schmeckte salzig, metallisch, einfach eklig.

„Du musst trinken", hörte ich William aus weiter Ferne rufen. Wie schön seine Stimme doch war. Schön, dass sie hier bei mir war. Hier, wo auch immer das war. „Trink, Josie!"

Wieder spürte ich die warme Flüssigkeit von meinen Lippen in meinen Mund laufen. Ich wollte dieses Zeug nicht trinken. Es schmeckte nicht. Warum sollte ich es jetzt trinken? Es war so schön friedlich hier. Mach, dass es wieder friedlich ist, William.

„Josie, bitte trink. Du musst einfach nur schlucken. Das kannst du."

Schlucken. Ich muss schlucken, sagte ich mir. Ich schluckte. Wenn William so viel daran lag, dass ich dieses Zeug trank, dann würde ich es tun – für ihn tun. Es schmeckte ekelhaft und ich hatte das Gefühl, mich erbrechen zu müssen, aber ich trank. Langsam, Schluck für Schluck ließ ich die warme Flüssigkeit meine Kehle hinunterlaufen.

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