15.

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Benommen lief ich in den Kerker. Der Kuss spukte mir noch immer im Kopf rum. Ich habe mich noch nie so von Emotionen leiten lassen, das war nicht meine Art und dennoch habe ich sie nicht von mir gestoßen. Ich habe den Kuss erwidert. Genau genommen waren es zwei Küsse. Mein erster und zweiter Kuss, beide gingen an sie. Normalerweise hatte ich an solchen Aktivitäten kein Interesse und auch kein Verlangen danach. Zum Glück hat dieser Vorfall unsere Freundschaft nicht zerstört.
Zu meinem Leidwesen war der Gemeinschaftsraum noch immer in Benutzung.

"Sieh einer an. Wenn das nicht der Bücherwurm ist. Geht's dir denn gut?" Die anderen begannen zu grinsen, einige offensichtlich und andere versuchten es zu verstecken. Manche Menschen konnten nichts anderes als nerven und provozieren. "Hey, hörst du mir überhaupt zu? Da macht man sich Sorgen und dann sowas. Scheinbar hast du bei Wahrsagen doch mehr abbekommen als erwartet. Ob er jetzt auch mental krank ist?" Schallendes Gelächter brach aus. Meine Güte nervte er, dabei wollte ich einfach nur noch in mein Bett.
Das ich Flynn noch immer ignorierte schien ihm nicht zu passen. Wütend erhob er sich von dem Sessel in dem er saß. "Bitte, wer nicht hören will muss halt fühlen", zischte er. "Ich hab mit dir eh noch eine Rechnung offen."

Im Augenwinkel sah ich, dass er etwas aus seinem Mantel zog. Das konnte nur ein bestimmter Gegenstand sein.
Gerade noch rechtzeitig bewegte sich mein Körper reflexartig zur Seite. Schon sah ich einen Zauber an meinem Kopf vorbei fliegen. Diese kleine Ratte hatte mich doch tatsächlich angegriffen! Um mich zu verteidigen zog ich ebenfalls meinen Stab. Rechts neben mir bemerkte ich, dass auch Flynn's Anhänger ihre Stäbe gezogen hatten und auf mich zu kamen, um ihren 'Freund' zu unterstützen. Drei gegen Einen, ziemlich unfair. "Wow, du brauchst wirklich Unterstützung gegen mich? Dabei hat mein Kopf doch etwas abbekommen." Demonstrierend tippte ich mir an den Kopf. "HALT DIE KLAPPE! Nur weil dein Vater hier einen auf wichtig macht, heißt das nicht, dass du es auch bist!"

Hab ich irgendwas verpasst? Seit wann wollte ich wichtig sein?? Irgendwie verwechselte diese Bohnenstange etwas. "Das ist meine letzte Warnung. Steck den Stab weg und lass mich endlich in Ruhe."
Sein Mund verzog sich zu einer hässlichen Fratze. "Habt ihr das eben gehört? Das Halbblut droht mir, MIR, einem Reinblut!" Fing das wieder an. "Zu doof das dieser Grindelwald gestorben ist, bevor er Unrat wie euch versklavt hat." Die Hand um meinen Stab verkrampfte sich. Mit dieser Aussage hatte er eindeutig eine Grenze überschritten. "Du redest von Grindelwald? Du hast überhaupt keine Ahnung von ihm." Nun richtete auch ich meinen Stab auf ihn. "Aber weißt du was? Ich kann dir gern ein paar Sachen über ihn beibringen."

So wütend war ich noch nie. Ich ließ mir vieles gefallen, aber das er Halbblüter beleidigte ging definitiv zu weit. Ob Halbblut, Muggelgeborener oder Reinblut, jeder war gleich viel Wert. Wüsste diese Made, dass einer der größten Zauberer, Albus Dumbledore nur ein Halbblut war, würde er höchstwahrscheinlich völlig durchdrehen. Im Endeffekt zählt nur, dass meine Mom tausendfach talentierter war, als er es mit seinem reinblütigen Arsch je sein würde.
Flynn schien in meinem Gesicht lesen zu können, dass ich es diesmal ernst zu meinen schien. "Oh weh, wenn man deinen Blutstatus anspricht reagierst du also? Tche, wie erbärmlich. Naja, etwas anderes war von einem halben Muggel wohl nicht zu erwarten. Wenn ich mit dir fertig bin wirst du winselnd vor mir knien und um Vergebung betteln! Ich kann es kaum erwarten wenn sich unsere Augen dann treffen."

Der nächste Zauber raste auf mich zu. Im Vergleich zu denen von Mom waren sie lachhaft - nicht zu vergleichen. Mit Leichtigkeit wehrte ich den Zauber ab und lenkte ihn so um, dass er die beiden Trottel hinter Flynn traf. Diese schrien augenblicklich auf, als sich hässliche Pusteln auf ihrer Haut bildeten. Mit solchen Mitteln spielte er also.
Mit der Reaktion hatte Flynn nicht gerechnet. Wütend schoss er einen weiteren Zauber auf mich, welchen ich ebenfalls einfach mit der Hand zur Seite wischte. "Nah nah, warum so hektisch? Ich wollte dir doch ganz in Ruhe etwas über Grindelwald beibringen." Meinen Worten folgte ein Fluch. In all der Hektik versuchte mein Gegner einen Schutzschild zu errichten, doch war dieser so schwach, dass mein Angriff ohne weitere Probleme hindurch brach.

Mein Fluch traf ihn genau in die Brust. Mit einem heftigen Ruck wurden seine Füße vom Boden gerissen und er flog quer durch den Gemeinschaftsraum, bis sein Rücken in das Regal neben dem Kamin stieß. Ich war mir nicht ganz sicher, doch ich glaubte, ein Knacken vernommen zu haben. Von dem Schock überwältigt rutschte er zu Boden. "Dann pass jetzt gut  auf und lerne." Wie automatisch bewegte sich mein Arm durch die Luft, die Spitze meines Zauberstabes glühte. Bald darauf richtete ich meinen Stab wenige Zentimeter auf die Stelle neben seinem Kopf. Der Spitze folgte ein violett-blauer Blitz, welcher mit einem lauten Krachen neben seinem Kopf einschlug. Den Zauber habe ich eines Tages zufällig bei meinem Dad gesehen, als er am Strand trainierte. Je nachdem mit wie viel Hass der Zauber gewirkt wird, hätte er jemanden töten können. Natürlich war das nicht meine Absicht und so stark war ich auch noch nicht.

Insgeheim war ich stolz auf mich. Zuvor habe ich den Zauber immer nur beobachtet, doch jetzt habe ich ihn zum ersten Mal selbst gewirkt und er hat auf Anhieb geklappt.
Flynn's Augen waren panisch aufgerissen. Das weiße in seinen Augen leuchtete förmlich. Würde er sie noch etwas weiter öffnen, wäre ich sicher, dass seine Augen aus der Augenhöhle fallen würden.
In wenigen Schritten gelang ich durch den Raum und stand vor ihm, mein Stab genau auf seine Stirn gerichtet. Abfällig sah ich auf ihn runter. "Das ist die einzige Position in der sich unsere Augen je treffen werden", zischte ich ihm entgegen. Gleichgültig steckte ich meinen Stab zurück. "Welch Schande, besiegt von einem Halbblut."

Mein Blick verließ dieses Häufchen Elend vor mir und wanderte zu den beiden mit Furunkeln verzierten Idioten. "Und ihr: solltet ihr ein weiteres Mal euren Stab gegen mich erheben, werde ich nicht mehr so zuvorkommend sein."
Sichtlich schlecht gelaunt lief ich an den Beiden vorbei. Durch den Lärm wurde gewiss der Vertrauensschüler geweckt und ich wollte wirklich nicht noch länger in dem selben Raum wie diese drei bleiben.
In meinem Zimmer angekommen ließ ich mich nur noch auf mein Bett fallen. Was ein Tag. Die Aktion eben würde sicherlich Konsequenzen haben, doch das war es mir wert. Solchen Idioten mussten die Grenzen gesteckt werden. Was Sarah anging... Genaueres würde ich wohl erst morgen sehen.

In all dem Stress hatte ich vergessen, dass am morgigen Tag gewisse Schüler von einer gewissen Schule kommen würden.

When History Is Rewritten: 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt