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Am nächsten Morgen schlich ich so unbemerkt wie nur möglich zum Frühstück. Ich bereute den letzten Abend im Gemeinschaftsraum keineswegs, niemals, doch wusste ich nicht, ob die drei mich verpfiffen hatten. Ich wollte wenigstens in Ruhe Frühstücken, bevor ich mich den Konsequenzen stellte. So viel dürfte doch verständlich sein?
In der Großen Halle angekommen flog mein Blick wie selbstverständlich zu den Plätzen, an welchen Flynn und seine Leute immer saßen. Zu meinem Erstaunen waren die Plätze leer. Morgana ich danke dir für diesen Morgen! Deutlich entspannter nahm ich auf meinem Flecken platz. Das war der erste Morgen ohne diese drei. Die Atmosphäre in der Großen Halle war wie ausgewechselt, zumindest für mich.

Ein kurzer Blick zu dem Tisch der Ravenclaws verriet mir, dass Sarah bereits wach war. Sie schien meinen Blick zu bemerken und unsere Augen trafen sich. Verdammt, was sollte ich jetzt machen? Sarah schien solche Probleme nicht zu haben. Vergnügt lächelte sie und winkte mir zu. Nervös antwortete ich mit einem kurzen Nicken. Gut, für sie schien die Sache gestern auch einmalig gewesen zu sein. Wenigstens eine Erleichterung.
Da meine Gedanken nun etwas zur Ruhe kommen konnten, bekam ich auch endlich das Getuschel um mich herum mit. Alle schienen aufgeregt zu sein. Hatte ich etwas verpasst? Es konnte unmöglich noch um das Spiel von gestern gehen.

Just in diesem Moment tauchte eine Elfe auf. Sie watschelt zum Lehrertisch und nuschelte etwas, von dem keiner der Schüler etwas verstand. In den Gesichtern der Lehrer war zu sehen, dass auch sie die Aufregung gepackt hatte. Der Direktor erhob sich. "Meine lieben Schüler, endlich ist es soweit. Unsere Freunde aus Amerika sind soeben angekommen. Wir haben vorweg eine Sortierung in die vier Häuser vorgenommen, um weiteren Trubel zu vermeiden. Bitte nehmt sie herzlich auf." RICHTIG! Heute war es schon soweit. Hätte ich genauer hingeguckt hätte ich gesehen, dass jedes Haus einen weiteren Tisch bekommen hatte. Manchmal war ich blind wie ein Dementor.
Unmittelbar nach den Worten des Direktors wurde die Tür geöffnet und die Schüler kamen herein. Da sie keine Punkte verdienen würden, durften sie ihre normalen Uniformen behalten.

Sofort war es totenstill. Jeder musterte die Neuankömmlinge. Ihre Uniformen waren ähnlich geschnitten wie unsere. Nach dem betreten der Halle teilten sich vier Gruppen auf und liefen auf die jeweiligen Häuser zu. Beiläufig ließ ich meinen Blick über die Schüler schweifen, die für ihre Besuchszeit bei uns untergebracht wären. Ein Junge zog sofort meine Aufmerksamkeit auf sich. Auf den ersten Blick sah er aus, als sei er in meiner Größe. Sein Haar war pechschwarz und auf seiner linken Wange befand sich ein kleines Schönheitsfleck. Im Gegensatz zu seinen Mitschülern strahlte er eine imposante Ausstrahlung aus. Seine Haltung war aufrecht und schien perfekt, sien Gesicht war durch die Entfernung zu urteilen wirklich hübsch, obwohl er ziemlich gelangweilt schaute. Das Haar hatte ebenfalls eine ähnliche Länge wie meines. Er war hübsch.

Die neuen Schüler nahmen auf ihrer Bank platz. Der ganze Tisch der Slytherin's musterte sie, als wären sie eine Attraktion in einer Ausstellung. Irgendwie taten sie mir leid.
Schnellstmöglich beendete ich mein Frühstück und verließ die Halle. Der ganze Trubel war mir zu viel.
"Hey, Aydan, warte Mal!" Hinter mir her eilte Sarah. "Aufregend, oder? Endlich sind die neuen Schüler da." Tatsächlich tat sie, als sei nie etwas geschehen. "Sag Mal, wo ist denn die Nervensäge? Stimmt es, dass er und seine Kumpanen im Krankenflügel liegen?" Ihre Schadenfreude war nicht zu überhören. "Gut möglich. Die sahen recht mitgenommen aus, schätze ich." Damit hatte ich ihre Neugier geweckt. "Sag bloß du hast damit was zu tun?"

Hatte ich das? Nein. Ich habe mich lediglich zur Wehr gesetzt, aber das konnte ich so nicht sagen. "Hab vielleicht dran gedacht." Wieder funkelten ihre Augen in absoluter Begeisterung. "Ich liebe dich, weißt du das?", lachte sie. Merlin, sowas äußerte man besser nicht, schon gar nicht, nachdem man sich am Tag davor geküsst hatte. "Denkst du die Neuen werden sich im Unterricht integrieren können?" Irgendwie musste ich das Thema wechseln, also nahm ich das kleinere Übel von beidem. "Nun, gewiss. Klar, sie verdienen keine Hauspunkte, aber Noten bekommen sie hier dennoch. Ich bin so gespannt wie sie sein werden. Ob die Schüler nach ihren Eigenschaften in die Häuser eingeteilt wurden?" Wohl kaum. Höchstwahrscheinlich war es einfach Zufall.

"Wir sehen uns dann, vorausgesetzt ich überlebe Zaubertränke." Stimmt ja, wir hatten getrennt Unterricht. Während sie Zaubertränke hatte, hatte ich Verwandlung bei McGonagall. Sie war streng und an sich eine gute Lehrerin, aber ihr Unterricht stammte zu 100 Prozent aus dem Lehrbuch.
Nachdem ich ausgepackt hatte, füllte sich der Raum. Viele wollten, dass sich die Neuen neben sie setzten. Was ein unnötiger Stress. "Was ein Theater." Überrascht drehte ich mich um. Hatte ich das eben etwa laut gesagt? Nein, scheinbar nicht. Mit einem bedienten Gesichtsausdruck sah ich der hübsche Junge von vorhin im Raum um. Es dauerte nicht lange bis er meinen Blick bemerkte. "Ist neben dir noch frei?" Sein Akzent war stark. "Pardon, meinst du mich?" Ich hatte damit gerechnet, dass die anderen die Neuen schon vor mir gewarnt hatten. "Sitzt neben dir denn noch jemand den ich meinen könnte?"

...Schlagfertig war er. "Setz dich ruhig." Gesagt getan. Als er sich setzte, kam mir ein angenehmer Duft von Pfefferminz und etwas anderem entgegen. Vom Nahen betrachtet war er noch hübscher. Sein Gesicht war makellos und in den richtigen Proportionen, aber das konnte man auch über den Rest seiner Erscheinung sagen. Inzwischen hatten auch alle anderen ihre Plätze gefunden. Viele waren schon fleißig am reden. Faszinierend wie schnell manche Menschen Anschluss finden konnten. Ich hatte nur Sarah und auch da ist sie auf mich zu gekommen und nicht umgekehrt.
McGonagall betrat den Raum. In ihrer Hand befand sich eine Liste. "Guten Tag. Aufgrund der Umstände werde ich nun die Namen der neuen Schüler vorlesen. Sobald Sie ihren Namen hören, geben Sie mir bitte ein kurzes Zeichen."

Wie angekündigt begann sie die Namen vorzulesen. Ganz zum Schluss wurde der Junge neben mir aufgerufen. Bis dahin waren es überwiegend Jungen, oftmals Geschwister. Vereinzelt waren Mädchen in unserer Gruppe.

"Jace Percival Graves?"

"Anwesend."

Das war der Junge neben mir.

When History Is Rewritten: 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt