8.

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Der nächste Tag verlief recht ereignislos, zumindest der Vormittag. Ich verließ so ziemlich als erster die Halle. Großen Hunger hatte ich nicht, schon gar nicht, wenn ich an das erste Training heute Abend dachte. Vorfreude machte sich in mir breit und alles kribbelte nur bei dem Gedanken daran.
Ich war auf dem Weg zur Bibliothek. Aufgrund eines bestimmten Vorfalls, hatte ich jetzt nämlich eine Freistunde. Wie könnte man die besser nutzen, als mit lesen?
Zielstrebig bog ich um die nächste Ecke und stieß beinahe mit jemandem zusammen. Gerade noch rechtzeitig kam ich zum stehen, um schlimmeres zu verhindern. "Kannst du nicht...Du...!"
Ein Schauer durchlief mich. Die Stimme kannte ich! Mein Kopf schnellte nach oben.

Vor mir stand der blöde Griesgram aus der Kneipe von letztens. "Was wollen Sie denn hier?!" Automatisch trat ich ein paar Schritte zurück. Bei dem wusste man schließlich nie. Der feste Griff um meinen Kragen und mein Handgelenk, war mir noch allzu gut in Erinnerung. "War ja klar das ich ausgerechnet auf dich Bengel treffen musste." Miese Laune war bei dem wohl ein Dauerzustand. "Na, auf dem Weg irgendwelche schwarzmagischen Rituale durchzuführen?", spottete er. Mit der Aussage war mir alles klar. Er kannte meinen Vater! Die Nummer konnte er vielleicht ein Mal mit mir abziehen, aber sicherlich kein zweites Mal. "So ein Mist, da haben Sie mich wohl erwischt. Da mein Versuchsobjekt weggelaufen ist, könnte ich doch Sie fragen? Sie scheinen ja bestens damit vertraut zu sein."

Seine Hand zuckte sofort zu seinem Stab. "Du miese Ratte, ich wusste es. Wie der Herre so's Gescherre! Du bist genau wie dein Monster von Vater." In seiner Stimme lag so viel Hass, wie ich es noch nie gehört habe. Doch da war noch etwas anderes, es klang wie Schmerz und Reue.
"Wenigstens ist aus meinem Monster-Vater mehr geworden als ein griesgrimmiger Kneipenwirt." Das Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Nun riss auch das letzte bisschen Geduld was der Mann vor mir hatte. Sein Stab war gerade daran aus seiner Halterung gehoben zu werden, als er durch die Luft zu jemand anderen flog. "Ist das die feine englische Art mit einem Kind umzugehen?" Verdammt, das war Mom. Ein einziger Blick verriet mir, dass Minerva McGonagall, eine junge Kollegin, neben ihm stand.

Ihr Blick war mindestens so schlecht gelaunt wie der des Miesepeters vor mir. Sie konnte einem wirklich Angst machen. "Ich hab heute wohl einen Glückstag. Erst der Bengel und dann der große Albus Dumbledore, Held der Zaubererwelt", flötete dieser weiter. In seiner Stimme klang nur Spott mit. Spott und Hass. "Wolltest du eben wirklich nach einem Kind deinen Stab ziehen? Das ist selbst unter deiner Würde." Moms Blick wendete sich zu mir. "Und du junger Mann, deine Wortwahl lässt auch zu wünschen übrig." Prima, er hatte das reizende Gespräch mitbekommen. Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern. "Er hat angefangen."
McGonagall betrachtete den anderen Mann noch immer wie eine fette Made in ihrem Kürbiskuchen.

"Minerva, würdest du uns allein lassen?" Freundlich wie immer war Mom ihr einen Blick zu. Sie schien die Situation kurz abzuschätzen und nickte dann. Ohne ein weiteres Wort lief sie an uns vorbei, warf diesem Kneipenbesitzer noch einen bösen Blick zu und verschwand. Diese Reaktion machte sie bei mir gleich viel sympathischer. Den selben Feind zu haben, machte einen quasi zu Freunden, oder?
"Was willst du hier, Albus? Wieder den Helden spielen?", knurrte der Mann, als er sich von Mom seinen Stab schnappte und ihn zurück steckte. "Ich arbeite hier, falls du das vergessen hast." Schnaubend fummelte der Andere an seinem Hemdkragen. Irgendwie verspürte ich den Drang, ihn an diesem zu packen und über das Geländer zu werfen. Wäre witzig. Blöd nur, dass Mom sowas nie zulassen würde.

"Ist das Balg da deines?" Sein Kopf nickte in meine Richtung. "Das Balg hat auch einen Namen", zischte ich. "Aber das haben Sie scheinbar vergessen. Ist nicht schlimm, ich hab gehört im Alter soll sowas vorkommen, besonders dann, wenn das Hirn nicht oft gefördert wird." Sofort war er wieder auf 180. Der Punkt ging eindeutig an mich. "Aydan, musste das sein?" Ja, definitiv. Ich würde nicht erneut vor dem kuschen. "Und du Aberforth, begrüßt du so deinen Neffen?"
NEFFEN?! "Wie bitte? Das soll mein Onkel sein?!" Genervt rieb Mom sich die Schläfen. "Bevor ganz Hogwarts von unserem Gespräch mitbekommt, sollten wir vielleicht in mein Büro?" Gute Idee. Mir würde gerade noch fehlen, dass meine Mitschüler hiervon Wind bekämen.

Wenige Minuten später befanden wir drei uns also in dem altbekannten Büro. Mom und ich saßen auf dem Sofa, während der Möchtegern 'Onkel' auf dem Sessel Platz nahm. Ich hätte ihm wenn überhaupt nur einen alten, unbequemen Stuhl angeboten.
Immer wieder warfen wir uns Blicke zu, die töten könnten. "Du hast also ein mini-Monster in die Welt gesetzt. Will ich wissen wie du das angestellt hast?" Ich wollte schon den Mund öffnen um auf seine billige Bemerkung zu antworten, als die Person neben mir beruhigend seine Hand auf meine legte. "Ich würde es wirklich gutheißen, wenn du meinen Sohn mit seinem Namen ansprechen würdest. Das gehört sich so und ich denke, ein bisschen Anstand ist auch in dir noch übrig." Beleidigt verzog er sein Gesicht. "Warum hast du mir nichts davon gesagt?" Mit 'davon' meinte er mich. "Warum? Reicht deine jetzige Reaktion nicht aus, um dir die Frage selbst zu beantworten?"

Zwei paar Augen lagen für einen Moment auf mir. "Außerdem wusste ich nicht wie ich es dir am besten sage. Du wolltest weder mich noch sonst jemanden sehen und das kann ich gut verstehen. Hätte ich dir von Aydan erzählt...ich bezweifle das du es gut aufgenommen hättest."
Hätte er gewiss nicht. Ihm schien es egal zu sein, dass ich offenbar zu seiner Familie gehörte. Das beruhte zum Glück auf Gegenseitigkeit. "Er sieht genauso aus wie dieses Arschloch." Mit 'Arschloch' war in diesem Fall wohl mein Vater gemeint. Mom schien die Bezeichnung auch nicht sonderlich gut zu gefallen. "Richtig, immerhin ist dieses 'Arschloch' sein Vater." Wieder lagen Aberforth's Augen auf mir. "Wäre er ein Mädchen, würde er aussehen wie sie", flüsterte er. Sie? Wen meinte er?

Ein schwaches Lächeln legte sich auf die Lippen meiner Mutter. "Bitte versuch demnächst einfach etwas netter zu ihm zu sein, auch wenn er aussieht wie Gellert. Aydan ist nicht sein Vater und auch nicht ich. Er ist sein eigener Mensch. Ich hoffe, dass auch du dies eines Tages sehen kannst." Bis jetzt sah mein 'Onkel' alles andere als begeistert von der Idee aus. Sehen würde heißen, dass er mich kennenlernen müsste und das wiederum heißt, dass er Zeit mit mir verbringen müsste. Im Moment hatten wir da beide keine Lust drauf. "Was machst du eigentlich hier? Ich habe dich ewig nicht gesehen."
Um Zeit zu schinden nahm Aberforth einen Schluck Tee. "Hatte ein Gespräch mit dem Direktor. Irgendwelche Lieferungen und sowas." Verstehend nickte Mutter.
"Aydan, Liebling, ich denke, deine Stunde fängt bald an. Geh dich doch etwas vorbereiten, ja?" Mir wurde sein sanftestes Lächeln geschenkt.
Man hätte auch einfach 'bitte geh, wir haben etwas Privates zu besprechen' sagen können, aber für jemanden wie Mutter wäre das zu leicht.

Nach kurzem Zögern erhob ich mich dann doch. "Wir sehen uns später", sagte ich nur noch an Mom gewandt, nahm meine Tasche und verließ das Büro. Onkel... Mom hatte also einen Bruder. Interessant zu wissen.

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Hey Leute, nicht das ihr euch wundert...ich kann in letzter Zeit zwar die Kommentare von euch lesen, aber selbst nicht antworten. Ankündigungen funktionieren irgendwie auch nicht. Ich hoffe das Problem gibt sich bald.

When History Is Rewritten: 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt