7. Als ich nicht erkannte

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Ich weiß noch, dass ich überrascht war, etwas zu träumen. Ich dachte, jenseits meiner Welt gäbe es keinen SternenClan, ich dachte, jenseits meiner Welt gab es keinen SternenClan, der uns beschützte. Und als ich sah, dass es sie doch gab, die Sterne, als ich sie sah, hatte ich wieder Hoffnung. Sie würden uns beschützen.

Nur wovor? Wovor konnte uns der SternenClan schon beschützen?

»Waldherz. Es freut mich, dich wohlbehalten zu sehen.«

Ich sah auf. Im ersten Moment erkannte ich den Kater vor mir nicht, dann wich ich einen Schritt zurück. Bärenjäger war eine dieser Katzen, die so groß und so kräftig sind und so stark, dass man ihnen förmlich ansieht, wie mächtig sie einst gewesen sein müssen. Du hattest ihn gekannt, nicht wahr? Ich habe ihn bewundert, schon als Junges. Hast du mir deshalb nie davon erzählt, was geschehen war? Weil du es nicht über das Herz brachtest, mir die Wahrheit zu sagen?

»Sind wir richtig? Oder müssen wir ganz woanders hin?«, fragte ich, leicht beunruhigt. »Bist du gekommen, um uns zu sagen, dass wir auf die ganz andere Seite der Berge gehen müssen?«

Bärenjäger lächelte nur. »Nein, Waldherz, nein. Ihr seid richtig. Nur du bist auf dem falschen Weg.«

Ich zuckte zurück. »Ich hätte im Lager bleiben sollen?«, hauchte ich.

»Waldherz, denk einmal nach.« Der Krieger lachte leise. »›Misstraue denen, denen du vertraut hast. Welten werden sich ändern, doch Worte bleiben gleich‹«, sagte er und neigte den Kopf. »Pass auf dich auf, Waldherz. Und lass dich nicht von der Vergangenheit leiten.« Er begann, im Mondlicht zu schimmern. »Der SternenClan ruft mich zurück«, murmelte er mit Blick in den Himmel.

»Er ruft dich zurück? Aber-«

»Misstraue denen, denen du vertraut hast«, wiederholte Bärenjäger, sah mir in die Augen. Ich versuchte, nicht zu erzittern. »Ich sollte nicht hier sein«, sagte er knapp, machte einen Schritt auf mich zu, auch wenn es ihn offensichtlich Kraft kostete, gegen den Willen des restlichen SternenClans in meinen Träumen zu sein. »Du - du bist nicht auf dem richtigen - Weg...«

»Was ist mit Eichenpfote?«

»Hab keine-« Und er löste sich auf und verschwand. Sofort sprang ich auf die Stelle, auf der er soeben noch gestanden hatte, sah in den Himmel - ein neuer Stern funkelte auf. Er war also wieder zurück, im SternenClan.

»Warte! Was soll ich ... nicht...«

Als ich die Augen aufschlug, war es noch dunkel. Frustriert rappelte ich mich auf, blickte in die Sterne. »Warum durftest du nicht mit mir sprechen, Bärenjäger?«

»Er war ein großer Krieger.« Nachtseele riss mich vollkommen aus der Fassung. Sie war wach? Aber wieso? Was? »Du hast Glück, dass er auf dich aufpasst. Er war immer gerecht zu der Welt, auch wenn es gegen ihn selbst sprach.« Sie zuckte mit den Schnurrhaaren. »Ich mochte ihn. Er war interessant.«

»Du kanntest Bärenjäger?«

»Nicht so laut. Wir wollen doch die anderen nicht wecken.« Sie winkte mich heran und tippte auf den Platz neben sich, wartete geduldig, bis ich mich gesetzt hatte. »Jeder kannte ihn. Er war der gerechteste Krieger, der beste Kämpfer, der klügste Denker, den der Wald je gesehen hat.«

Ich neigte den Kopf. »Wieso wurde er nicht Anführer?«

Sie schnurrte leise. »Das habe ich ihn auch gefragt.«

»Und? Was meinte er?«

Einen Moment schwieg sie, ihr Blick glitt in die Ferne, als würde sie nachdenken, in Erinnerungen versunken musterte sie den Sternenhimmel. »Er meinte...« Sie neigte den Kopf, lachte leise auf, bei dieser Erinnerung, »er meinte, das wäre nicht seine Berufung. Seine Aufgabe sei es, für Gerechtigkeit zu sorgen, nicht, Katzen anzuführen. Er überließ seinen Posten jemand anderem.«

»Schwanenglanz«, sagte ich und nickte. Das hatte ich schon gehört.

»Schwanenglanz war anders. Anders, aber auch sie wäre ein fantastische Anführerin geworden. Ich glaube, ich habe noch nie eine loyalere, tapferere MondClan-Kriegerin gesehen als sie.«

»Sie hat mir die Prophezeiung von der Reise gegeben«, sagte ich leise und fühlte mich ein wenig seltsam, weil so viele bewunderte Krieger Interesse an mir hatten.

»Du hast eine Entscheidung vor dir«, sagte sie und sah mir in die Augen. »Eine wichtige Entscheidung. Eine Entscheidung, die Leben verändern wird; nicht nur dein eigenes.« Aber Nachtseele lächelte nur mild. »Keine Sorge, du schaffst das. Wenn du nur genau genug hinsiehst, wirst du sehen, was die Sterne dir zeigen wollen.«

Aber ich sollte misstrauen, wem ich vertraut habe. In diesem Moment fiel mein Blick auf dich, Gerstenfeder.

In diesem Moment sah ich. Zum ersten mal - nur ganz verschwommen. Aber ich sah.

Und ich fragte mich, zum ersten mal, wer du warst.

WarriorCats - Als ich glaubteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt