19. Wieso wir dich brauchen

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»Ich habe ihm seine Schwester genommen.« Deine Stimme, ein Hauchen an meinem Ohr, als du zurückwichst. »Ich habe sie getötet.«

»Warte!« Eichenpfote kam stolpernd vor uns zum Stehen. Er keuchte, schnappte nach Luft. »Gerstenfeder, ich wollte dir nur sagen...«, er holte tief Luft, »dass ich dich mag.«

Schweigen. Ich weiß nicht mehr, wie du damals aussahst. Ich war zu überrascht, zu entsetzt, zu aufgewühlt, um irgendetwas zu verstehen.

»Ich mag dich. Du bist ein toller Heiler. Du hast mir immer geholfen, wenn ich Hilfe brauchte. Du hast mich auch einmal von einem Baum gerettet, als ich nicht mehr herunterkam, und du hast niemandem etwas davon erzählt.« Der Kleine zuckte mit den Ohren. »Okay, du hast meine Schwester ... und du hättest mich beinahe erschlagen lassen. Zweimal.« Er sah zu dir hoch und blickte dir in die Augen. »Aber du hattest Angst. Ich verstehe, dass du Angst hast. Jeder hat das. Es ist nicht deine Schuld, dass die Lawine damals geschehen ist. Du hättest es vorbeugen können, aber du wusstest nicht, dass das geschehen würde. Du warst feige, vielleicht, ja, aber du warst auch vorsichtig.« Der Schüler straffte sich. »Was geschehen ist, lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Es liegt nur in unserer Macht, das, was noch geschehen wird, zu lenken. Wir können Dinge verhindern, die noch geschehen werden.« Sein Blick wanderte zum Abgrund. »Mach nicht die gleiche Dummheit zweimal. Bring nicht noch einmal eine Katze in Gefahr, ohne dass es sein muss.«

Einen Moment schwiegen wir. Dann sahst du den Kleinen an, sahst in seine sanften, grünen Augen, in diese jungen, grünen Augen. »Eichenpfote...«, mehr konntest du nicht sagen. Deine Stimme zitterte.

»Ich verzeihe dir, Gerstenfeder. Egal, was der SternenClan sagt. Das sind nur tote Katzen. Wir sind die, auf die es ankommt. Wir sind wichtiger als sie. Wir haben etwas, auf das wir aufpassen müssen, etwas, das es nur einmal für uns gibt, und wir müssen es behüten.« Er lächelte mild. »Du musst auf dein Leben acht geben, Gerstenfeder. Auch jetzt. Auch bei dem, was passiert ist. Du bedeutest vielen etwas, Gerstenfeder, vielen Katzen. Nicht nur mir und Waldherz - auch Nachtseele und den Katzen aus unserem Clan. Nicht nur Waldherz braucht dich. Wir brauchen dich.« Dann wurde sein Blick trüb. »Auch wenn ich wünschte, du hättest mir früher davon erzählt.«

Eine zweite Katze trat aus dem Wald heraus. Und du zucktest zusammen.

»Haseljunges?« Einen Moment lang glaubte ich, du würdest umdrehen und über die Klippe springen. Aber du starrtest nur die kleine Sternenkätzin an, stumm.

»Wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Ich hatte lange Zeit keine Prophezeiung mehr für dich.« Sie sah auf den Boden. »Aber ich wünschte, ich würde dir noch ein paar davon geben können, in Zukunft.« Sie sah auf und lächelte schief. »Du bist eine besondere Katze«, sagte sie leise.

»Ich habe dich umgebracht.«

»Nicht mit Absicht«, widersprach sie und hob die Stimme wieder. Ihre Augen funkelten. »Ich bin kein Junges mehr, Gerstenfeder. Ich bin auch keine Schülerin mehr, ich werde es niemals sein können, und gleichzeitig bin ich keine Sternenkriegerin, dafür war ich zu jung. Ich bin ich geworden. Genau das, was ich werden sollte. Ich kenne dieses Leben besser als das auf deiner Welt, und ich weiß, auch wenn du es warst, der mir diese Chance nahm, jemand anders zu sein - ich bin ich und das ist gut so. Es ist auch schrecklich, ja, aber es lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Es ist geschehen. Und ich habe es akzeptiert.« Sie neigte den Kopf. »Du musst es auch akzeptieren, Gerstenfeder. Ich verzeihe dir, was geschehen ist.«

WarriorCats - Als ich glaubteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt