12. Als ich meinte zu verstehen

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Erinnerst du dich noch an die Sterne in dieser Nacht? Sie sahen stumm auf uns herab, als würden sie auf uns aufpassen, still und leise, aber taten sie das noch? Sahen sie auf uns hinunter oder sahen sie auf uns herab? Waren sie vielleicht keine Kriegerahnen, waren es vielleicht keine Sterne, waren sie vielleicht nicht mehr als weit entfernte Sonnen und Monde, die zwischen all den Schatten leise funkelten, ohne etwas zu sagen?

Seit ich ein Junges war, wusste ich, was sie waren - glaubte ich zu wissen, was sie waren. Seit ich ein Junges war, vertraute ich ihnen, diesen Sternen dort über uns. Aber was, wenn ich das nie hätte tun sollen? Was, wenn...?

Denn in dieser Nacht geschah etwas wichtiges. Etwas, das ich nie gedacht hätte. Zwischen all den Sonnen und Monden, zwischen all den Schatten und all dem Licht - hörte ich auf, die Sterne zu sehen.

Mit den ersten Sonnenstrahlen endete auch die Stille. »Gerstenfeder! Waldherz!« Nachtseeles Stimme riss mich aus dem Halbschlaf. Im ersten Moment verstand ich nicht ganz, was geschah, dann sprang ich auf, spitzte die Ohren. Hatte ich mir diese Stimme nur eingebildet? »Gerstenfeder! Waldherz!« Nein, sie war wirklich da gewesen. »Gerstenfeder? Waldherz!«

»Hier! Wir sind hier!« Ich wollte den Baum herauf klettern, aber du hieltest mich zurück. Deine Augen waren leer, leer und doch so voll von Trauer, dass kein Wort gesprochen werden musste, um Worte zu sagen.

»Wir sind hier«, meintest du laut und bist einen Ast höher geklettert, um aus der Ferne gesehen werden zu können; Der untere Teil des Bäumchens war zu weit von Felsen umgeben, um viel schauen zu können. »Bei dem Baum!«

»Gerstenfeder!« Das war Eichenpfotes Stimme. Er lebte noch! Es ging ihm gut! Erleichtert sank ich zusammen. Wir alle hatten die Steinlawine überlebt. »Sie sind dort! Siehst du ihn? Da ist Gerstenfeder!«

»Wir brauchen eure Hilfe, Waldherz ist verletzt.« Deine Stimme hallte über das Steinfeld, dass du nicht laut sprechen musstest, um verstanden zu werden. Der Wind hatte aufgehört zu wehen, Nebel waberte über den Bergen. Oder waren es Wolken? Ich wusste es nicht. »Wenn er über die Steine springt, musst jemand ihn auffangen.«

Ich richtete mich auf, aber mein gesamter Körper schmerzte noch, ich setzte mich wieder, zuckte mit den Ohren.

»Warte, ich komme zu euch!« Nachtseele fauchte noch etwas leise in eine andere Richtung, dann konnte ich ihre Sprünge hören, in denen sie flink über die Felsen glitt.

»Waldherz?« Du wichst meinem Blick aus. »Du musst hier hoch, auf den Felsen. Schaffst du das?«

Ich schluckte und biss die Zähne zusammen. »Muss ich wohl«, sagte ich, krallte mich an dem kalten Gestein fest und zog mich mit letzter Kraft herauf. Und auch wenn dieser Stein nur eine Schwanzlänge hoch war, kostete es mich fast all meine Kraft.

»Waldherz, hier bin ich.« Nachtseele schnippte mit dem Schwanz. »Genau. Es sind nur ein paar Sprünge. Du schaffst das. Waldherz? Schau mich an. Du schaffst das. Es ist nicht weit. Eichenpfote sucht nach Kräutern. Wenn du bei mir bist, kannst du dich ausruhen.«

»Es ist schon okay.« Ich seufzte. »Ich will nur so schnell wie möglich von hier weg.«

»Du musst einfach nur springen.« Du warst herangetreten. »Ich passe von hinten auf. Schau nicht nach unten.«

Ich schaute nach unten und augenblicklich wurde mir schlecht - der Baum schien wirklich auf einer Anhöhe gewachsen zu sein, denn offenbar war das Ende des Felsens der Weg in den Abgrund.

»Du fällst nicht. Bestimmt nicht. Schau einfach geradeaus und spring.« Nachtseele lächelte mich an. In diesem Moment fiel mir auf, wie anders sie war, als ich immer gedacht hatte - wie anders sie sein konnte. In diesem Moment verstand ich, was du gemeint hattest, als du sagtest, sie wäre eigentlich freundlich. In diesem Moment lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.

»Ich ... springe dann.« Ich atmete tief ein, spannte die Muskeln an, zielte und sprang so weit, wie ich es nur - der Abgrund unter mir - ich würde fallen - sterben - ich würde auf-

»Hab dich« Nachtseele packte mich am Nackenfell und zog mich zu sich heran. Neben mir landetest du, in einem schnellen Sprung über die Tiefen hinweg. »Die anderen Felsen sind näher aneinander. Weit ist es nicht mehr.« Sie lächelte mich an. »Du schaffst das. Komm, noch drei Sprünge und wir sind in Sicherheit.«

WarriorCats - Als ich glaubteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt