Who is that stranger guy?

frei

„Lilly hat Gefühle für mich?!", fragte ich fassungslos nach. Er nickte leicht. Ich strich mir übers Gesicht. Hatte ich das Rätsel um das verschwinden gelöst? Ist es das, was sie mir nicht sagen konnte? Aber deswegen ist sie ja kein anderer Mensch. „Denkst du sie ist deswegen verschwunden?", fragte ich. Jonas zuckte mit den Schultern, schüttelte aber dann seinen Kopf. „Nein, die Gefühle hat sie ja nicht erst seit einer Woche."

„Obviously, aber vielleicht wusste das die Fremde und als ich Lilly drauf ansprach, hatte sie Angst auszupacken." Erneut schüttelte Jonas den Kopf.
„So wenig Selbstwert hat sie nicht, um deswegen zu verschwinden." Ich nickte. „Ja, stimmt auch wieder." Ich legte meinen Kopf in meine Hände. Eigentlich wollten wir wegfahren, damit ich auf andere Gedanken komme aber schon wieder ergriff uns dieses Thema. Solange ich nicht weiß, wo sie ist und was mit ihr ist, werde ich vermutlich auch keinen kühlen Kopf bekommen.

„Wollen wir zurück?", fragte Jonas leise. „Tut mir leid, dass ich wieder so mies drauf bin." Er zog mich zu sich und gab mir einen Kuss auf meinen Hinterkopf. „Du brauchst dich dafür nicht entschuldigen, ich kann's doch verstehen." Ich schmunzelte. Seine Worte munterten mich echt auf.

Als wir die Nacht bei mir Zuhause wieder ankamen, legte sich Jonas sofort hin. Schließlich war er auch der Fahrer. Ich machte es mir im Wohnzimmer bequem. Ich holte mir ein Glas Wein und setzte mich vor die kleine Kommode, wo mein Fernseher drauf stand. Ich holte wieder das Fotoalbum raus und setzte mich damit auf die Couch. Es steckten so schöne Erinnerungen drin, lustige aber auch traurige.

Ich blätterte die Seiten durch. Auf dem ersten Bild, waren sogar Jonas, Lilly und ich drauf. Ich schmunzelte. An diesem Abend, als das Foto entstand, war ich zum ersten Mal richtig drunk. Später wollte ich sogar noch in eine Bücherei einbrechen, weil ich dachte, ich wohne dort. Ich blätterte weiter. Auf einem Bild, waren nur Lilly und mein Arm zu sehen. Wir trugen beide das gleiche Armband. Wir hatten beide einen Teddybär als Anhänger. Dieser sollte uns verbinden. Ich erschrak. Ich schaute auf meinen Arm und stellte fest, dass ich es immer noch trug. In all den Jahren hatte ich komplett vergessen, dass es das Freundschaftskettchen von mir und Lilly ist.

„Ist alles okay?", fragte Jonas. Müde stand er im Türrahmen und blickte mich an. „Du trinkst jetzt aber nicht aus Frust?" Ich schüttelte den Kopf. Er setzte sich zu mir und blickte aufs Album. „Da bin ja ich... Gott, sah ich scheiße aus.", lachte er. „Schau mich doch mal an, ich hatte auch voll den Glow Up." Er schaute mich an und lächelte. „Du warst schon damals schön." Kurz darauf küsste er mich. Ich musste schmunzeln. Kurz darauf blätterte ich weiter, bis plötzlich ein Bild von mir und meinen verstorbenen Freund Shawn kam. Ich schluckte kurz. Schlug dann aber die Seite um.

„Lass deine Trauer zu.", flüsterte Jonas. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich möchte endlich damit abschließen." Ich schlug die Seite mit Mik und Kostas auf. Es waren zum Teil alte Bilder. Bilder vom CSD 2019 oder die Halloween Party 2018, wo ich die beiden kennenlernte. Viele lustige und schöne Erinnerungen. „Du kannst wirklich echt froh sein, die zwei zu haben." Ich nickte. „Glaube mir, dass bin ich, mehr als das.", sagte ich und nickte dabei. „Ohne die zwei hätte ich den ganzen Umzug nicht gepackt."

Auf den anderen Bildern waren Mara, Ivanka aber auch meine Familie zu sehen. Schöne Erinnerungen. Plötzlich war Shawn wieder zu sehen. Ich lies die Seite auf und fing an zu erzählen. Ich konnte mich bei Jonas öffnen. Ich vertraute ihm und fühlte mich nach Shawn, lange nicht mehr so wohl. Ich atmete tief ein und aus. „Es war 2019, er und ich hatten Streit, wir hatten noch nie so einen krassen Streit wie an dem Tag. Ich wollte ihn nicht mehr sehen, und schmiss seine Tasche mit Sachen vor seine Füße, ich schmiss ihn raus." Ich stockte kurz. Versuchte mir meine Tränen zu verdrücken. Jonas nahm meine Hand. „Du schaffst das.", flüsterte er.

„Er verließ die Wohnung. Ich wollte und konnte ihn einfach nicht mehr sehen, noch nie war ich so sauer auf jemanden. Ein paar Stunden später, bekam ich Besuch. Shawn liegt im Krankenhaus, er wurde überfahren. Bis heute weiß man nicht wer es war. Als ich im Krankenhaus ankam, war er tot. Ich werde es mir nie verzeihen können." Kurz darauf, fing ich an zu weinen. „Hätte ich ihn nicht rausgeschmissen, wäre das nicht passiert." Jonas schloß mich sofort in seine Arme und streichelte meinen Rücken.

„Lass es raus, es ist alles okay. Ich bin da." Noch nie hatte ich jemandem die ganze Geschichte erzählt. Wie ich fühlte, dass ich Schuldgefühle hatte. Nicht mal Kostas hatte ich es erzählt. Obwohl er mein bester Freund ist. Ich konnte nicht mehr. Ich musste mit Jonas darüber sprechen. Er gibt mir den halt, den ich die ganze Zeit brauchte.
„Ich möchte nicht nochmal jemanden verlieren, der mir so wichtig ist, ich hoffe wir finden Lilly. Ich hoffe ihr geht es gut.", flüsterte ich. „Werden wir Nico, werden wir."